Der Begriff Downshifting (auch Downsizing oder Downgrading) wird im Arbeitsumfeld, im Sinn von „herunterschalten“ verwendet. Gemeint ist damit die Reduzierung von Arbeitszeit, um ein erfüllteres Leben mit mehr Familien- und Freizeit zu führen. Im deutschen Sprachraum spricht man auch von „Entschleunigung“.
Was ist Downshifting? Bedeutung, Definition, Erklärung
Mit dem Ziel der Entschleunigung verzichten Arbeitnehmer:innen auf einer Gehaltserhöhung oder den nächsten Schritt auf der Karriereleiter, der oft mit mehr Prestige verbunden ist. Sie erhalten jedoch eine Gegenleistung, die nicht unbedingt materiell, aber ideell messbar ist. Der Wunsch, weniger zu arbeiten, geht dabei von den Arbeitnehmer:innen selbst aus und wird nicht von deren Vorgesetzten ausgesprochenen.
Downshifting ist die freiwillige Entscheidung für einen Karriererückschritt, der gesellschaftlich zwar negativ konnotiert ist, aber nicht als Rückschritt empfunden wird. Zwar bedeutet die Arbeitszeitreduzierung für die meisten Downshifter weniger Geld, doch ihre positiven Folgen wirken sich in komplexer Weise aus. Nicht nur die Arbeitnehmer:in, die ganze Familie profitiert davon.
Woher stammt der Begriff Downshifting? Wortgeschichte, Herkunft
Der Wirtschaftsphilosoph Charles Handy hat den Begriff in den 1990er Jahren geprägt. Er gehört zu den renommiertesten Denkern zum Thema Management unserer Zeit und hat über 20 Bücher verfasst. Er gilt unter Kolleg:innen als der „Guru“ schlechthin. Handy beeindruckt durch seine Fähigkeit, über Jahrzehnte wirtschaftlich, technologisch und gesellschaftlich im Voraus zu denken. Viele seiner oft als radikal empfundenen Ideen haben sich bewahrheitet. Er beschäftigte sich in seiner aktiven Zeit intensiv mit den Veränderungen durch die Digitalisierung und der Sinnsuche nach dem Profitdenken.
Gesellschaftliche Veränderungen machen Umdenken erforderlich
Unsere Gesellschaft ist im starken Wandel begriffen. Auch das traditionelle Bild der Karrierestufen, die man, um erfolgreich zu sein, hochklettert, gerät immer mehr ins Wanken. Eine höhere Position wird heute nicht mehr zwangsläufig mit einem besseren gesellschaftlichen Status gleichgesetzt und andere, die es vordergründig nicht geschafft haben, abgewertet. In diesem schlichten Schwarz-Weiß-Denkmuster finden sich Arbeitnehmer:innen längst nicht mehr wieder.
Der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten, einem Sabattical oder Jobsharing wird immer häufiger geäußert. Das hängt zum einen mit veränderten Rollenbildern von Mann und Frau zusammen, aber auch mit der höheren Wertschätzung eines einfacheren, natürlichen Lebens. Man sucht sein persönliches Glück immer seltener im Beruf, da man auch die Schattenseiten typischer Berufskarrieren erkannt hat. Jeder Beruf und jede Arbeitsstelle bringen Vor- und Nachteile mit sich. Es gilt, beide Seiten individuell abzuwägen und daraufhin die für sich bestmögliche Entscheidung zu treffen.
Warum wechseln Downshifter ihren Job?
Die Motivation für Downshifting ist so individuell, wie es Menschen sind. Allen gemeinsam ist aber eine sehr hohe Motivation. Mittlerweile wünscht sich jede dritte Arbeitnehmer:in, im Beruf kürzerzutreten. Den meisten geht es um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Vielfach stehen aber auch gesundheitliche Gründe hinter der Entscheidung.
Laut einer österreichischen Studie (BMA) von 2021 sind 48 % aller Arbeitnehmer:innen in einem karrierefokussierten Leben von Burnout bedroht. Die Generationen Y und Z wünschen sich mehr Flexibilität und Autonomie. Anders als bei der Generation X stehen für sie nicht mehr das Erklimmen der Karriereleiter und Top-Gehälter im Vordergrund.
Welche Möglichkeiten für Downshifting gibt es?
Einer möchte vom Vorgesetzten wieder zum Teammitglied auf gleicher Hierarchieebene werden, Führungskräfte wieder zu Fachkräften oder Vollzeitbeschäftigte wieder zu Teilzeitbeschäftigten. Viele streben an, ihren Ganztages-Job im Büro mit einem um einige Stunden reduzierten Job im Home-Office zu tauschen. Egal, ob man zu seiner alten Arbeitgeber:in zurückwechselt oder sein Hobby zum Beruf macht, es gibt sehr viele Möglichkeiten für Downshifting.
Der bewusste Karriererückschritt muss nicht zwangsläufig mit einem geringeren Arbeitspensum verbunden sein, häufig wird lediglich der Fokus verändert. Schon das bringt positive Veränderungen mit sich. Denn wenn Arbeitnehmer:innen Aufgaben erfüllen, die für sie mit größerer Sinnhaftigkeit verbunden sind, werden sie zufriedener, gesünder und leisten bessere Arbeit.
Wir leben in einer auf Erfolg und Leistung fokussierten Gesellschaft. Auch wenn sich der Blick darauf langsam ändert, gilt es immer noch als Gesichtsverlust, wenn man seine Stundenzahl reduzieren oder auf eine niedrigere Position wechseln möchte. Weil sie sich keinen Anfeindungen aussetzen möchten, bleiben Downshifter selten bei ihrer alten Firma, sondern wechseln das Unternehmen. Firmen entgeht damit großes Potenzial, denn die qualifizierten Mitarbeitenden besitzen nicht nur Erfahrung und Know-how, sie sind auch ein Quell neuer Ideen. In Zeiten grassierenden Fachkräftemangels ist es daher sinnvoller, mehr auf die Wünsche der Arbeitnehmer:innen einzugehen und deren Potenziale voll auszuschöpfen.
Positive Folgen von Downshifting
Wer sich für Downshifting entscheidet, gewinnt mehr persönliche Freiräume, reduziert psychischen und körperlichen Stress und erhöht seine Lebensqualität. Downshifter gewinnen Freizeit dazu, die sie nun sinnstiftend füllen können. Viele, die die Karriere hinten angestellt haben, berichten, dass sie die neue Tätigkeit viel bewusster ausüben und produktiver sind. All das wirkt sich kurz- und langfristig positiv auf die Gesundheit aus. Finanzielle Einbußen müssen nicht unbedingt negativ sein, denn vielfach reduzieren Downshifter ihren Konsum, sodass sich das Minus wieder ausgleicht.
Dass die Produktivität am Arbeitsplatz durch eine reduzierte Stundenzahl steigt, wurde bereits in vielen Studien bewiesen. Denn erschöpfte und gestresste Kollegen und Kolleginnen leisten weniger und haben mehr Fehlzeiten als entspannte Mitarbeitende. Viele Experten betrachten einen 6-Stunden-Arbeitstag als optimale Lösung. Dieses Modell wird bereits erfolgreich in vielen schwedischen Firmen praktiziert. Die Kolleg:innen sind nachweislich motivierter, konzentrierter und damit produktiver. Australische Forscher fanden heraus, dass mehr als 39 Stunden Arbeit pro Woche und der daraus resultierende Zeitmangel schädlich sind. Wer zu viel arbeitet, kann sich nicht gut genug um sich kümmern (Selbstfürsorge). Die Betroffenen der Studie waren nervöser und Raucher griffen häufiger zur Zigarette.
Negative Folgen von Downshifting
Die finanziellen Einbußen können zu einer Reduzierung des Lebensstandards führen. Auch der Statusverlust kann Menschen mehr zu schaffen machen, als sie sich vorher eingestanden haben. Möglicherweise zerstören sich Downshifter durch ihr Verhalten Karriereoptionen. Auch im neuen Lebensstil Downsizing herrscht Erwartungsdruck (oft sind es die eigenen Erwartungen), der nicht immer erfüllt werden kann. Ferner müssen diejenigen, die auf der Karriereleiter einen Schritt zurückgehen, mit wenig Verständnis für ihr Handeln rechnen. Das erhöht den sozialen Druck und kann erneut Stress erzeugen.