Das Wort „Parentifizierung“ leitet sich vom englischen Wort „parents“ ab. Übersetzt steht es für das Wort „Eltern“. Spricht man von Parentifizierung, so handelt es sich um Kinder, welche die Rolle der Eltern übernehmen und sich für die Gesundheit der Eltern verantwortlich fühlen. Es handelt sich um eine Rollenumkehr, die ernsthafte Konsequenzen für das Kind hat. Durch die Übernahme von Aufgaben, die nicht altersgerecht sind, kann es zu Entwicklungsstörungen kommen. Diesbezüglich folgen weitere Erläuterungen zur Thematik, um die Hintergründe verständlich zu thematisieren.
Was ist Parentifizierung? Folgen, Bedeutung, Definition, Erklärung
Ob Rechnung bezahlen, Kochen oder den Einkauf erledigen, es gibt Dinge, die Erwachsenen vorbehalten sind. Werden Kinder dennoch mit solchen Aufgaben betraut, so hat dies langfristige Folgen. Dabei schränken sich die negativen Konsequenzen nicht nur auf das Kindesalter ein. In besonderen Härtefällen wirken sich die Folgen bis ins Erwachsenenalter aus.
Unter anderem kann es sich negativ auf das Selbstwertgefühl auswirken. Kinder, die nur Liebe bekommen, wenn Sie helfen, haben ein geringes Selbstvertrauen. Eltern sind wichtige Bezugspersonen, die uns ein Leben lang prägen. Kinder sind auf die Liebe der Eltern angewiesen. Kam es in der Kindheit zu Ablehnungen, so wirkt sich das langfristig auf das Vertrauen aus. Das Kind lernt, dass es nur akzeptiert und geliebt wird, wenn es Leistung erbringt. Dies hat zur Folge, dass die Kinder als Erwachsene Probleme haben, sich selbst zu akzeptieren.
Ob Partnerschaft, Berufsleben oder Freundeskreis, zahlreiche Lebensbereiche können unter der Parentifizierung leiden. Durch das geringe Selbstwertgefühl haben es Erwachsene später schwer, Vertrauen aufzubauen. Damit einhergehend stellen Erwachsene hohe Ansprüche an sich selbst. Sie sind der Überzeugung, dass sie nur gut sind, wenn sie anderen helfen. Somit führen sie gewissermaßen ihre Rolle als Kind fort, indem sie ständig anderen Menschen helfen.
Nicht selten kommt es zu einer sozialen Isolation. Kinder, die ständig ihren Eltern helfen, haben zwangsläufig weniger Zeit. Sie können weder Freunde treffen noch können sie unbeschwert spielen. In schlimmsten Fall kann es zu Mobbing kommen, wenn ein Elternteil etwa alkoholkrank ist. Hiermit erhöht sich der Leidensdruck von Kindern. Es können sich Ängste und Depressionen entwickeln, je nach Ausprägung der Parentifizierung.
Parentifizierung behandeln – mögliche Auswege im Blick
Allgemein hin ist es empfehlenswert, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nicht selten stehen hinter der Parentifizierung weitere Probleme, die einer Behandlung bedürfen. Dies kann eine Alkohol- und Drogensucht sein oder eine psychische Erkrankung der Eltern. Des Weiteren kann es passieren, dass Kinder selbst Angststörungen oder sonstige Verhaltensauffälligkeiten entwickeln. Deshalb ist es bedeutsam, so früh wie möglich zu intervenieren.
In erster Instanz ist es wichtig, dass die Eltern auf das Thema sensibilisiert werden. Schließlich sind es die Eltern, die dafür verantwortlich sind, wenn ein Kind überlastet wird. Ein Therapeut kann dabei helfen, destruktive Verhaltensweisen der Eltern zu erkennen. Damit einhergehend können weitere Maßnahmen eingeleitet werden, um die Eltern bei der Verhaltensänderung zu unterstützen.
Schließlich geht es darum, die Folgen für das Kind einzuschätzen. Liegt bereits eine soziale Isolation vor? Gibt es Verhaltensauffälligkeiten in der Schule? Wie ist das Wohlbefinden des Kindes? Es gilt, wichtige Fragen zu beantworten. Anhand dessen können therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden, um das Kind zu entlasten. Häufig tragen Kinder einen seelischen Ballast mit sich. Folgerichtig braucht es einen Ansprechpartner.
Rechtliche Einordnung der Parentifizierung: Ist das emotionaler Missbrauch?
Es handelt sich nicht um ein Kavaliersdelikt. Denn die Parentifizierung fällt unter die Kategorie „emotionaler Missbrauch“. Somit kann es rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn Kinder emotionalem Missbrauch ausgesetzt sind. In besonders schweren Fällen kann das Gericht eine Fremdunterbringung anordnen. Aufgrund der langfristigen Folgen für die Gesundheit des Kindes, ist die Rechtsprechung besonders streng in diesem Zusammenhang. Auch bei einer Scheidung kann es zu Komplikationen kommen, in Hinblick auf das Sorgerecht. Besteht die Gefahr einer Parentifizierung, so wird dem Elternteil das Sorgerecht abgesprochen.
Letztlich wird im Einzelfall geprüft, wie schwer die Parentifizierung wiegt. Nicht in allen Fällen wertet das Gericht die Parentifizierung als emotionalen Missbrauch. Konträr dazu gibt es sogar eine Form der Parentifizierung, die positiver Natur ist. Diesbezüglich gibt es die adaptive Parentifizierung, die sich von der destruktiven Parentifizierung abgrenzt. Dabei übernimmt das Kind Aufgaben, die nicht überfordernd sind und dem Alter entsprechen. Das Kind lernt, Verantwortung zu übernehmen, ohne dabei negative Konsequenzen fürchten zu müssen.
Familien, die besonders gefährdet sind
Es gibt Familienkonstellationen, die besondere Gefahr laufen, wenn es um das Thema Parentifizierung geht. Unter anderem kann eine Scheidung dazu führen, dass es zu einer Parentifizierung kommt. Kinder sind besonders feinfühlig und verstehen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Dies hat zur Folge, dass Kinder sich für das Wohlbefinden der Eltern verantwortlich fühlen. Sie trösten, beruhigen oder versuchen, die Eltern zu beraten. Dabei sollten Eltern Verantwortung übernehmen, indem sie dafür Sorge tragen, dass die Bedürfnisse der Kinder nicht zu kurz kommen.
Besonders schwierig wird es, wenn ein Elternteil schlecht über den Scheidungspartner redet. Damit einhergehend wird das Verhältnis zum anderen Elternteil gestört. Es ist von elementarer Bedeutung, nicht schlecht über den anderen Partner zu reden. Anderenfalls wird das Kind mit Wissen konfrontiert, das nicht altersgerecht ist. Diesbezüglich ist es tabu, das Kind über den Scheidungsgrund zu informieren und vieles mehr. Für die Entwicklung des Kindes ist es bedeutsam, ein gutes Vertrauensverhältnis zu beiden Eltern zu haben.
Ferner können Suchterkrankungen dazu führen, dass es zu einer Parentifizierung kommt. Drogen- und Alkoholmissbrauch haben häufig zur Folge, dass das ganze Umfeld leidet. Neben der Gefahr, eine Co-Abhängigkeit zu entwickeln, kommt es häufig zu einer Parentifizierung. Kinder möchten ihre Eltern schützen, insbesondere in Fällen, in denen die Eltern selbst hilflos sind. Kinder versuchen häufig, den Haushalt zu erledigen. Im schlimmsten Fall begleiten sie ihren alkoholkranken Elternteil in die Kneipe und helfen auf dem Weg nach Hause.
Aber auch vermeintlich intakte Familie können ein Risiko darstellen. Ein hohes Leistungsdenken, das Eltern auf ihre Kinder übertragen, kann zu Parentifizierung führen. Es ist wichtig, Kindern genügend Freiraum zu gewähren. Wer hingegen Kinder schon in frühen Jahren auf Leistung und gute Noten trimmt, läuft Gefahr, sie zu überfordern.
Fazit: Was ist Parentifizierung?
Die Parentifizierung ist mit enormen Gefahren verbunden. In den seltensten Fällen handelt es sich um eine adaptive Parentifizierung. Deshalb ist es wichtig, erste Alarmzeichen ernstzunehmen. Anderenfalls wird das Wohlergehen des Kindes gefährdet. Die negativen Folgen wirken sich bis ins Erwachsenenalter aus. Deshalb sollten Eltern sicherstellen, dass die Kinder ausschließlich altersgerechte Aufgaben übernehmen.