In den vergangenen Jahrzehnten wurde ein starkes Bewusstsein (woke) zur politisch korrekten Ansprache von Menschen (BIPoC, FLINTA, SOJARME), Völkern und Stämmen geschaffen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, inwieweit die Verwendung der Begriffe „Indianer“, „Indios“ oder „Inuit“ zulässig und politisch korrekt sind.
Die Herkunft der Worte Indianer und Indios
Das deutsche Wort „Indianer“ hat seine Ursprünge in der Zeit der Entdeckung Amerikas. Als Christoph Kolumbus 1492 den neuen Kontinent erreichte, glaubte er einen westlichen Seeweg nach Indien entdeckt zu haben. Dementsprechend sprach er die dort ansässige indigene Bevölkerung auch als „Indios“ (Spanisch für Inder) an. Im Spanischen existiert also keine Unterscheidung zwischen Inder und Indianer, welche bei der Übersetzung ins Deutsche hingegen bereits korrigierend getroffen wurde. Dennoch wird häufig auch im Deutschen der Begriff „Indios“ verwendet. Dieser entspringt in seiner Herkunft ebenfalls eindeutig dem spanischen Begriff und kann daher als verallgemeinernd und beleidigend empfunden werden. Häufig wird auch vermutet, dass Indio als Abkürzung des Begriffs „indigene Völker“ zu verstehen sei. Diese Vermutung ist jedoch nicht zutreffend.
Die Herkunft des Wortes Inuit
Inuit ist die Selbstbezeichnung einiger indigener Volksgruppen in Zentral- und Nordkanada und Grönland. Häufig wird der Begriff Inuit fälschlicherweise für sämtliche dort lebenden Völkergruppen verwendet. Diese wurden ursprünglich als Eskimos zusammenfassend angesprochen. Bei diesem Wort handelt es sich jedoch um eine Fremdbezeichnung, weswegen dieses von den entsprechenden Völkergruppen oft als abwertend empfunden wurde. Dennoch stößt die allgemeine Verwendung des Begriffs Inuit auf noch stärkere Ablehnung.
Die politisch korrekte Ansprache indigener Völker: Ist „Indianer“ diskrimineriend und verboten?
Es hat sich eingebürgert, die indigenen Völker Nord- und Südamerikas möglichst anhand ihrer Selbstbezeichnung anzusprechen. Diese ist üblicherweise für einzelne Stämme und Völker unterschiedlich. Ein großes Problem hierbei ist, dass viele Stämme inzwischen nur noch unter ihren Fremdbezeichnungen bekannt sind, sodass diese Identifizierung sich bereits zum Teil auf die Selbstwahrnehmung überträgt. Als Beispiel sind hier die Diné zu nennen, welche meist unter der Fremdtitulatur „Navajo“ bekannt sind.
Sammelbezeichnungen werden so gut wie möglich vermieden, da sie häufig negativ aufgenommen werden. So ist beispielsweise die Bezeichnung Inuit für einzelne Stämme passend und vollkommen korrekt, während sie hingegen für andere Stämme falsch und damit beleidigend ist. Die Begriffe Indios und Indianer sollten generell weitgehend vermieden werden. Sie sind zu sehr verallgemeinernd und bauen auf der falschen Annahme, Inder getroffen zu haben, auf. Zahlreiche Völker und Kulturen mit unterschiedlichsten Ausprägungen werden so zu einem vollkommen irreleitenden und falschen Begriff zusammengefasst. Dies ist in etwa so korrekt, wie von „den Europäern“ oder „den Asiaten“ zu sprechen. Außerdem ist in vielen Sprachen keine klare Trennung zwischen Indios, Indianern und Indern möglich. Möchte man also die unterschiedlichen indigenen Völker Amerikas gesammelt ansprechen, können mehrere Möglichkeiten gewählt werden.
Die sicherste und unverfänglichste Variante ist die Bezeichnung als „indigene Völker“. Darunter werden sämtliche ursprünglich in diesen Gebieten heimischen Bevölkerungsgruppen verstanden. Als weitere Bezeichnung, welche sich auch für moderne Abkömmlinge dieser Gruppen eingebürgert hat, wird häufig „American Indian“ (übersetzt amerikanische Inder) zur besseren Unterscheidung zu Indern verwendet. Damit wurde zwar das Problem der eindeutigen Zuweisung gelöst, dennoch handelt es sich hierbei nach wie vor um eine unerwünschte Fremdzuweisung, welche auf falsche Annahmen einer längst vergangenen Zeit zurückgeht. Kanada verwendet zur Ansprache der von ihnen kolonisierten und unterdrückten Völker die Bezeichnung „First Nations“. Allerdings ist der Begriff Nation eurozentrisch geprägt und ebenfalls äußerst irreführend. Die Bedeutung kann nur schwer korrekt auf die indigenen Völker übertragen werden.
Es ist also äußerst schwierig, politisch korrekte Bezeichnungen für die indigenen Völker Südamerikas zu finden. Viele von ihnen können sich mit den Begriffen Eskimo, Indianer oder Indios anfreunden, auch wenn dies stark von Person zu Person und vom Zusammenhang abhängig sein kann. Weniger beliebt ist die allgemeine Verwendung des Begriffs Inuit. Möchte man auf Nummer sicher gehen, ist es empfehlenswert, entweder ganz allgemein nur von indigenen Völkern zu sprechen oder zu eruieren, wie sich eine betreffende Person oder Volksstamm selbst bezeichnet.
Siehe auch:
Guten Tag, mir ist aufgefallen, dass Sie das Wort Stamm nutzten. Jedoch ist auch dies ein kolonialrassistisch geprägtes Wort und sollte heutzutage z.B. mit dem Begriff Volk ersetzt werden.
Übrigens ist erste Bewohner*innen auch ein sehr gebräuchlicher Begriff.