Als „Cancel Culture“ wird der Online-Boykott von Social-Media-Präsenzen von Prominenten, Personen, Gruppen oder Firmen bezeichnet.
Was ist die Cancel Culture? Bedeutung, Definition
Das Verb „to cancel“ bedeutet auf deutsch „absagen“ oder „absetzen“. Damit ist im Sinne der „Cancel Culture“ gemeint, dass eine Person in den sozialen Medien „abgesetzt“ werden soll. Da in den sozialen Medien niemand abgesetzt werden kann, führt die Cancel Culture zu anderen direkten und indirekten Ergebnissen. Social-Media-Teilnehmer entliken und entfollowen. Die betroffene Person erhält dann weniger Aufmerksamkeit und ihre Fanzahlen reduzieren sich. Dies kann dazu führen, dass sie Sponsoren- oder Job-Verträge verliert.
Anlässe für Online-Boykott sind bei Prominenten, Personen oder Gruppen, wenn diese moralisch-fragwürdige, zweifelhafte, herabsetzende, beleidigende oder kontroverse Meinungen äußern. Wenn über ihr vergangenes Fehlverhalten berichtet wird, führt dies auch zu Online-Boykott. Hierbei ist es egal, wie viele Jahre oder Jahrzehnte das Fehlverhalten zurückliegt.
Beispiele:
- Musiker müssen damit rechnen, dass weniger Menschen ihre Musik hören oder kaufen.
- Schauspieler müssen damit rechnen, dass Menschen ihre Filme boykottieren.
- Kabarettisten müssen damit rechnen, dass ihre Auftritte abgesagt und/oder sie ausgeladen werden.
Wenn über Firmen oder Unternehmen bekannt wird, dass diese Produkte auf fragwürdigem Weg produzieren oder sie ihre Mitarbeiter schlecht behandeln, so müssen diese ebenfalls mit einem Online-Boykott rechnen.
Bei der „Cancel Culture“ geht es darum, dass jemand wegen Verstößen gegen die politische Korrektheit mit (Socia-Media-) Aufmerksamkeitsentzug bestraft wird. Dies kann sehr schädigend für die Karriere einer Person sein.
Wie Cancel Culture funktioniert
„Cancel Culture“ findet in zwei Schritten statt:
1. „Call-Out Culture“: Bedeutung, Definition
Social-Media-Teilnehmer verbreiten Nachrichten und Beiträge über das (in ihren Augen) Fehlverhalten einer Person oder Gruppe. Sie veröffentlichten alte Videos und suchen nach alten Social-Media-Beiträgen, um das Fehlverhalten einer Person zu belegen. Sie prangern Fehlverhalten öffentlich an. Teils werfen Social-Media-Teilnehmer einer betroffenen Person im direkten öffentlichen Dialog ihr Fehlverhalten vor.
Erreichen diese Nachrichten und Beiträge die kritische Masse so beginnen bekannte Nachrichten-Sender und Medien über die Vorwürfe zu berichten.
Social-Media-Teilnehmer berichteten nicht nur über Fehlverhalten oder Verstöße gegen die politische Korrektheit, sondern stellen auch Forderungen. In der Regel fordern sie, dass eine Zusammenarbeit von großen Firmen (Filmstudios, Musiklabels oder Internetportalen) mit der betroffenen Person beendet werden sollte. Auch fordern Social-Media-Teilnehmer, dass die betroffene Person oder Firma sich entschuldigen soll. Social-Media-Teilnehmer fordern auch, dass große Firmen der betroffenen Person keine Plattform mehr geben sollten.
2. Cancel Culture: Bedeutung, Definition
Social-Media-Teilnehmer beginnen mit dem „Absetzen“. Sie entfolgen einer Person. Sie beenden ihre Abos (z.B. auf YouTube, Instagram, Twitter). Sie nehmen Likes und Herzen zurück. Teils blockieren sie auch die betroffene Person.
Die „Cancel Culture“ führt auch dazu, dass Social-Media-Teilnehmer die Musik oder Filme einer betroffenen Person boykottieren.
Ist Cancel Culture gut oder schlecht?
In den sozialen Medien kann schnell eine kritische Masse erreicht werden. Dies ist gut und schlecht. Bei der Cancel Culture kann dies problematisch sein. Denn in einigen Fällen reicht der unbegründete und unbelegte Vorwurf, dass eine Person sich falsch verhalten haben soll, damit die betroffene Person den Zorn des Internets spürt.
Die „Cancel Culture“ kann somit schnell eine eigene Dynamik entwickeln, bei der Vorwürfe nicht mehr hinterfragt werden und Social-Media-Teilnehmer sich zu Sittenwächtern aufschwingen. Damit geht Tyrannei und Selbstgerechtigkeit einher.
Social-Media-Teilnehmer werden im Rahmen der „Cancel Culture“ zur Sittenpolizei, die darüber entscheidet, was moralisch gut und was moralisch schlecht ist. Sie legen fest, was gesagt werden darf und was nicht. (Im schlimmsten Fall kann die Cancel Culture einer Online-Hexenverfolgung gleichen.)
Die „Cancel Culture“ kann als Korrektiv für das Fehlverhalten von Personen mit Macht dienen. Personen, die ihre Macht missbrauchen, müssen somit nicht nur mit Strafverfolgung durch Behörden rechnen, sondern auch mit dem Zorn der Massen. Damit kann die „Cancel Culture“ die Rache der Wehrlosen, der Machtlosen und des kleinen Mannes sein. Jedoch kann die „Cancel Culture“ schnell zur Sittenpolizei werden, wenn angeprangert wird, dass jemand z.B. nicht politisch-korrekt war, weil er z.B. einen unanständigen Witz gemacht hat.
Vielen Dank für die klare Erläuterung dieser Amerikanismen, die immer moderner geworden sind und aus dem mittlerweile alltäglichen Gebrauch nicht mehr ganz zutreffend zu erschließen sind – was durch ihre Historie aber deutlich besser gelingt.
Vielen Dank..