Barmherzigkeit wird mit einer allgemein freundlichen Gesinnung und der daraus resultierenden Handlungsweise gegenüber anderen Menschen gleichgesetzt. Umgangssprachlich wird auch von Freundlichkeit gesprochen. Die Barmherzigkeit gegenüber anderen erwächst aus der Anteilnahme am Schicksal des anderen. Barmherzig ist, wer im Angesicht von Not und Elend nicht den Blick abwendet, sondern handelt und versucht, das Leid Dritter zu lindern.
Barmherzigkeit als Tugend
Umgangssprachlich werden Mitleid und Barmherzigkeit oft in einem Atemzug genannt. Doch im Detail betrachtet, stellt sich Barmherzigkeit weniger als Mitfühlen dar. Vielmehr geht es um eine nicht bedürftige Großherzigkeit.
Die Barmherzigkeit gilt in folgenden Religionen als Haupttugend:
- Christentum
- Judentum
- Islam
- Buddhismus
- Hinduismus
Die Juden, Christen und Islamisten sehen die Barmherzigkeit als eine der herausragenden Eigenschaften Gottes an.
Herkunft: „Barmherzigkeit“
Die Wortherkunft lässt auf zwei mögliche Quellen schließen. Thesen gehen davon aus, dass sich das Adjektiv „barmherzig“ im 8. Jahrhundert aus der althochdeutschen Entsprechung „armherzi“ ableitete. Ob es sich dabei um einen Standard-Wortschatz des Althochdeutschen handelt, ist nicht überliefert.
Ein zweiter Erklärversuch führt zum althochdeutschen „barm“ oder dem gotischen „barms“, welches mit „Schoß“ oder „Busen“ übersetzt werden kann. Allgemein herrscht die Meinung vor, dass es sich bei dem Wort „Barmherzigkeit“ um eine Zusammensetzung aus den althochdeutschen Begriffen „barm“ und „herzi“ handelt.
Barmherzigkeit: Bedeutung im Christentum
Nach christlicher Tradition gilt die Barmherzigkeit nicht als natürliche menschliche Eigenschaft, sondern wird als Tugend Gottes dargestellt. Bereits im Alten Testament wird Gott mit „gnädig und barmherzig“ betitelt.
Im Gleichnis vom verlorenen Sohn beschreibt Jesus Gott als großzügig und bereit zu vergeben. Daran wird die Bedeutung von Barmherzigkeit deutlich. Wer barmherzig ist, übt sich in einer Zuwendung bedingungsloser Liebe und zeigt sich in jeder Hinsicht großzügig.
Die sündigen Menschen sind laut dem Apostel Paulus abhängig von der Barmherzigkeit Gottes. Aus Barmherzigkeit werden die Menschen von Gott gerettet. Wer Barmherzigkeit von Gott erfahren hat, macht die Tugend zu seiner eigenen Lebensaufgabe.
Die Barmherzigkeit Gläubiger wird mit Begriffen wie Nächstenliebe, Menschenliebe oder Humanität in Verbindung gebracht. In der Bibel sind viele Gleichnisse der Barmherzigkeit zu finden, darunter das Gleichnis vom barmherzigen Samariter oder die Bergpredigt, wo davon gesprochen wird, dass die Barmherzigen selig sind und selbst Barmherzigkeit erlangen werden.
Bedeutung in der christlichen Kunst
Die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit werden in der christlichen Kunst des Spätmittelalters häufig thematisiert. Die Bilder der Barmherzigkeit stammen aus dem 16. Jahrhundert.
Folgende Werke sind enthalten:
- Speisung der Hungrigen
- Durstige mit Trinken versorgen
- Beherbergung von Fremden
- Pflege von Kranken
- Ankleiden von Nackten
- Besuch von Gefangenen
- Bestattung von Toten
Dieser alten Bildtradition folgt zum Beispiel das von Caravaggio geschaffene Altargemälde. Das Werk entstand im Jahre 1607 und lebt von intensiven Hell-Dunkel-Kontrasten. Das helle Licht wird als Metapher der Barmherzigkeit gedeutet.
Im Jahre 2016 hat Papst Franziskus vorgeschlagen, die Werke der Barmherzigkeit um die Sorge um die Schöpfung zu ergänzen.
Barmherzigkeit im Alltag
Barmherzigkeit wird möglich, wenn aus Liebe und Uneigennützigkeit gehandelt wird. Wer handelt, ohne vorab Kosten und Nutzen abzuwägen, handelt barmherzig. Der freimütige Umgang mit anderen Menschen kann zu einer positiven Selbsterfahrung beitragen. Dadurch fühlen sich viele barmherzig handelnde Menschen selbst beschenkt, obwohl sie eigentlich etwas von sich gegeben, anstatt bekommen haben.