Kann man auch ohne Freunde glücklich sein / leben? Erklärung, Psychologie

Kann man auch ohne Freunde glücklich sein, leben, Erklärung, Psychologie


In der Regel haben etwa zwei Drittel der Deutschen einen besten Freund oder eine beste Freundin. Dies entspricht 66 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung. Orte des Kennenlernens sind überwiegend der Arbeitsplatz, die Schule, die Ausbildung sowie in der Freizeit (Verein, Dorfjugend etc.). Die Zahlen besagen aber auch, dass jeder fünfte Deutsche somit keinen besten Freund oder beste Freundin hat. Die Frage ist nun, welche Gruppe glücklicher und zufriedener lebt oder ob aus diesem Zustand überhaupt keine Vor- oder Nachteile zu ziehen sind. Ist es eine reine Einstellungssache, die eigene Art zu überleben oder brauchen wir mindestens einen Menschen an unserer Seite, damit wir auf Dauer keine seelischen Schäden entwickeln?

Definition: Was sind „Freunde“?

Was ist ein Freund, eine Freundin eigentlich? Der Duden erklärt dieses Wort eher sachlich: „männliche Person, die einer anderen in Freundschaft verbunden ist, ihr nahesteht. Ein guter Freund von mir. – männliche Person, mit der eine Frau oder ein Mann befreundet ist {und mit der sie oder er zusammenlebt]. Sucht man nach Synonymen, so finden sich Wörter wie Kamerad, Vertrauter, Gefährte, Kumpan, Liebhaber oder Intimfreund. Daraus lässt sich grob gesagt ableiten, dass ein Freund jemand ist, der es gut mit einem meint. Den man in sein Leben lässt, ihm private Dinge anvertraut und gemeinsame Unternehmungen erleben. Freunde haben sich gern, sie vertrauen einander und verbringen gern die Zeit mit dem anderen.

Unterscheidung „Freund“

Nach der Definition stellt sich die Frage, wann wir einen Menschen beziehungsweise in welcher Situation wir ihn als Freund betiteln. Einige Menschen gehen sehr leichtfertig und locker damit um. Sie bezeichnen Bekanntschaften schnell als Freunde oder Follower in den sozialen Medien ebenfalls, ob die Person einem persönlich bekannt ist oder nicht macht keinen Unterschied. Wieder andere tun sich sehr schwer mit dem Titel Freund und brauchen viele Wochen, gar Monate, um jemandem zu vertrauen. Auch ist ein Freund, eine Freundin, nicht gleich ein Freund. Wir unterscheiden zwischen gutem Freund, sehr gutem Freund, bestem Freund und „er oder sie ist ein Freund von mir“.

Wert innerhalb einer Freundschaft

Viele Freundespaare setzen Maßstäbe, Prioritäten innerhalb einer Freundschaft – und die fallen sehr unterschiedlich aus. Die einen bevorzugen Freunde mit den gleichen politischen oder religiösen Einstellungen, andere mögen Menschen, die die gleichen Hobbys haben und wieder anderen ist es völlig egal, ob die Freunde einen ähnlichen Charakter, die gleichen Hobbys oder Einstellungen haben. Letztendlich ist es eine persönliche Einstellung und die Art, wie man lebt, die eine Freundschaft definiert.

Sind Freunde wichtig?

Kommen wir zur Kernfrage, ob wir Freunde brauchen, um ein erfülltes Leben haben zu können. Psychologen sind sich einig: Ja, jeder Mensch braucht mindestens einen Freund*in, um sich sicher und zufrieden fühlen zu können. Besonders in Krisenzeiten sind sie unerlässlich, sei es bei persönlichen oder gesellschaftlichen Krisen (Trennung, Verlust des Arbeitsplatzes oder einer weltweiten Pandemie). Sie geben uns Halt, verstehen uns, hören uns zu und können Ratschläge geben, uns trösten oder ablenken. Für viele Menschen, die beispielsweise keine Familie haben, werden Freunde zu einer wichtigen Ersatzfamilie. Sie fühlen sich wohl inmitten ihrer Freunde und sie alle wachsen innerhalb kurzer oder längerer Zeit fest zusammen. Dieses Gefühl vermittelt Sicherheit, das Gefühl nicht allein zu sein und dass es Menschen gibt, die uns verstehen und komplett hinter uns stehen.

Der „richtige“ Zeitpunkt für Freundschaften

Natürlich können wir in jeder Lebensphase Freundschaften schließen. Nicht nur im Kindergarten und der Schule, obwohl viele dieser früh geschlossenen Freundschaften oft bis ins hohe Alter halten und während der ganzen Zeit reifen. Wir kommen immer wieder in bestimmte Situationen, in denen wir Freundschaften schließen, ganz bewusst (ich suche eine Freundschaft durch ein Inserat) oder ungeplant (man begegnet sich beispielsweise im Supermarkt und freundet sich durch ein erstes Gespräch an). Ob auf der Arbeit, im Verein, durch andere Freunde und Bekannte oder gar im Altenheim, überall ist es uns möglich, Freundschaften zu schließen. Wobei Psychologen und Therapeuten sich einig sind: Im Lauf des Lebens wird es stetig schwieriger, einen guten Freund oder eine gute Freundin zu finden.

Gesteigerte Ansprüche

Zum einen liegt es daran, dass wir selbst andere Maßstäbe im Leben setzen. Das hängt unter anderem von unseren Erfahrungen mit anderen Menschen ab, was wir für Erwartungen an einen Freund, eine Freundin haben. Wir wissen, wie wir uns einen Freund, eine Freundin vorstellen, wie er oder sie nicht sein soll oder wie lange es dauert, bis wir Vertrauen fassen. Zum anderen werden im Alter die sozialen Kontakte immer weniger. Das bedeutet, dass wir selbst aktiv werden müssen, um Freunde zu finden. Im Alter fallen die Arbeitskollegen weg, möglicherweise können wir aus gesundheitlichen Gründen dem Vereinssport nicht mehr nachgehen oder aus finanziellen Gründen nicht mehr am kulturellen Leben teilnehmen (Kino- oder Theaterbesuche, Museumsbesuche etc.) Daher ist es wichtig, Kontakt zu Seniorengruppen aufzunehmen, eventuell Selbsthilfegruppen zu kontaktieren, sozialen Vereinen beizutreten oder auch Bekanntschaften innerhalb einer Kirchengemeinschaft zu suchen.

Freundschaft und Gesundheit

Sämtliche Experten versichern, dass Freundschaft die eigene Gesundheit verbessern können. Sie wirken sich in jeder Form positiv auf uns aus. Menschen, die mindestens einen guten Freund, eine gute Freundin haben, mit denen sie sich regelmäßig treffen, haben eine höhere Lebenserwartung als Menschen ohne feste Freundschaften. Tatsächlich war die Lebenserwartung gering niedriger, wenn jemand regelmäßig von nahen Verwandten oder dem Partner*in umgeben sind. Verantwortlich für den positiven Effekt auf unsere Gesundheit durch Freunde ist ein Hormon namens Oxytocin. Dieses bildet unser Körper, sobald wir in der Nähe eines guten Freundes sind, weil wir uns geborgen fühlen. In Situationen von Geborgenheit und Vertrautheit zwischen Freunden wird dieses Hormon verstärkt produziert. Die Folge: Angst, Anspannung, Nervosität und Stress reduzieren sich, wir entspannen uns und können vom Alltag oder den Sorgen loslassen. Zusätzlich hemmt Oxytocin das Hormon Cortisol, das Stress und Anspannungen hervorruft. So bleiben wir die ganze Zeit, die wir mit guten Freunden verbringen, kontrolliert entspannt und fühlen uns wohl.

Diese positiven Nebeneffekte freuen unseren Körper, da wir so die Möglichkeit haben, dauerhaft den Stresspegel zu reduzieren. Das wiederum senkt das Risiko, an Bluthochdruck und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkranken.

Freunde sind wichtig für die „Reife“

Wer Freundschaften pflegt, sollte sich im Klaren darüber sein, dass sie genau wie Beziehungen zu einem festen Partner gepflegt werden müssen. Dies gilt ganz besonders für langjährige Freundschaften, die öfter im Laufe eines Lebens verschiedenen Herausforderungen unterstellt sind. So zum Beispiel kann es berufsbedingt oder aus familiären Gründen einen oder mehrere Umzüge geben, einen Jobwechsel oder weniger Zeit, weil einer von beiden eine Familie gründet. Wenn man seinen besten Freund oder die beste Freundin länger nicht sehen kann, ist es sehr wichtig, dennoch in Kontakt zu bleiben.

Die richtige Pflege

Psychologen und Therapeuten raten Freunden für eine lange, vertrauensvolle und innige Freundschaft, dass sie sich mindestens drei Stunden in der Woche für den oder die andere Zeit nehmen sollten. Das muss nicht unbedingt ein persönliches Treffen sein. Sollte es an Zeit mangeln, helfen auch zwei, bis drei Telefonate in der Woche und einmal ein Treffen von mindestens einer halben Stunde, in der man sich nur auf die Freundschaft konzentriert. Wenn mehr Zeit zur Verfügung steht, dann können die drei Stunden auf einen Tag oder zwei Tage verteilt werden. So zum Beispiel kann man einem Abend gemeinsam essen oder ins Kino gehen. Am besten sind Erinnerungen, die beiden Parteien positiv im Gedächtnis bleiben. Das sind unter anderem lange Spaziergänge, Ausflüge oder Wochenendtrips. Ein Kaffeekränzchen mitten in der Woche schafft natürlich auch gute Laune und vermittelt ein Gefühl von Zusammengehörigkeit.

Fazit: Kann man auch ohne Freunde glücklich sein / leben?

Natürlich gibt es Menschen, die ohne Freunde leben, einige davon bewusst. Die Gründe sind unterschiedlich. Einige haben durch viele Arbeit keine Zeit für Freunde, andere möchten sich hundertprozent ihrer Familie widmen und wieder andere sind zu schüchtern, um andere Menschen kennenzulernen. Fakt ist jedoch, dass Menschen, die Freundschaften pflegen, über ihre Probleme reden können, ihre Sorgen und Freude teilen können und wissen, dass sie nicht alleine sind. Der positive Einfluss von Freundschaften auf Leib und Seele sollte Ansporn sein, sich zumindest einen guten Freund, eine gute Freundin zu suchen. Denn gemeinsam macht alles mehr Spaß.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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