Atlantropa-Projekt: Als das Mittelmeer trockengelegt werden sollte


In den 1920er Jahren waren Dinge denkbar, die heute unmöglich erscheinen. Würde jemand diese Ideen heute äußern, würde er als „verrückt“ bezeichnet werden. Eine Idee war die Trockenlegung des Mittelmeeres und die Schaffung einer Landbrücke nach Afrika, genannt: Atlantropa-Projekt.

Die Idee steht nicht nur für den Zeitgeist, sondern auch für eine Haltung, wie Europa mit dem Meer und seinen Nachbarn umgehen wollte. Auch wenn das Projekt verrückt und gigantisch klingt, so war es als Friedensprojekt gedacht, dass Wohlstand bringen sollte.

Was war das Ziel des Atlantropa-Projekt?

Das Atlantropa-Projekt sollte Europa mit Afrika verbinden. Es sollte dafür sorgen, dass beide Kontinente über Landbrücken verbunden sind. Außerdem sollte so Neuland gewonnen, Arbeitsplätze geschaffen und elektrische Energie generiert werden. Da an dem Projekt viele Nationen und Völker beteiligt wären, war es als ein Großprojekt gedacht, bei dem die europäischen Völker ihre Energien über Jahrzehnte bündeln und dadurch kriegerische Auseinandersetzungen vermeiden sollten.

Das Atlantropa-Projekt sollte dafür sorgen, dass eine Landbrücke von Sizilien nach Tunesien entsteht. Diese Landbrücke sollte dafür dienen, eine Eisenbahnlinie von Berlin über Rom nach Kapstadt einzurichten. Dadurch würde Europa mit Afrika verbunden werden.

Von der Landgewinnung hätten Spanien, Frankreich, Italien, Kroatien, Albanien, Tunesien, Libyen, Ägypten, Isarel, Griechenland und die Türkei profitiert. Sie hätten teils bis zu 90 Kilometer Land ab der Küste gewonnen.

Außerdem sollten Wasserentsalzungsanlagen das nun überschüssige Mittelmeerwasser entsalzen. Mit dem nun nutzbaren Wasser sollte die Sahara zu Teilen gewässert und begrünt werden.

Erdacht hat das Atlantropa-Projekt der deutsche Architekt Herman Sörgel in den 1920er Jahren. Teils wird dies auch „Panropa-Projekt“ genannt.

Wie sollte das Atlantropa-Projekt ablaufen?

Herman Sörgel hatte mehrere Stellen im Mittelmeer definiert, an denen Staudämme erichtet werden sollten. Dies waren unter anderem:

  • Die Straße von Gibraltar
  • Die Linie Sizilien-Tunesien
  • Bei den Dardanellen, der Meerenge zwischen der Ägäis und dem Marmarameer.
  • Der Suez-Kanal

In der Straße von Gibraltar sollte der Hauptstaudamm entstehen. Dieser sollte auf einem Fundament, dass 2,5 Kilometer breit ist, stehen und bis zu 300 Meter hoch sein. (Zum Vergleich: Der Kölner Dom ist „nur“ 157,38 Meter hoch. Dieser Staudamm hätte also „nur“ die doppelte Höhe des Kölner Doms gehabt.)

Als Bauzeit veranschlagte Sörgel zehn Jahre. 200.000 Arbeiter sollten in vier Schichten an dem gigantischen Projekt arbeiten. Heute wird vermutet, dass der Bedarf an Zement und Baumaterialien nie hätte gedeckt werden können. Auch wäre die Logistik fast unmöglich gewesen.

Die Staudämme sollten mit Turbinen versehen werden, um so Energie zu produzieren. Damit würde der Verbrauch von fossilien Brennstoffen als Energieträger massiv reduziert werden.

Für Venedig plante Sörgel einen künstlichen See und einen künstlichen Fluss, der die venezianische Lagune mit dem noch übrigen Mittelmeer verbinden sollte.

Sörgel stellte seine Pläne der nationalsozialistischen Regierung vor. Diese lehnte eine Umsetzung ab.

Gefahren des Atlantropa-Projektes

Das Atlantropa-Projekt und seine Staudämme müssten dauerhaft überwacht und geschützt werden, denn sie wären von der Plattentektonik ebenso wie von Tsunamis bedroht. Man stelle sich vor, ein 300-Meter-Staudamm hätte Risse. Das würde Panik auslösen.

Es ist nicht abschätzbar, welche Einflüsse die Staudämme auf die seimische und vulkanische Aktität hätten, wenn der Druck durch die immensen Wassermassen fehlen würde. Ebenso ist es fast unmöglich hervorzusagen, wie sich das Atlantropa-Projekt auf den Salzwassergehalt der übrigen Meere und die Meeresströmungen ausgewirkt hätte. Wäre der Salzgehalt gestiegen, so würde dies die Weltmeere massiv beeinflussen. Damit würde das Projekt, dass gedacht war, um Europa mit Afrika zu verbinden, die ganze Welt beeinflussen.

Das Atlantropa-Projekt hätte Auswirkungen auf die Niederschläge und damit auch auf die Ernteerträge in angrenzenden Regionen gehabt.

Die Folgen für die Wirtschaft und die Politik könnten einschneidend sein. So müsste geklärt, wem das neugewonnen Land gehört. Der Warenverkehr per Schiff über das Mittelmeer wäre durch Schleusen eingeschränkt wurden.

Kritik am Atlantropa-Projekt

Auch wenn das Atlantropa-Projekt als Verbindung zwischen Afrika und Europa gedacht war, so stammt es aus einer Zeit als die Welt noch anders geordnet war und andere Ideen als heute herrschten. In den 1920er Jahren waren weite Teile von Afrika Kolonien. Aus diesem Umstand heraus muss das Atlantropa-Projekt kritisiert werden, da es für einen Erhaltung und eine Festigung dieser Situation geführt hätte.

Auch gingen Befürworter des Atlantropa-Projektes davon aus, dass sich die Welt in drei Sphären einteilen würde: Amerika, Atlantropa und Asien.

Weiteres zum Atlantropa-Projekt

Die Serie „Star Trek“ thematisiert in einer Episode den Bau eines Dammes in der Straße von Gibraltar. In dem Roman „The Man in the High Castle“ ist die Rede vom „Projekt Farmland“, damit ist gemeint, dass Dämme im Mittelmeer gebaut wurden, die dafür sorgen, dass Ackerland entstand.

Fazit

Die Verbindung von Afrika und Europa, die Beziehung beider Kontinente und ihrer Menschen zu einander, steht heute mehr im Fokus denn je. Ein einseitiges Atlantropa-Projekt, dass von Europa dominiert würde, ist heute nicht mehr denkbar, aber ein anderes beidseitiges Projekt bei dem Austausch geregelt stattfindet, erscheint doch denkbar.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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