Was macht eine Religion zur Weltreligion? Warum ist das Judentum eine Weltreligion? Erklärung

Was macht eine Religion zur Weltreligion, Warum ist das Judentum eine Weltreligion, Erklärung


Der Begriff „Weltreligion“ besitzt leider keine eindeutige Definition. Dementsprechend können sich Listen der Weltreligion zum Teil stark unterscheiden, je nachdem welche Regeln zur Einteilung als Weltreligion herangezogen wurden. Dies führt dazu, dass die Religionswissenschaft den Begriff Weltreligion bestmöglich vermeidet um diesen Definitionsproblemen zu entgehen.

Mögliche Merkmale: Weltreligion

Meist werden zur Einstufung als Weltreligion einerseits die Anzahl der Anhänger, andererseits die überregionale Verbreitung und zu guter Letzt der universale Anspruch der Religion herangezogen. In einigen Fällen wird zusätzlich auch das Alter der Religion genannt, sodass sogenannte neue religiöse Bewegungen (Religionen, welche im 20 und 21 Jh. entstanden sind) nicht als Weltreligion geführt werden können.

Folgende Religionen werden üblicherweise als Weltreligion geführt:

In der Mehrheit der Listen zu Weltreligionen werden nur fünf Religionen als Weltreligion geführt. Dies sind das Christentum, der Islam, der Hinduismus, der Buddhismus und das Judentum. Nicht als Weltreligion gelistet werden Shinto, Daoismus, Voodoo oder Sikhismus, obwohl diese Religionen zum Teil mehr Anhänger als beispielsweise das Judentum besitzen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Judentum im Gegensatz zu den genannten Religionen über universelles Selbstverständnis verfügt.

Der Unterschied zwischen Weltreligion und Universalreligion:

Als Universalregion wird eine Religion bezeichnet, welcher jeder Mensch ohne besondere Voraussetzungen beitreten könnte. Zusätzlich folgen die Inhalte einer Universalreligion einem Kanon und sind üblicherweise in Form einer Heiligen Schrift in Buchform festgehalten. Dieser Definition zufolge gehören zur das Christentum, der Islam und der Buddhismus zu der Gruppe der Universalreligionen.

Der Unterschied zwischen Weltreligion und Volksreligion:

Eine Volksreligion ist üblicherweise stets stark an ein bestimmtes Volk und die dazugehörige kulturelle Vorstellung gebunden. In den meisten Fällen sind Volksreligionen ident zu ethnischen Religionen, auch wenn beispielsweise Daosimus, Shintoismus, aber auch Hinduismus und das Judentum als Volksrelgionen, jedoch nicht als ethnische Religion geführt werden.

Die Forschungsgeschichte des Begriffes „Weltreligion“

Im Jahr 1915 hat der Soziologe Max Weber in einem Werk fünf bis sechs Weltrelgionen genannt. Als „echte“ Weltreligion hat er neben dem hinduistischen, buddhistischen, islamischen, christlichen und konfuzianischen Glauben das Judentum genannt, weil dieses maßgeblich zur Entwicklung von Christentum und Islam beigetragen hat und zum Verständnis dieser beiden Religionen zwingend nötig ist.

1938 hat der Religionswissenschaftler Gustav Mensching den bereits erwähnten unterschied zwischen Volksreligion und Weltreligion hervorgehoben. Für ihn existieren nur fünf Weltreligionen, das Judentum fand bei ihm keine Berücksichtigung.

In einem weiteren Schritt wurde von Helmuth von Glasenapp 1963 die Bedeutung der Anhängeranzahl hervorgehoben. Er sieht mit Christentum, Islam, Buddhisums, Hinduismus und dem chinesischen Universismus fünf Weltreligionen, da diese zusammen 90 Prozent der gläubigen Menschheit abdecken.

2022 und 2005 wurden von Gerhard Wehr und Manfred Hutter jeweils sieben Weltreligionen angeführt. Dabei sieht Wehr als entscheidendes Kriterium, dass Weltreligionen im Gegensatz zu Naturreligionen eine Trennung zwischen Gott und der Welt kennen. Dementsprechend gehören Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Daoismus und Konfuzianismus für ihn zu den Weltreligionen. Für Hutter hingegen wird anstelle des Konfuzianismus die Religion Bahai als Weltreligion geführt. Er begründet dies durch eine Kombination der Anhängerzahl mit einem vorherrschenden universellen Geltungsanspruch.

Doch egal, welche Kriterien zur Einordnung als Weltreligion herangezogen werden, in einem Punkt sind sich moderne Religionswissenschaftler einig. Der Begriff Weltreligion sollte nicht im wissenschaftlichen Kontext verwendet werden, ist jedoch als ein weitgehend verständlicher Begriff des allgemeinen Sprachgebrauchs unersetzbar.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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