Die gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte führten mehr und mehr dazu, dass der Mensch auf ein hohes Arbeitspensum konditioniert wurde. Arbeit und die damit verbundene Wertschöpfung gilt vor allem in westlichen Kulturen als hohes Gut. Hauptjob, Nebenjob sowie Weiterbildung, Selbstständigkeit und Unternehmertum sind daher aktuell besonders gehypte Bereiche, in denen sich die Menschen gegenseitig zu übertrumpfen versuchen, beziehungsweise zu mehr Leistung anzustacheln versuchen.
Dem steht die sogenannte „Soft Life Era“ im totalen Gegensatz. Hierbei handelt es sich um ein – eigentlich aus den frühen 1960er-Jahren stammendes – Konzept, welches derzeit wieder mehr und mehr an Beliebtheit gewinnt. Es stellt eine antithetische Vorgehensweise zur oben genannten „Hustle-Kultur“ dar. Anstatt sich immer mehr Verpflichtungen und komplexen Tätigkeiten zu verschreiben, predigt die „Soft Life Era“ ein bodenständiges, zufriedenes sowie bescheidenes und auf die eigenen Bedürfnisse bezogenen Lifestyle.
Ruhe, Leichtigkeit und ein moderates Arbeitspensum stehen dabei im Fokus der „Soft Life Era“, die aufgrund ihrer steigenden Bekanntheit daher einmal Gegenstand des nun folgenden Artikels sein sollen. Hierbei soll der Begriff „Soft Life Era“ einmal vollumfänglich erklärt werden. Außerdem soll auf dessen Historie und die verschiedenen Ausprägungsformen eingegangen werden.
Definition des Begriffs „Soft Life Era“
Der Begriff „Soft Life Era“ setzt sich aus den drei englischen Wörtern „Soft“ (zu Deutsch: „leicht“ oder „umkomplizert“), „Life“ (zu Deutsch: „Leben“ oder „Lebensstil“) und „Era“ (zu Deutsch: „Ära“ oder „Zeitabschnitt“) zusammen. In Kombination lässt sich „Soft Life Era“ demnach mit „ein Lebensabschnitt oder eine Ära des leichten und unkomplizierten Lebens“ übersetzen. Somit verbirgt sich hinter dem Konzept der „Soft Life Era“ ein Lebensstil, der auf ein angenehmes, stressfreies und unkompliziertes Leben, frei von Ängsten, Sorgen und Nöten bezieht.
Gemeint ist damit ein alternatives Lebenskonzept, welches Ruhe, Entspannung und Stressfreiheit suggeriert. Diese sollen der individuellen Gesundheit zuträglich sein und damit zu einem bewussteren und angenehmeren Leben verhelfen. Das Konzept der „Soft Life Era“ steht damit im direkten Gegensatz zur weit mehr verbreiteten Leistungsgesellschaft. Diese versucht, immer bessere, effektivere und höhere Arbeitsergebnisse zu erzielen, was oft auf Kosten des persönlichen Wohlbefindens, beziehungsweise der individuellen Entfaltung geht.
Somit stellt die „Soft Life Era“, die aktuell im sozialen Netzwerk „TikTok“ besonders gehypt wird, eine indirekte Protestbewegung zur heutigen Leistungsgesellschaft dar und schlägt entsprechend alternative Lebenskonzepte vor.
Woher stammt das Konzept hinter der „Soft Life Era“?
Der Begriff „Soft Life Era“ geht auf die 1960er-Jahre zurück, wo dieser in den USA maßgeblich geprägt wurde. Er stellte ursprünglich ein Indikator für die kulturelle Stimmung von westlichen Ländern dar. Vornehmlich sollte damit ein Wandel der gesellschaftlichen Werte gemessen werden. Sobald sich die Tendenzen einer Volksgemeinschaft mehr in Richtung „Soft Life Era“ verschoben hatten, war von einem hohen Lebensstandard, ermöglicht durch eine wirtschaftliche Boom-Situation die Rede.
Mittlerweile hat sich die Verwendung des Begriffs „Soft Life Era“ jedoch geändert. Vielmehr wird „Soft Life Era“ heute vor allem in der akademischen Literatur, von Journalisten, Kolumnisten sowie Kulturkritikern und jüngeren Menschen verwendet. Zum Teil dient dieser als geflügeltes Wort für eine Protestbewegung, die sich gegen den Status quo richtet.
Wie wird die „Soft Life Era“ in der Praxis umgesetzt?
Die Ideen und die Werte hinter dem Konzept der „Soft Life Era“ werden auf verschiedene Weise umgesetzt. Insbesondere in Bezug auf Lifestyle, Mode und Kunst gibt es stark voneinander abweichende Stilformen. In den nun folgenden Unterabschnitten sollen aber vor allem auf die folgenden Kernelemente der „Soft Life Era“ eingegangen werden:
- Erholungszeiten einräumen
- Stressmanagement
- Grenzen aufzeigen
- Bewusst leben
Erholungszeiten einräumen
Nur wer sich Ruhe gönnt, kann tatsächlich produktiv arbeiten. Neben den individuellen Verpflichtungen auf der Arbeit, in der Familie sowie im Haushalt predigt die „Soft Life Era“ auch, sich genügend Zeit für Muse, Entspannung und (vor allem geistliche) Regeneration zu gönnen. Gleichzeitig muss auch dem Körper hin und wieder eine Erholungsphase zugesprochen werden, damit dieser nachhaltig leistungsfähig und gesund bleibt.
Stressmanagement
Ein individuelles Stressmanagement ist ein weiteres Kernelement der „Soft Life Era“. Hierbei wird auf unterschiedliche Stressbewältigungstechniken wie zum Beispiel Yoga, Meditation und Massagen verwiesen. Diese sollen den individuellen Stresslevel senken und dadurch mehr Ausgeglichenheit, Zufriedenheit und Balance ermöglichen. Anstatt sich also nur auf die rein körperliche Regeneration zu konzentrieren, zielt „Soft Life Era“ auch auf die geistliche und mentale Regeneration ab, indem übermäßiger Stress konsistent reduziert wird.
Grenzen aufzeigen
Unter „Grenzen“ sind die Grenzen der eigenen Fähigkeiten gemeint, ein gewisses Arbeitspensum oder Stresslevel aushalten zu können. Nach den Meinungen der „Soft Life Era“-Befürworter besitzt jeder Mensch ein individuelles Toleranzlevel für Stress und Kapazität. Dieses solle erkannt und dann fortlaufend beachtet, beziehungsweise in das eigene Lebenskonzept integriert werden. Wer sich seinen eigenen Grenzen nähert, der sollte diese nicht mutmaßlich überschreiten, sondern öfter mal „Nein!“ sagen können.
Bewusst Leben
Anstatt nur in Routinen zu leben, sollen sich Individuen gemäß „Soft Life Era“ auch Zeit für das Leben im Monat und Abwechslung nehmen. Hierfür solle das Leben absichtlich praktiziert werden. Nur so kann eine höhere Form des Glücks und der Selbstverwirklichung erzielt werden. Dabei sollen Individuen zudem herausfinden, welche Dinge ein gutes Gefühl verleihen, um dann nach diesen Prinzipien leben zu können.
Kritik an der „Soft Life Era“
Speziell bei den Anhängern der Leistungsgesellschaft stößt der aktuelle TikTok-Trend der „Soft Life Era“ vielerorts auf Kritik. Sie wird als Protestbewegung der jüngeren Generationen wahrgenommen und steht damit im großen Gegensatz zu bürgerlichen Werten und Tugenden wie beispielsweise Fleiß, Weiterentwicklung und Leistungsbereitschaft. Die Kritik an der „Soft Life Era“ wird zum Teil auch dadurch gespeist, dass deren Anhänger wiederum sehr jung und noch vergleichsweise unerfahren sind, was die Arbeit betrifft und stellenweise auch noch keine Arbeit im großen Umfang geleistet hätten.
Fazit zum Thema „Soft Life Era“
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Begriff „Soft Life Era“ ein in den 1960er-Jahren entstandener Indikator ist, der sich heute jedoch im neuen Gewand präsentiert – und zwar in Form eines alternativen Lebenskonzepts der (meist) jüngeren Generationen. Er hat maßgeblichen Einfluss auf Lebensstil, Arbeitsleben und Kultur und wird derzeit vor allem auf sozialen Plattformen wie beispielsweise TikTok gehypt.
Mit dem Begriff der „Soft Life Era“ sind zum Beispiel die Begrifflichkeiten „Counter Culture“ oder „Bare Minimum Monday“ eng verwandt. Die „Counter Culture“ zielt auf ein grundsätzlich (dem Mainstream) gegenläufiges Lebenskonzept ab. Hingegen stellt „Bare Minimum Monday“ ein individuelles Leistungskonzept dar, welches vorzugsweise an Montagen angewendet wird und ebenfalls auf ein verringertes Arbeitspensum, beziehungsweise mehr Wohlbefinden hinausläuft.