Was ist „Othering“? Bedeutung, Definition, Erklärung

Was ist Othering, Bedeutung, Definition, Erklärung


Soziale Dynamiken sind in unserem Alltag allgegenwärtig. Immer wieder kommt es in unseren Sozialleben aber zu neuartigen Phänomenen, die aufgrund unterschiedlicher Umstände entstehen. Das sogenannte „Othering“ ist so ein Fall, bei dem die Betroffenen kurzerhand fremdgemacht werden. Dadurch soll eine genauere Grenzziehung zu einer Person oder Gruppe ermöglicht werden. Durch diese mutwillig erzwungene Abgrenzung soll die nicht-eigene Person oder Gruppe entsprechend andersartig oder fremd kategorisiert und damit indirekt abgewertet werden.

Auf das vergleichsweise neue Phänomen des „Othering“ trifft man mittlerweile vielerorts im Alltag. Aber auch in der Wissenschaft wird das „Othering“ bereits seit Jahrhunderten eingesetzt – oftmals sogar völlig unbeabsichtigt. Indem diese Stigmatisierung von führenden Verhaltensforschern nun entdeckt wurde, kann bewusster mit dieser Thematik umgegangen werden. Für die, die sich mit dem „Othering“ noch nicht genau auskennen und gern erfahren möchten, was es damit genau auf sich hat, soll der nun folgende Artikel einige hilfreiche Informationen liefern.

Begriffsdefinition von „Othering“

Der Begriff „Othering“ stammt aus der englischen Sprache und stellt ein Idiom, beziehungsweise eine Wortneuschöpfung dar. Er lehnt sich stark an das Adjektiv „other“ (zu Deutsch: „anders“ oder „fremd“) sowie an das Substantiv „otherness“ (zu Deutsch: „Andersartigkeit“) an. Dadurch könnte man „Othering“ in etwa mit „Andersmachung“ oder „Fremdmachung“ übersetzen.

Gemeint ist damit eine willkürliche Abgrenzung zwischen einzelnen Personen, Personengruppen oder Kulturen, um diese als andersartig zu kategorisieren. Damit weichen die andere Person, Gruppe oder Kultur quasi von der selbstinduzierten Norm ab und wird somit ausgegrenzt. Diese Ausgrenzung kann als schmerzhaft sowie beleidigend, beziehungsweise despektierlich von den Betroffenen aufgefasst werden.

Das „Othering“ stellt damit eine von der Verhaltenspsychologie erst kürzlich entdeckte Anomalie der Alltagspsychologie dar, die es zu bekämpfen gilt und welche die Ansichten und Sprechweisen moderner Gesellschaften nachhaltig verändern könnten.

Wortherkunft und Bedeutung des Ausdrucks „Othering“

Das hinter dem „Othering“ stehende Konzept wurde von verschiedenen Philosophen entwickelt. Unter ihnen beispielsweise Hegel und Simone de Beauvoir. Ein weiterer, bedeutsamer Schriftsteller, der sich mit dieser Thematik befasste, war der US-amerikanische Theoretiker Edward Said. Außerdem gilt noch der deutsche Anthropologe namens Johannes Fabian als Mitbegründer der „Othering“-Theorie. Trotz dessen, dass das „Othering“ vor mehreren, hunderten Jahren bereits theoretisch besprochen wurde, erlebte dieses erst vor wenigen Jahren eine Renaissance und rückt erst jetzt wieder in den Fokus von Verhaltensforschern und Ethikern.

„Othering“ bedeutet nichts anderes, als sich dessen bewusst zu sein, dass die (wenn auch nur indirekte) Ausgrenzung von Personen, Gruppen oder Kulturen aus einem größeren Zusammenhang oder einer selbstgewählten Norm Schaden anrichten kann.

Welche Personen sind von „Othering“ betroffen?

Von „Othering“ waren in der Geschichte immer wieder Personen, Gruppen oder ganze Kulturen betroffen. Das Wort „Orient“ kann beispielsweise im Zusammenhang mit dem Begriff „Othering“ genannt werden. Denn es umfasst eine Palette an Ländern, Menschen und Kulturen, die sich vom „Okzident“ (also dem heutigen „Westen“) abgrenzt. Auch Staatsangehörigkeiten, Rassezugehörigkeiten oder Geschlechter fallen gleichermaßen unter das „Othering“, weil diese die Menschen in Kategorien stecken. So ziemlich jeder Mensch war und ist in seinem Leben schon einmal von „Othering“ betroffen gewesen – entweder als Opfer oder aber als Täter.

In welchen Bereichen wird „Othering“ verwendet?

„Othering“ begegnet uns beinahe in unserem gesamten Alltagsleben. Die nun folgenden Unterabschnitte sollen aber einmal die häufigsten Situationen aufzeigen, in denen uns das „Othering“ begegnet und sollen diese noch tiefgehender erklären:

  • in Wortbeispielen
  • auf Social Media
  • im gesellschaftlichen Alltagsleben

Wortbeispiele

Prominente Beispiele für „Othering“ sind beispielsweise die Folgenden:

  • die Herkunft einer Person
  • das Geschlecht einer Person
  • das Alter einer Person
  • der sozioökonomische Background einer Person
  • die Zugehörigkeit von Ländern zu bestimmten Kulturkreisen
  • die Fertigkeiten einer Person
  • die Hautfarbe einer Person

Werden die oben genannten Dinge erfragt, so entsteht oft indirekt der Eindruck des „Othering“. Auch kann es sich um „Othering“ handeln, wenn manche Dinge als Norm bezeichnet werden, andersartige Dinge wiederum von dieser ausgeschlossen werden.

Social Media

Social Media bietet eine gigantische Bühne für „Othering“, beziehungsweise schließt User indirekt aus. Dies geschieht, indem Social Media nur außergewöhnliche Schönheit, Reichtum oder Erfolg aufzeigt und diesen durch Likes pusht. Hier kann es dazu kommen, dass die eigentliche Normalität als langweilig, beziehungsweise nicht erstrebenswert empfunden wird. Für den User entsteht so der Eindruck, nicht mehr „dazuzugehören“ und fühlt sich daher als Opfer des „Othering“.

Gesellschaftliches Alltagsleben

Auch im gesellschaftlichen Alltagsleben treffen wir oft auf das „Othering“. Ob in den Nachrichten, in alltäglichen Konversationen oder in der Schule sowie Universität – vielerorts kommt es zur Festlegung der Norm, wodurch Personen, Gruppen oder ganze Kulturen indirekt ausgeschlossen werden können. In abendländischen Kulturen kann das Nichtvorhandensein von Moscheen beispielsweise als „Othering“ bezeichnet werden, auch wenn dies vielerorts nicht willkürlich geschieht.

Gesellschaftliche Einordnung von „Othering“

„Othering“ wird von nahezu allen Altersgruppen und Persönlichkeiten betrieben – oftmals ganz unbewusst. Etwaige Verhalten und Denkmuster werden im Alltag selten hinterfragt, weshalb entsprechend viele Menschen dem „Othering“ unterliegen. Unter jungen Personen ist das „Othering“ jedoch noch vergleichsweise gering ausgeprägt, da diese häufig offener und feinfühliger für Unterschiede sind, beziehungsweise nicht so stark auf eigenen Ansichten beharren. Mit dem Alter nimmt die Fähigkeit zur Wahrnehmung unbeabsichtigten „Otherings“ jedoch ab. Auch sinkt die individuelle Fähigkeit zur Toleranz.

Kritiken zur Thematik des „Othering“

Obwohl sich „Othering“ noch am Anfang der Verhaltensforschung steht, gibt es doch bereits eine Reihe an Kritikern, die diesem negativ gegenübersteht. Bemängelt wird beim „Othering“ häufig, dass es sich um eine reine Theorie handelt, die die ohnehin schon komplexen, sozialen Dynamiken des Alltags noch weiter verkomplizieren. Speziell der Norm angepasste oder wenig von diesen abweichenden Personen, Gruppen oder Kulturen sind oftmals auch gar nicht feinfühlig genug, das „Othering“ als solches zu erkennen. Es wird daher von vielen Menschen als sinnentleerte Theorie verschrien, die keinen wirklichen Nutzen zu haben scheint.

Fazit zum Thema „Othering“ sowie ähnliche Begrifflichkeiten

Das „Othering“ stellt unterm Strich ein soziales Phänomen dar, welches Menschen, Gruppen oder ganze Kulturen unwillkürlich oder willkürlich abgrenzt oder als andersartig einstuft. Es beeinflusst soziale Dynamiken auf schädliche, da schmerzhafte und verletzende Weise. Obwohl das „Othering“ von Kritikern als sinnlos betrachtet wird, hat es teilweise schwerwiegende Auswirkungen auf die Vielfalt.

Mit dem Begriff „Othering“ lassen sich zum Beispiel die Begrifflichkeiten „Marginalisierung“ und „Exklusion“ in Verbindung bringen. Bei der „Marginalisierung“ geschieht ebenfalls eine soziale Ausgrenzung, bei der „Exklusion“ kommt es sogar zu einer bewussten Benachteiligung und Schädigung andersartiger Sozialgruppen.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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