Menschen, die „ein Händchen“ für Pflanzen haben, haben auch „einen grünen Daumen“. Redensarten, die etwas mit den Händen zu tun haben, kommen meistens aus der Arbeitswelt. Wer geschickt darin ist, etwas zu tun, hat eben ein Händchen dafür. Diese Redensart wird als Kompliment verstanden. Man kann ein Händchen für alles Mögliche haben. Aber wer ganz speziell ein Händchen für das Gärtnern und für Pflanzen hat, der hat zudem auch noch einen grünen Daumen.
Was ist der „Grüne Daumen“? Bedeutung, Definition, Erklärung
„Einen grünen Daumen haben“ umschreibt die Fähigkeit eines Menschen, besonders schöne Blumen oder besonders leckeres Obst und Gemüse anbauen zu können. Menschen, bei denen regelmäßig die Topfpflanzen auf der Fensterbank verwelken, die Yucca-Palme in der Zimmerecke die Blätter hängen lässt und bei denen auch beim zweiten oder dritten Anbauversuch keine nennenswerte Kartoffelernte zustande kommt, haben im Gegensatz dazu leider keinen grünen Daumen.
Einen „grünen Daumen“ bekommt man mit in die Wiege gelegt. Ein „grüner Daumen“ umschreibt ein angeborenes Talent. Entweder man hat ihn oder man hat ihn nicht. Die Theorie der Pflanzenaufzucht lässt sich erlernen und Erfolge bei der Ernte ergeben sich automatisch dann, wenn alles Erlernte auch richtig umgesetzt wurde. Hat aber ein Gärtner noch zusätzlich einen „grünen Daumen“, dann ist die Ernte besonders groß, ungewöhnlich schön oder unverhofft ertragreich. Der „grüne Daumen“ ist also das Mehr, das das Können und Wissen toppt. Es ist eine angeborene Fähigkeit, die aber manches Mal nur zufällig entdeckt wird. Wer einen „grünen Daumen“ hat, sich aber nicht mit Pflanzen beschäftigt, weiß es nicht.
Warum „grün“ und warum „Daumen“?
Menschen, die viel gärtnern und dabei keine Handschuhe tragen, bekommen schmutzige Hände. Die Finger werden von der Gartenerde ganz braun. Deswegen stellt sich die Frage, weshalb nicht von braunen oder schwarzen Fingern, sondern von einem „grünen Daumen“ die Rede ist, wenn es um ein besonders talentiertes Gärtnern und um gesunde, kräftige Pflanzen geht? Selbstverständlich bekommt man grüne Finger, wenn man Pflanzenstängel zerdrückt oder grüne Blätter abzupft und quetscht. Das Chlorophyll, also das Blattgrün, das die Pflanzen bei der Photosynthese produzieren, ist ein natürlicher Farbstoff.
Wer grüne Pflanzenteile zwischen Fingern und Daumen zerreibt, bekommt grüne Fingerspitzen und einen grünen Daumen. In Bezug auf die Redewendung „einen grünen Daumen haben“, ist diese Erklärung aber unlogisch. Denn sie besagt, dass jemand ein besonderes Geschick im Umgang mit Pflanzen an den Tag legt. Weshalb also sollte sich diese Redewendung aus dem Zerstören von Pflanzen heraus entwickelt haben, wenn damit doch das genaue Gegenteil gemeint ist?
Wortherkunft: Woher kommt der „Grüne Daumen“?
Tatsächlich handelt es sich bei dem „grünen Daumen“ um eine Redensart, die aus dem Amerikanischen stammt. Sie entwickelte sich nicht in der deutschen Sprache und aus keinem bestimmten Sachverhalt heraus. Es finden sich zwar verschiedene Erklärungen, wie es zu dieser Redewendung gekommen sein könnte. Sie sind aber alle wenig überzeugend. Beispielsweise wird erklärt, dass moos- oder algenbehaftete Gefäße beim Gärtnern angefasst werden müssen und dabei der Daumen grün wird. Eine andere Erklärung ergibt sich aus der Beobachtung, dass beim Überprüfen, ob die Erde feucht genug oder die Konsistenz richtig ist, sie mit Daumen und Fingern angefasst werden muss und der Daumen dabei schmutzig wird.
Im Amerikanischen ist die Rede vom „green thumb“. Im Englischen hingegen wird von grünen Fingern, den „green fingers“, gesprochen, wenn sich jemand besonders gut mit Pflanzen auskennt und sie erfolgreich zum Blühen und Gedeihen bringt. Möglicherweise gelangte die Redewendung aus dem Englischen in etwas abgewandelter Form zunächst ins Amerikanische, bevor sie ins Deutsche übersetzt wurde.
Nach dem Oxford English Dictionary wurde die Redewendung „green fingers“ vermutlich das erste Mal 1906 verwendet, in der Kurzgeschichte „The Misses Make-Believe“ von Mary Stuart Boyd. In den USA tauchte der „green thumb“ zum ersten Mal 1937 auf, in einem Zeitungsartikel des Ironwood Daily Globe (Michigan), in dem der „grüne Daumen“ als Gärtner-Jargon bezeichnet wird. In den 1940er Jahren, während des Krieges, gab es in England eine überaus populäre Radiosendung bei BBC über das Gärtnern. Sie hieß „In your Garden“ und wurde von Cecil Henry Middleton moderiert, der beide Begriffe verwendete und dadurch einer riesigen Zuhörerschaft bekanntmachte: „green fingers“ und „green thumb“. Es ist naheliegend, dass der „grüne Daumen“ – wie viele andere Begriffe auch -, aus dem Englischen und Amerikanischen ins Deutsche übernommen wurde.
König Edward I. von England und der „grüne Daumen“
Es gibt eine schöne Geschichte, die Edward I. zugeschrieben wird und die die Herkunft des Begriffs „grüner Daumen“ erklären soll. Es darf bezweifelt werden, dass sie wahr ist, dennoch wird sie erzählt. Edward I. war von 1272 bis 1307 König von England und hatte eine Vorliebe für grüne Erbsen. Diese Erbsen mussten, wie vieles andere auch, von seinen Leibeigenen geschält werden. Derjenige unter ihnen, dessen Daumen danach am grünsten war, wurde für seine Arbeit geehrt. Denn sein besonders grüner Daumen bewies, dass er der Fleißigste von allen Erbsenschälern war.
Vom „goldenen“ zum „grünen Daumen“
Geoffrey Chaucer war wohl der berühmteste englische Dichter des Mittelalters. Er ist der Autor der Canterbury Tales (1387-1400). Darin ist das erste Mal von einem „goldenen Daumen“ die Rede. Es ist die Quelle des alten englischen Sprichworts “An honest miller has a golden thumb” (deutsch: Ein ehrlicher Müller hat einen goldenen Daumen). Es nimmt Bezug auf die Qualitätsbestimmung von Mehl durch den Müller, der das gemahlene Getreide oder den gemahlenen Mais zwischen seinem Zeigefinger und seinem Daumen reibt und so seine Feinheit prüft. In früherer Zeit gab es ausschließlich leicht bräunliches Vollkornmehl. Je „goldener“ der Daumen, desto feiner und höherwertiger war das Mehl. Das heutige, strahlend weiße Mehl würde keinen „goldenen Daumen“ hinterlassen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Ein guter Müller verstand etwas von seinem Handwerk. Je ehrlicher und geschickter er seinem Beruf nachging, desto besser war das Ergebnis. Nur sehr feines Mehl des vollen Korns kann am Daumen haften bleiben und ihn etwas einfärben. Es ist durchaus möglich, dass im letzten Jahrhundert aus dem „goldenen Daumen“ des kulturellen Gedächtnisses der „grüne Daumen“ wurde. Die Bedeutungen haben sich vermutlich vermischt. Anders als bei einem hervorragenden Müller, der tatsächlich einen goldfarbenen Daumen vorweisen konnte, wird das herausragende Talent eines Gärtners mit einem „grünen Daumen“ lediglich umschrieben. Aus diesem Grund hat ein talentierter Gärtner nur im übertragenen Sinn einen grünen Daumen.
Weitere Bedeutung von Grüner Daumen
Übrigens beim wem alle Pflanzen eingehen, vertrocknen und braun werden, der hat dann wohl einen „Braunen Daumen“.