Was ist Deeskalation? Wie kann sie gelingen? Erklärung

Was ist Deeskalation, Wie kann sie gelingen, Erklärung


Zunächst ist es wichtig, den Begriff der Deeskalation als solchen zu betrachten. Das Präfix „de“ verdeutlicht, dass es sich um eine Umkehrung des nachfolgenden Wortstamms handelt. In diesem Fall wird die Eskalation ins Gegenteil verkehrt. Eine Eskalation soll dem Wortsinn zufolge bestenfalls vermieden, zumindest jedoch entschärft werden. Eskalierende Handlungen sind rasch aufeinanderfolgende, negative Ereignisse, die aus dem Ruder zu laufen drohen. Ein unabsehbarer Kontrollverlust, der bei einer Eskalation zu erwarten ist, soll durch eine Deeskalation unterbunden werden, damit die akute Situation wieder kontrollierbar scheint. Der Terminus der Deeskalation ist also untrennbar mit jenem der Eskalation verbunden. Ohne eine Eskalation kann es demnach keine Deeskalation geben.

Deeskalation: Aktiver Vorgang zur Beseitigung einer Gefahr

Der Versuch einer Deeskalation setzt eine bestehende Gefahrenlage voraus. Ausgehend von dieser Lage, deren Ausgang nicht kalkulierbar ist, erfolgt die Entschärfung mittels verschiedener Wege, die nachfolgend erörtert werden.

Diplomatie und Verhandlungen

In den seltensten Fällen lösen sich akute Konflikte von alleine. Eine Deeskalation setzt zumeist erhebliche Kraftanstrengungen voraus. Der wohl zielführendste Weg hinaus aus der Eskalation ist die Diplomatie. Es müssen diverse deeskalierende Maßnahmen getroffen werden, die beispielsweise aus Gesprächen oder Verhandlungen bestehen und einen konkreten Ausweg aus der Gefahrenlage bieten. Um dieses Vorhaben erfolgreich in die Tat umzusetzen, sind beide Seiten gefragt. Sobald eine Seite nicht an einer Deeskalation interessiert ist, kann sie nicht gelingen. Das gemeinsame Ziel der Entschärfung einer kritischen Situation ist demzufolge Grundvoraussetzung für das Erreichen der Deeskalation. Diplomatische Bemühungen werden in erster Linie mit Politik in Verbindung gebracht und in der Tat lassen sich in diesem Bereich die besten Beispiele nennen. Allerdings kann eine Deeskalation auch im Kleinen stattfinden, beispielsweise wenn sich zwei Nachbarn wegen Ruhestörung streiten und sich aus Gründen der Vernunft zusammenraufen.

Aktuelles Beispiel: Ukraine-Krieg

Aus aktuellem Anlass zum Thema Deeskalation ist der nach wie vor andauernde Ukraine-Krieg zu nennen. Obwohl beide Seiten, Russland und die Ukraine, von einer Deeskalation weit entfernt scheinen, ist die Begriffsklärung an diesem Fallbeispiel anschaulich zu erklären. Der erste Schritt zur Beendigung des blutigen Krieges besteht in der Niederlegung der Waffen. Darauf müssen sich beide Seiten einigen. Gespräche in dieser Richtung gab es zu Beginn des Krieges. Die Verhandlungen blieben ergebnislos. Damit ist eine mögliche Deeskalation früh gescheitert. In der Folge eskalierte der Krieg immer weiter. Allem voran der Abbruch aller diplomatischer Kanäle hat dazu beigetragen. Die Konfliktparteien sind nicht bereit, sich zu Verhandlungen an einen Tisch zu setzen, da nach aktuellem Stand der Dinge keine Seite zu Kompromissen bereit scheint. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass eine Deeskalation ausgeschlossen ist, wenn beide Konfliktparteien an ihren Maximalforderungen festhalten. Dieser Krieg wird ausschließlich über Verhandlungen zu lösen sein. Dennoch kann jeder kleine Schritt wie ein temporärer Rückzug, auch im militärischen Bereich, zu einer Deeskalation beitragen.

Deeskalation: Kompromissbereitschaft entscheidend

Generell lässt sich der Begriff der Deeskalation mit einer Waage vergleichen. Sobald das Pendel zu weit auf eine Seite ausschlägt, ist der Weg in die Eskalation vorprogrammiert und jener der Deeskalation verbaut. Die Lösung kann nur aus einem Kompromiss bestehen. Die Zeit spielt üblicherweise eher gegen eine Deeskalation, da sich die Fronten verhärten und eine Eskalationsspirale wahrscheinlicher werden lässt. Das bedeutet, dass der entstandene Schaden irreparabel geworden ist und eine Rückkehr zur Diplomatie massiv erschwert. Ein Teufelskreis entsteht und die Chancen auf einen friedlichen beziehungsweise diplomatischen Ausgang der Situation schwinden beträchtlich. Eine Rückkehr zur Diplomatie erscheint dann nahezu ausgeschlossen.

Mit Ruhe und Bedacht

Mit Eskalation werden Begriffe wie Hektik und Impulsivität in Verbindung gebracht. Um nun zu entschärfen, bedarf es gegenteiliger Eigenschaften wie Entspannung und Vorsicht. Um deeskalatorisch zu wirken, muss demnach eine Atmosphäre der Ruhe herrschen. Mit Schaum vor dem Mund lässt es sich bekanntlich nicht gut diskutieren. Beide Konfliktparteien müssen also ihre allzu große Emotionalität für einen Moment ruhen lassen und sich die Argumente des jeweils anderen anhören und bestenfalls verstehen. Damit ist auch klar, dass der Prozess der Deeskalation aus mehreren Stufen besteht. Die Bereitschaft, der anderen Konfliktpartei zuzuhören, ist nur ein Anfang. Der zweite und dritte Schritt besteht aus Einsicht beziehungsweise Kompromissbereitschaft, von seinen eigenen Maximalzielen abzurücken. Absolute Forderungen stellen folglich eine Garantie für das Scheitern der Deeskalation dar.

Einbeziehung Dritter

Wenn sich die Konfliktparteien derart unversöhnlich gegenüberstehen, ist nicht selten Hilfe von Dritten nötig. Die zentrale Aufgabe von Außenstehenden besteht in der Vermittlerrolle. Möglicherweise können die verhärteten Fronten mit fremder Hilfe gelöst werden. Jedoch müssen auch in diesem Fall beide Seiten bereit sein, sich auf eine Vermittlerinstanz einzulassen. Der Vorteil einer Einbeziehung Dritter besteht auch darin, die Regeln der Diplomatie einzuhalten. Man könnte sie mit einer neutralen Schiedsrichterrolle vergleichen. Die Spielregeln für eine Verhandlung müssen dringend eingehalten werden, ansonsten ist weiterer Ärger vorprogrammiert.

Selbstreflexion

Es ist sehr leicht, die eigenen Forderungen vorbehaltlos einzufordern und die andere Seite aus Prinzip abzulehnen. Damit eine Deeskalation gelingen kann, muss auch die eigene Haltung kritisch hinterfragt werden. Das heißt nicht, dass daraus eine gönnerhafte oder gar unterwürfige Haltung entstehen muss, doch ein Entgegenkommen beginnt immer zunächst mit der Fähigkeit, die eigenen Positionen zu reflektieren. Da eine Eskalation zwangsläufig mit Eigenschaften wie Sturheit und Unbeugsamkeit zu tun haben, ist eine Deeskalation zumeist ein Problem, bei dem beide Seiten in gleichem Umfang von einer gewissen Sturheit betroffen sind.

Einsicht

Letztlich hilft die beste Diplomatie nichts, wenn am Ende nicht die Einsicht siegt. Vielleicht scheint es nach reiflicher Überlegung sinnvoll, zu einem Kompromiss zu finden, mit dem beide Seite leben können. Leider dauert es üblicherweise ziemlich lange, bis eine Einsicht reift und die verhärteten Fronten werden immer unversöhnlicher.

Fazit: Was ist Deeskalation?

Konflikte gibt es überall. Damit ist klar, dass das Eskalationspotenzial enorm ist. Längst in nicht jedem Konflikt kann nachhaltig deeskaliert werden, da Faktoren wie Komplexität und Unversöhnlichkeit eine wesentliche Rolle bei jeder Eskalation spielen. Gewiss ist jeder diplomatische Versuch die Mühe wert. Wenn nicht einmal die Anstrengung einer Befriedung in Betracht gezogen wird, kann eine Deeskalation de facto nie stattfinden. Es hängt also allem voran am Willen der Konfliktparteien, über den eigenen Schatten zu springen und sich zumindest auf eine Annäherung zu einigen, die beiden Seiten die Möglichkeit gibt, ihre Sicht der Dinge offen darzulegen. Die Schritte danach entscheiden über eine Lösung des Konflikts.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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