Das Wort „Opferanspruchsideologie“ wurde von Helmut Mauró im Oktober 2020 geprägt.
Opferanspruchsideologie: Ursprung, Herkunft
Nachdem dem in Russland geborenen jüdischen Pianist Igor Levit das Bundesverdientkreuz für sein öffentlichen Eintreten gegen Antisemitismus verliehen wurde, schrieb Helmut Mauró in der SZ einen Beitrag, der eine Kontroverse auslöste. Helmut Mauró kritisierte, dass Levit außer seiner Twitter-Aktivitäten keine anderen Leistungen erbracht habe. Der Artikel „Igor Levit ist müde“ wurde am 16. Oktober 2020 in der SZ veröffentlicht.
Über Twitter-Nutzer äußerte Helmut Mauró sich wie folgt. Er sagte, dass es ein diffuses Weltgericht etabliert hat, deren Prozesse und Urteile auf Glauben, Vermutungen, Opferanspruchsideologie und emotionalen Exzessen beruhen. Er schlussfolgt, dass es ein opfermoralisch begründbares Recht auf Hass und Verleumdung gebe und äußert sich wie folgt: „und nach Twitter-Art: ein neues Sofa-Richtertum.“
Der Chefredakteur der SZ entschuldigte sich hinterher für die Wortwahl von Helmut Mauró. Er erklärte, dass der Ausdruck „Opferanspruchsideologie“ auf Twitter im Allgemeinen und nicht auf Levit, ihn als Juden oder das Judentum im Besonderen bezogen war.
Was bedeutet Opferanspruchsideologie? Bedeutung, Erklärung, Definition
Von seinem Begriff her ist die Bedeutung des Wortes „Opferanspruchsideologie“ unklar. Der Begriff kann so interpretiert werden, dass ein Opfer Ansprüche erhebt bzw. dass Opfer Ansprüche erheben.
Die genaue Bedeutung des Wortes „Ideologie“ ist in dem Kontext unklar, da eine Ideologie eine Herrschaftsform ist bei der eine herrschende Klasse die Gesellschaft nach ihren Ansichten formt. Eine Ideologie erfordert Unterordnung der Bürger und wird durch staatliche Gewalt erzwungen. Demnach will jemand, der eine Ideologie verfolgt, eine Umordnung der Gesellschaft.
Wird nah am Begriff „Ideologie“ interpretiert, so will oder soll eine herrschende Klasse dafür sorgen, dass Opfer ihre Ansprüche erhalten?
Der Begriff „Opferanspruchsideologie“ ist vermutlich negativ konnotiert.
Opferanspruchsideologie: Interpretation und Bedeutung
Mit Bezug auf Twitter und im Kontext der ganzen Aussage von Helmut Mauró kann vermutet werden, dass dieser die Kultur von Twitter kritisierte, die Neigung zur Filterblase und den Umgang mit abweichenden Meinungen und kontroversen Personen, was zu Cyber-Mobbing oder einer Cancel Culture führen kann.
Da Igor Levit auf Twitter aktiv ist, könnte er auch Teil dieser „Opferanspruchsideologie“ sein.
Die Äußerung von Mauró kann als Victim Blaming bzw. Täter-Opfer-Umkehr interpretiert werden. Igor Levit wurde in der Vergangenheit wiederholt Opfer von Antisemitismus und äußert sich online dagegen. Ihm nun vorzuwerfen, dass dies Teil einer Opfer-Anspruchs-Ideologie sei, macht ihn damit zum Täter und negiert seinen Aktivismus.