Warum ist das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe? Erklärung, Geschichte

Warum ist das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, Erklärung, Geschichte


Als höchste deutsche Instanz der Judikative steht das Bundesverfassungsgericht immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Wenn wieder einmal über ein höchstes Urteil in Deutschland berichtet wird, geht damit auch immer die Frage einher, warum es denn gerade in Karlsruhe zu finden ist und in keiner der anderen Städte, die eine besondere Historie mit den Institutionen in Deutschland haben. Ein Sitz in Berlin, nahe der restlichen Politik, erscheint da da sinnvoller. Tatsächlich ist es vor allem eine pragmatische Nachkriegsentscheidung gewesen, die für diesen Sitz gesorgt hat. Inzwischen wird der Sitz in Karlsruhe aber auch als eine Art symbolische Trennung von den restlichen Institutionen Deutschlands ausgelegt.

Geschichte des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe

Dass die Auswahl für das oberste Gericht der neuen Bundesrepublik Deutschland gerade auf Karlsruhe gefallen ist, war am Ende natürlich kein Wunder – auch, wenn es bereits von Beginn an zu der einen oder anderen Kontroverse geführt hat. Es war vor allem die Teilung von Deutschland, die am Ende dafür sorgte, dass das Gericht in Karlsruhe landete. Leipzig als vorheriger Sitz der obersten deutschen Gerichte war nicht nur geschichtlich verbrannt, sondern nun auch Teil der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR. Entsprechend konnte man hier nicht an die historischen Fäden anschließen. Ähnliches galt für Berlin, das im Jahr 1950 noch in einem sehr unsicheren Zustand war, in dem niemand wusste, ob die Stadt in den nächsten Jahren noch nutzbar sein würde.

Den Ausschlag sollte schließlich die Vergabe des ursprünglichen obersten Gerichts der Bundesrepublik liefern. Nach einem langen Verfahren entschied man sich bei der Schaffung des Bundesgerichtshofes für Karlsruhe. Der Grund lag darin, dass die Stadt vergleichsweise wenig zerstört war, gute Wohnungen bot und darüber hinaus ein repräsentatives Gebäude anzubieten hatte. Damit konnte man sich gegen Köln, Hamburg, Frankfurt und andere Bewerber durchsetzen, die nur zu gerne das oberste Gericht der neu gegründeten Bundesrepublik in den eigenen Stadtgrenzen gehabt hätten.

Dass am Ende auch das Bundesverfassungsgericht in die Stadt einziehen sollte, in der bereits das andere oberste Gericht der Bundesrepublik zu finden ist, hatte schließlich Gründe, die aus reinem Pragmatismus geboren waren. Viele der Richter, die unbelastet agieren konnten, waren gleichzeitig Anwärter darauf, am Ende am Bundesverfassungsgericht zu agieren. Zudem kam auch hier dazu, dass die Richter mit ihren Familien schließlich in der Stadt leben würden – auch, wenn es in den Richtern in der Anfangszeit freigestellt war, ob sie wirklich umziehen wollten oder ihren Lebensmittelpunkt behalten wollten.

Erst im Prinz-Max-Palais angesiedelt und schließlich 1969 mit einem Neubau beglückt, wurde das Bundesverfassungsgericht schließlich zu der Karlsruher Institution und es wurde von den Karlsruher Urteilen gesprochen. Dabei wird oft ignoriert unter welch schwierigen Umständen Richter und Mitarbeiter in den ersten Jahren gewohnt haben, weil weder ausreichend Platz im Gebäude vorhanden war, noch die Wohnungen das boten, was die Gesetzgeber versprochen hatten. Die ersten zwanzig Jahre des obersten deutschen Gerichtes waren schwierig. Und es wurde noch schwieriger als sich die Wiedervereinigung andeutete.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nach der Wiedervereinigung

Nachdem DDR und BRD wieder zu einem Staat geworden waren, begann die Konsolidierung in der deutschen Bürokratie. Sämtliche Ministerien und staatlichen Stellen hatten sich in Bonn angesiedelt und selbst 30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist der Umzug von Bonn nach Berlin nicht völlig abgeschlossen. Die Flüge zwischen den beiden Städten für die obersten Beamten sind bis heute Normalität und es wird mit Sicherheit weitere 20 Jahre dauern, bis sich auch die letzten Institutionen in Berlin angesiedelt haben. Gerade bei der Debatte um das Bundesverfassungsgericht ging es auch oft um diesen Punkt. Warum umziehen, wenn all die anderen Verfassungsorgane, bisher auch nicht in der gleichen Stadt angesiedelt sind?

Inzwischen sind Bundestag, Bundesrat und Bundespräsident in der gleichen Stadt angekommen und Berlin ist die unumstrittene Hauptstadt des deutschen Staates. Es gab zwar einige Debatten darum, ob nun auch das oberste Gericht Deutschlands in die Hauptstadt umziehen sollte, bisher hat aber keine von diesen Diskussionen ernsthaft an Fahrt aufgenommen. Die Menschen haben sich damit arrangiert, dass die obersten deutschen Urteile aus der Stadt Karlsruhe kommen und es ist beinahe zu etwas wie einer Marke für das Bundesverfassungsgericht geworden. Gegner eines möglichen Umzugs würden sogar einwerfen, dass der Standort ein Vorteil ist.

Während die Legislative mit all ihren Institutionen in Berlin heimisch geworden ist, ist die räumliche Trennung zu der Judikative ein beinahe symbolischer Vorteil. Immer wieder kommt es vor, dass das Bundesverfassungsgericht die Entscheidungen des Gesetzgebers entweder in Frage stellt oder für falsch erklärt. Dass es dann auch noch von einem Gericht am anderen Ende des Landes ausgesprochen wird, verdeutlicht noch einmal, wie wichtig die Gewaltenteilung für den modernen deutschen Staat ist.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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