Stakeholder (wörtlich: Anteilshalter, übertragen: Teilhaber oder Anspruchsberechtigte) sind Einzelpersonen oder Gruppen, die am Ergebnis eines Projektes beteiligt sind. Die Betriebswirtschaftslehre nennt die Stakeholder eine Anspruchsgruppe. Stakeholder von Unternehmen sind finanziell involviert und daher am Gelingen interessiert. Doch der Begriff wird auch allgemein für Personen mit einer inneren Beteiligung an einem Prozess verwendet, so beispielsweise Kunden und Mitarbeiter eines Unternehmens oder Vereinsmitglieder.
Was bedeutet Stakeholder? Bedeutung, Definition, Erklärung
Die Theorie von Stakeholdern stammt aus den 1960er Jahren, doch sie hat lange Vorläufer in philosophischen Diskussionen zu Beziehungen zwischen Individuen und dem Wesen einer Zivilgesellschaft. Der Begriff Stakeholder tauchte erstmals 1963 am Stanford Research Institute auf. Danach entstanden dazu diverse Definitionen und Theorien. Diese haben so viele Aspekte, dass sich der englische Begriff Stakeholder im Grunde nicht adäquat ins Deutsche übersetzen lässt. Der Ausdruck, der ihm am nächsten kommt, wäre Anspruchsträger oder -berechtigte. Auch das deutsche Wort Interessengruppe kommt dem sehr nahe, was der Begriff Stakeholder meint. Dieser kann eng oder weit definiert werden. Eine ursprüngliche, eng gefasst Definition kam 1963 vom Stanford Research Institute: Es beschrieb Stakeholder als eine Gruppe von Personen, ohne deren Unterstützung ein Projekt nicht gelingen oder gar eine Organisation nicht existieren könne. Als Beteiligte an dieser Gruppe zählte das SRI diese Personenkreise auf:
- Shareholder (Inhaber und Anteilseigner des betreffenden Unternehmens)
- Kunden
- Mitarbeiter
- Lieferanten
- Gläubiger (Finanzierer)
Das SRI ging in seiner damaligen Definition davon aus, dass die Stakeholdern das Unternehmen einseitig beeinflussen. Nachfolgende Stakeholder-Theorien widersprechen diesem Ansatz: Demnach gibt es durchaus eine wechselseitige Beziehung zwischen dem Unternehmen (das nicht immer eine wirtschaftliche Organisation sein muss) und seinen Stakeholdern. Die Stakeholder sind somit eine Gruppe, die ihrerseits die Unternehmensziele beeinflusst, aber auch von den Unternehmenszielen selbst beeinflusst wird. Übertragen auf ein Wirtschaftsunternehmen hieße das:
- #1 Die Stakeholder haben einen Einfluss auf das Produktportfolio.
- #2 Eine Änderung des Produktportfolios, die möglicherweise die Unternehmensleitung im Alleingang beschließt, kann den Zuspruch oder die Ablehnung der Stakeholder bewirken, die ihre Haltung zur Organisation daraufhin ändern.
Auch der Kreis der Stakeholder wurde im Laufe der letzten Jahrzehnte erweitert. Wesentliche Gruppen sind demnach zusätzlich zu den oben genannten:
- Konkurrenten
- Behörden
- Gewerkschaften
- Medien
- kritische Interessengruppen
- Politiker
Wichtig für das Verständnis dieser Auffassung ist die Definition einer Interessengruppe. Diese besteht aus Personen, die untereinander nicht organisiert sind (wie es beim Interessenverband der Fall ist), sondern nur über ihr gemeinsames Interesse an der Sache verbunden sind. Dabei können sie die Sache (das Unternehmen) unterschiedlich positiv oder kritisch betrachten. Sie müssen sich nicht untereinander kennen. Das ist sogar der Standardfall bei Stakeholdern.
Stakeholder eines Unternehmens
Die Betriebswirtschaft kennt den Shareholder-Value-Ansatz, die Theorie von Stakeholdern erweitert diesen Ansatz und kann dessen Basis darstellen. Allerdings gibt es zwischen beiden Gruppen auch gewichtige Unterschiede. Shareholder müssen allein an den Gewinn eines Unternehmens denken, während Stakeholder dieses in seinem gesamten sozialökonomischen Kontext erfassen. Die Anspruchsgruppen der Stakeholder sind diverser. Sie betrachten ein Unternehmen nicht nur als gewinnbringend, obgleich sie die Notwendigkeit der Gewinnerzielungsabsicht einsehen, sondern auch als Versorger, Arbeitgeber und Akteur der Gesellschaft. Das Stakeholder-Relationship-Management (SRM) versucht dementsprechend, die Beziehungen des Unternehmens zu allen Anspruchsgruppen zu harmonisieren. Es soll dabei ein Anreiz-Beitrags-Gleichgewicht schaffen, welches endogene und exogene Unsicherheiten ausgleicht.
Endogene Unsicherheiten stammen von Lieferanten, dem Handel und den Konsumenten, exogene Unsicherheiten sind soziokulturell, juristisch, politisch, ökologisch und technologisch bedingt. Wie wichtig einzelne Stakeholder für das Unternehmen sind, unterscheidet sich zwischen einzelnen Firmen je nach deren Ausrichtung. Kunden und Mitarbeiter sind immer wichtig, Kapitalgeber kann es viele oder wenige geben. Manche Unternehmen wirtschaften gar nicht mit Fremdkapital, sodass diese Gruppe wegfällt.
Der Staat mit seinen Regularien spielt eine unterschiedlich große Rolle. Wenn ein produzierender Betrieb wichtige Umweltauflagen erfüllen muss, sind die Behörden für ihn als Stakeholder sehr bedeutsam. Die Medien können sich mehr oder weniger stark für eine Firma interessieren, die auch viele oder wenige Lieferanten haben kann. Das SRM muss die Betreuung der einzelnen Stakeholder-Gruppen angemessen berücksichtigen. Für diese Aufgabe gibt es unterschiedliche Konzepte, die schon länger wissenschaftlich untersucht werden.
Wichtige Publikationen lieferten die Autoren Freeman („Stakeholder Approach“, 1984), Agle, Mitchell und Wood mit ihrem geschlossenen Ansatz für die Identifikation und Priorisierung von Anspruchsgruppen (1997) sowie Rowley mit seiner Theorie sozialer Netzwerke (1997). Aus allen unterschiedlichen Betrachtungen geht hervor, dass das SRM stets die Macht von Anspruchsgruppen angemessen berücksichtigen muss. Das entspricht wiederum der Ressourcenabhängigkeitstheorie von Jeffrey Pfeffer et. al.
Stakeholder im Informationsmanagement
Das Informationsmanagement unterscheidet Key-Stakeholder sowie primäre und sekundäre Stakeholder. Diese Einteilung erfolgt nach ihrem jeweiligen Wirkungs- und Einflussgrad:
- Key-Stakeholder: hoher Wirkungsgrad bei geringem bis hohem Einflussgrad
- primäre Stakeholder: geringer Wirkungsgrad bei hohem Einflussgrad
- sekundäre Stakeholder: geringer Wirkungs- und Einflussgrad
Der Wirkungsgrad ist die Veränderung der Organisation durch den Einfluss eines Stakeholders. Der Einflussgrad ist die Möglichkeit des Stakeholders, überhaupt Einfluss zu nehmen. Beispiele wären die Kunden eines Unternehmens als Key-Stakeholder, deren Kaufverhalten natürlich eine maximale Wirkung erzeugt, wobei ein einzelner Kunde nur einen sehr geringen Einfluss hat, wenn das Unternehmen Massenprodukte produziert.
Sollte es aber Spezialmaschinen für wenige Kunden produzieren, ist der Einflussgrad eines einzelnen Großkunden hoch. Ein primärer Stakeholder ist das Finanzamt, das immer und jederzeit Einfluss nehmen, aber insgesamt die Wirkung eines Unternehmens, das sich steuerlich korrekt verhält, nur geringfügig beeinflussen kann. Sekundäre Stakeholder sind beispielsweise Journalisten, deren Rolle regelmäßig überschätzt wird.
Stakeholder in weiteren Systemen
Zwar wird der Begriff der Stakeholder gern auf Wirtschaftsunternehmen angewendet, doch es gibt sie auch in anderen Systemen. Bei der Entwicklung eines neuen Computersystems sind die Stakeholder
- Nutzer,
- Systementwickler,
- technische Lieferanten,
- Händler und
- Verfasser von Regelwerken für Computersysteme,
deren Interessen zu berücksichtigen sind. Die DIN 69901-5 bezeichnet diese Stakeholder als Projektbeteiligte. Die ISO 10006 definiert Stakeholder von Projekten als Personen, die von einem Projekt auf irgendeine Weise betroffen sind und daher ein Interesse an seinem Gelingen haben. Dabei sind aktive und passive Stakeholder zu unterscheiden. Die passive Gruppe sind die Nutzer, die aktive die Hersteller, Lieferanten und Händler. Die Verfasser von Regelwerken nehmen eine Zwitterstellung ein, weil sie nicht nur aktiv die Entwicklung solcher Projekte beeinflussen, sondern auch passiv auf technologische Entwicklungen und deren Regelungsbedürfnisse reagieren müssen.