Was ist Versyltung? Bedeutung, Erklärung, Definition

Was ist Versyltung, Bedeutung, Erklärung, Definition


Versyltung bedeutet, dass in beliebten Urlaubsregionen die Mieten steigen und bezahlbarer Wohnraum knapp(er) wird, so dass die einheimische Bevölkerung sich ein Leben in ihrer Heimat kaum noch leisten kann.

Was ist Versyltung? Bedeutung, Erklärung, Definition

Das Wort „Versyltung“ nimmt Bezug auf die intensive Bebauung auf der Insel Sylt, die im Zuge des Tourismus in den 1970er Jahren ihren Anfang nahm, Jahrzehnte lang anhielt und die Insel bis heute verändert hat. Wachstum war die Devise – ohne Rücksicht auf Natur und einheimischer Bevölkerung. Der Tourismus hat aber nicht nur optische Folgen, er schneidet gravierend in das Leben der Einheimischen ein. Einerseits profitieren die Einheimischen vom Tourismus und leben davon, andererseits müssen sie tatenlos mit ansehen, wie die Orte ihren Charakter verlieren.

Infolge der hohen Nachfrage stiegen auch die Grundstückspreise erheblich. So konnten nur noch Reicheauf der Insel Immobilien erwerben oder bauen. Bis heute stehen Ferienimmobilien, die sie selbst nutzen, die meiste Zeit des Jahres leer. Andere wiederum werden ausschließlich als Ferienimmobilien vermietet, sodass für die dort arbeitende Bevölkerung bezahlbarer Wohnraum immer knapper wird. Mieten und Grundstückspreise steigen rasant. Die Sylter sind gezwungen, auf dem Festland zu wohnen und für ihre Arbeit auf der Insel länger Anfahrten in Kauf zu nehmen.

Überall wird sichtbar, dass die Grenzen des Wachstums erreicht sind

Der Bauboom sorgt auch in anderen Küstengemeinden und auf der Insel Rügen für Widerstand, doch politisch können die Einheimischen dem Prozess wenig entgegensetzen. Alles steht unter dem Vorzeichen des Tourismus, denn Ferienwohnungs- und Immobilienbesitzer können mit hohen Einnahmen rechnen. Das lukrative Geschäft lässt die Zahl der Privatvermietungen rasant ansteigen. So fällt immer mehr Fläche der Bebauung zum Opfer und Naturschutzgebiete werden immer kleiner. Die Verstädterung der Küstenorte macht sie deutlich unattraktiver, doch es ist gerade die Natur, die Urlauber anzieht. Doch kann man den Bauboom stoppen, ohne den Tourismus zu gefährden?

Direkt oder indirekt lebt die gesamte Bevölkerung Rügens vom Tourismus. Doch gerade Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern werben mit der unberührten Natur und Vorteilen jenseits des Massentourismus. Zugleich sind sie auf dem besten Wege, genau das nicht mehr bieten zu können. Die Prozesse, die gerade stattfindenden, geschehen analog zu den Prozessen auf Sylt in den vergangenen Jahrzehnten. Denn die neuen Ferienwohnungen und Hotels müssen auch bewirtschaftet werden. Hierfür wird Personal benötigt, das in den Ferienorten wohnt. Doch Wohnraum für die „normale“ Bevölkerung wird immer knapper und teurer, da Immobilien nur noch von Investoren betrieben werden, die diese so teuer wie möglich verkaufen oder vermieten (wollen). Zugleich möchten private Investoren keinen bezahlbaren Wohnraum schaffen. Fachkräfte, die auf den Inseln arbeiten, würden sie gerne dort wohnen, doch sie können sich die Insel nicht mehr leisten.

Wie kann man der „Versyltung“ entgegenwirken?

Eine Möglichkeit, gegen den „Overtourismus“ anzugehen, wäre der sanfte Tourismus. Zunächst muss ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass durch die Bebauung der wunderschönen Küstenorte und Inseln mit Ferienhaussiedlungen in den Lebensraum für Mensch und Tier massiv eingegriffen wird. Die Ferienhausbebauung schafft zwar vordergründig Vorteile, doch langfristig werden ganze Regionen als Urlaubsgebiete unattraktiv und die Gäste werden ausbleiben.

Da die Gemeinden für die Bebauungspläne zuständig sind, ist es sehr schwer, ein einheitliches Konzept für eine ganze Ferienregion wie Mecklenburg-Vorpommern aufzustellen. Die Zahl der Neubau-Ferienhaussiedlungen müsste dringend begrenzt werden. Man könnte Eigentümern bestehender Häuser eine Frist setzen, in der die Immobilien frühestens weiterverkauft werden dürfen. Das macht sie für Investoren weniger attraktiv.

Eine Möglichkeit, dagegen zu steuern, wäre die Gründung eines kommunalen Liegenschaftsmanagement-Betriebes, der Neubaugebiete erschließt, bezahlbare Wohnungen anbietet und so Fachkräfte in die Gemeinden integriert. In Sellin auf Rügen hat man sich dazu entschlossen, keine Neulandgebiete zu Bebauung auszuweisen. Andere Gemeinden ziehen langsam nach.

Fazit: Was ist Versyltung?

Der Tourismus der vergangenen Jahrzehnte hat auf der Nordseeinsel Sylt zu erheblichen Veränderungen geführt, die sich besonders für die Einheimischen negativ auswirken. Nun drohen an vielen deutschen Küsten und Inseln, explizit an den beliebten Badeorten dort, ähnlich gravierende Folgen. Egal ob Ostsee oder Nordsee, Mecklenburg-Vorpommern oder Nordfriesland, die wichtige Rückzugsräume für Tiere sind bereits und werden weiter geschädigt. Auch die Insel Rügen ist vom Massentourismus betroffen und kann die hohe Zahl der Urlaubsgäste nicht mehr verkraften. In diesem Zusammenhang spricht man von „Versyltung“, die den meisten Inselbewohnern als Schreckgespenst vor Augen steht. Zugleich leben sie vom Tourismus, sitzen also zwischen zwei Stühlen.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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