Was ist Bushcraft? Bedeutung, Definition, Erklärung

Was ist Bushcraft, Bedeutung, Definition, Erklärung


Die Natur sinnvoll zu nutzen, kann auch heute eine Frage von Leben oder Tod sein

Was ist Bushcraft? Bedeutung, Definition, Erklärung

Der aus den englischen Wörtern „bush“ (Busch, Hinterland, Wildnis) und „craft“ (Fertigkeit, Handwerk, Können) zusammengesetzte Ausdruck „Bushcraft“ bezeichnet die Anwendung und Ausübung von Fähigkeiten sowie Erwerb und Entwicklung von Verständnis und Wissen, um sich über einen längeren Zeitraum in einer natürlichen Umgebung aufzuhalten und dort sicher und unbeschadet zu überleben. Die hierfür notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse beziehen sich vor allem auf die wichtigsten physiologischen Grundbedürfnisse des Menschen wie Nahrungssuche durch Fallenstellen, Fährtenlesen, Fischen und Jagen, Beschaffung, Aufbereitung und Reinigung von Trinkwasser sowie der Bau von temporären Unterkünften und Techniken zum Entzünden von Feuer.

Ebenso hilfreich und nützlich sind fundierte Kenntnisse in den Bereichen Knoten, Tauwerk und Zwirnen, Holzschnitzen sowie Medizin/Gesundheit und Navigation anhand der Gestirne. Als bekannteste Werkzeuge für Bushcraft gelten Äxte sowie Messer, die bei vielen der oben genannten Aktivitäten genutzt werden können.

Bushcraft: wichtige Skills und Fähigkeiten

  • Holz sammeln, besorgen, bearbeiten, hacken, verarbeiten und schnitzen
  • Feuerholz finden und identifizieren
  • Feuer machen (z.B. Feather Stick)
  • Nahrung sammeln
  • Feuerstelle / Kochstelle bauen (Pot Hanger)
  • Nahrung / Essen zubereiten / kochen
  • Wasser kochen mit Steinen
  • Nahrung haltbar machen / Nahrung aufbewahren (Verderben der Nahrung verlangsamen)
  • Unterkunft / Zelt bauen
  • Schlafstätte herrichten / bauen
  • sich warm halten / warm bleiben (besonders wichtig im Winter)
  • Schutz vor wilden Tieren
  • Steinbearbeitung / Feuersteinbearbeitung
  • Messer schärfen
  • Seile aus Pflanzenfasern herstellen –> Knotentechniken
  • Tiere jagen mit Fallen / Fallen bauen
  • Pech herstellen (Birke)
  • Birkensaft zapfen

Im historischen Australien wurden Europäer von gefährlicher Wildnis empfangen

Seinen eigentlichen geografischen und etymologischen Ursprung hat der Begriff Bushcraft im australischen Buschland („outback“), wo die europäischen Einwanderer und Siedler in der Pionierzeit im 18. und 19. Jahrhundert schnell lernen mussten, mit der vielerorts meist recht gefährlichen Fauna und Flora zurechtzukommen.

In lebensfeindlichen Regionen wie der nach ihrem charakteristischen roten Sand benannten und gut eine Million km² großen Halbwüste „Red Centre“ im heutigen Bundesterritorium „Northern Territory“, den ebenso heißen wie wasserarmen Wüsten in West- und Südaustralien sowie noch immer nur dünn besiedelten Gebieten wie der Nullarbor-Ebene, der Gebirgskette MacDonnell Ranges und den Great Western Woodlands war man damals ohne Wissen über Überlebenstechniken in kürzester Zeit dem sicheren Tod geweiht.

In der Tat kamen bei den ersten Expeditionen europäischer Entdecker durch das Zentrum des sog. „Fünften Kontinents“ zwischen den 1840er- und 1870er-Jahren mehrere Teilnehmer vorrangig durch Durst und Hunger sowie aufgrund der ungewohnten Umgebung nicht adäquaten Ausrüstung ums Leben.

Was der „Wilde Westen“ einst für die USA, war das „Outback“ früher für Australien

Um das Überleben der Menschen im Outback, der 1869 erstmals in einer Druckschrift als Ausdruck für Buschland oder Wildnis verwendet wurde, hat sich in Australien seither eine eigenständige Mythologie entwickelt: Die Geschichten von Aborigines, Bushrangern und den Gefahren durch Naturgewalten sowie wilde Tiere sind tief in der australischen Folklore verankert.

Je nach Lage im Land sowie Art der Überlieferung wurde und wird das Outback umgangssprachlich auch als „Back of beyond“ (Rückseite des Jenseits), Ort hinter dem „Black Stump“ (schwarzer Stumpf) und „Top End“ (Oberes Ende) bezeichnet. Deutlich wird der große Respekt vor dem Outback sowie dessen immense Bedeutung für Historie und Selbstverständnis Australiens auch an der ebenfalls noch geläufigen Bezeichnung „Never-Never-Land“, die erstmals 1884 in einer Reisebeschreibung über North Queensland sowie 1891 auch in dem Gedicht „Where the Dead Men Lie“ (Wo die toten Männer liegen) des australischen Dichters Barcroft Boake (1866-1892) auftauchte.

Auch im damaligen Südafrika spielte das Überleben im Busch eine wichtige Rolle

Der Ausdruck Bushcraft wird in seiner heutigen Bedeutung jedoch nicht nur in Australien, sondern auch in Südafrika schon mindestens seit Beginn des 19. Jahrhunderts verwendet. Busch in diesem Sinne ist wahrscheinlich eine direkte Übernahme des niederländischen Wortes „bosch“ bzw. „bos“, das in den damaligen niederländischen Kolonien ursprünglich für ausgedehnte Waldgebiete und mit natürlichen Gehölzen bewachsenes Land verwendet wurde. Von diesen Gegenden breitete sich der Begriff dann sukzessive auf die britischen Kolonien aus, wo der Gebrauch sich dort auf nicht gerodete oder bewirtschaftete Gebiete in noch natürlichem Zustand ausdehnte und später als Begriff für das Land im Gegensatz zur Stadt oft Verwendung fand.

Im südlichen Afrika leitet sich der Begriff „Buschmann“ von „boschjesman“ ab, den die Niederländer auf die im Busch lebenden Eingeborenen sowie Ureinwohner anwendeten. In Nordamerika, wo ebenfalls eine beträchtliche Kolonisierung durch die Niederlande stattfand, gibt es noch heute das Wort „bushwacker“ für Förster und Waldhüter, welches eng mit dem niederländischen Ausdruck „bosch-wachter/boswachter“ verwandt ist.

„Bushcraft“ hat sich als stolzes nationales Erbe bis heute in Australien erhalten

Im gesamten 19. sowie frühen 20. Jahrhundert wurde der Begriff Bushcraft in zahlreichen Büchern zeitgenössischer Autoren und Autorinnen als Ausdruck für die damit verbundenen Fähigkeiten genutzt und gepriesen. U. a. Francis Galton (1854), Ernest Favenc (1888), Miles Franklin (1901), A. G. Hales (1901) sowie Jeannie Gunn (1908) und Ernest Scott (1914) beschrieben Bushcraft als erstrebenswertes und unverzichtbares Wissen, um in der zu dieser Zeit noch weitgehend ungezähmten und unberechenbaren Natur Australiens sowie Südafrikas zu überleben.

Obwohl der Ausbau der Infrastruktur sowie Schienen- und Straßenverbindungen nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg sowohl dem australischen Outback als auch dem südafrikanischen Buschland viel von seinem einstigen Schrecken nahm, blieb doch der Begriff Bushcraft fest im kollektiven Bewusstsein der Gesellschaften verhaftet. In Australien gelangte etwa der im Jahr 1946 geborene Major und Kriegsveteran Leslie James Hiddins als „The Bush Tucker Man“ durch die gleichnamige Fernsehserie zwischen 1988 und 2006 zu einiger Berühmtheit.

Ein Armeemajor würdigte mit seiner Arbeit das umfassende Wissen der Aborigines

Hiddins, der als Soldat zwischen 1966 und 1968 Einsätze in Vietnam absolvierte und 1980 mit einem Stipendium des Verteidigungsministeriums das Überleben in Nordaustralien erforschte, ist der Hauptautor des 1987 erschienenen militärischen Überlebenshandbuchs der australischen Armee. Nach seiner Pensionierung 1989 diente er bis 2001 weiterhin in der Reserve und arbeitet seither eng mit indigenen Gemeinschaften im Norden Australiens zusammen.

Im Rahmen dieser Tätigkeit lernte Hiddins von den Aborigines die sog. Busch- oder auch Kakadu-Pflaume (Terminalia ferdinandiana) kennen, deren Früchte die höchste bekannte Vitamin-C-Konzentration aller natürlichen Substanzen der Erde aufweisen. Auch seinen Künstlernamen „Bush Tucker“ verdankt der mehrfach für große Verdienste um den Erhalt und die Weitergabe von uraltem Wissen der Aborigines ausgezeichnete TV-Star den Eingeborenen.

Als „Bush Tucker“ oder „Bush Food“ (Buschessen) wird in „Down Under“ die Nutzung exklusiv einheimischer Fauna und Flora bezeichnet, die sowohl für die traditionelle Küche der Aborigines als auch diejenige der ersten britischen Siedler in der Pionierzeit typisch war bzw. ist.

Die Rückkehr vergessener Lebensmittel hat die neue australische Küche bereichert

Die australischen Ureinwohner ernähren sich schon seit ca. 60.000 Jahren von ca. 5.000 Arten tierischer und pflanzlicher Lebensmittel, für die sie diverse geschickte traditionelle Verarbeitungs- und Kochmethoden entwickelt haben, um diese genießbar zu machen. Zu diesen zählen speziell das Garen und Grillen über offenem Feuer, das langsame Kochen in Gefäßen aus Baumrinde und das Wässern von Gemüse und Samen.

Bush Tucker war damals zwar eine willkommene Nahrungsquelle für die britischen Siedler und ergänzte oft deren mageren Rationen. Viele der Kolonisten, die mit der Nahrung des neuen Landes nicht vertraut waren, hielten Bush Food jedoch für minderwertig und zogen im Allgemeinen vertraute Nahrungsmittel aus ihrer Heimat vor. Mit Ausnahme der Macadamianuss, die in Australien schon in den 1880er-Jahren in geringem Umfang kommerziell angebaut wurde, dauerte es noch bis in die 1970er-Jahre, dass einheimische Nahrungsmittel langsam wieder entdeckt und kommerziell produziert wurden. Leslie James Hiddins hat mit seinen populären Fernsehsendungen also auch dafür gesorgt, dass Kängurufleisch heute wegen seines Nährwerts sehr geschätzt wird und sich auch andere Zutaten der Aborigines wie Aal, Krebs, Emu und Krokodil sowie tasmanischer Pfeffer, Buschtomaten und Quandong-Pflaumen in der modernen australischen Küche des 21. Jahrhunderts finden lassen.

Vor allem Tipps für das Überleben in Wäldern interessieren und begeistern die Leser

Auch anderenorts haben verschiedene Autoren, die sich in ihren Büchern, Ratgebern und TV-Sendungen vornehmlich mit dem Aufenthalt und Überleben in der Natur beschäftigen, den Begriff Bushcraft bekannt gemacht. Anders als in Australien werden jedoch in Europa und Nordamerika stattdessen auch häufig die ebenfalls englischen Ausdrücke „Survival“ (Überleben), „Wilderness Skills“ (Wildniswissen) der „Woodcraft“ (Waldwissen) verwendet. In Großbritannien genießt besonders der Autor, Ausbilder, Geschäftsmann, Holzfäller und TV-Moderator Paul Mears durch seine Fernsehauftritte zu den Themen Bushcraft sowie Überlebenstechniken einige Bekanntheit.

In Kanada stand der aus einst Polen stammende Autor, Ausbilder und Naturforscher Mors Kochanski (1940-2019) seit den frühen 1970er-Jahren als Verfasser des Bestsellers „Northern Bushcraft“ mit zahlreichen Überlebenstipps für die dichten Wälder des Landes im Mittelpunkt des diesbezüglichen Interesses. Noch in Kanada beruflich tätig ist der Autor, Überlebens-Experte, Filmemacher und Kameramann sowie Produzent, Regisseur und Moderator Les Stroud, der zwischen 2005 und 2016 mit seiner Fernsehserie „Survivorman“ landesweit bekannt wurde.

Ein eifriger Hamburger Konditor brachte vielen Bundesbürgern Bushcraft bei

In den USA genießen die TV-Moderatoren von Survival-Serien und Überlebenslehrer Cody Lundin sowie David Michael Canterbury, die beide bei „Dual Survival“ auf dem „Discovery Channel“ mitwirkten und jeweils mehrere Bücher über „Bushcraft“ verfassten, viel Ansehen als einschlägige Experten. In ihren Sendungen präsentierten sie zusammen verschiedene Überlebenstechniken wie das Ausbrennen von Schnittwunden mit Feuer und Schießpulver und empfahlen den Zuschauern nützliche Geräte sowie Gegenstände für Aufenthalte in der Wildnis.

In Deutschland sowie im deutschsprachigen Raum gebührt dem Aktivisten für Menschenrechte und Survival-Experten Rüdiger „Sir Vival“ Nehberg (1935-2020) auch noch postum der Titel des zweifellos hierzulande bekanntesten Befürworters und Förderers von Bushcraft. Nehberg reiste bereits als junger Mann zu Fuß und/oder mit dem Fahrrad in gefährliche Weltgegenden, marschierte 1981 ohne jeglichen Proviant durch Deutschland und machte sich mit riskanten Atlantiküberfahrten mit Bambusfloß, Tretboot und Trimaran weltweit einen Namen.

Er engagierte sich auch unermüdlich gegen die barbarische Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung in der islamischen Welt und für den Erhalt des Volks der Yanomami in Südamerika. Diesem selbstlosen, aber stets selbstbewussten Pionier ist es letztlich zu verdanken, dass Bushcraft, Survivaltraining und Überlebenskunst auch in Deutschland an Beachtung gewonnen haben sowie heutzutage in der Erlebnispädagogik und Mitarbeiterschulung sowie beim „Team Buidling“ intensiv eingesetzt werden.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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