Symbolpolitik beruht auf Gesten, entfaltet aber nach landläufiger Meinung nur wenig faktische Wirkung. Die konkrete Situation soll sie in der Regel nicht verändern, was allerdings als Fakt umstritten ist. Dennoch kann sie starke Reaktionen hervorrufen.
Was ist Symbolpolitik? Bedeutung, Definition, Erklärung
Symbolpolitik unterscheidet sich von der faktischen Politik durch ihre starken Zeichen mithilfe von Bildern, Worten und Gesten. Sie kann mit vergleichsweise kleinem Aufwand einen großen und lange anhaltenden medialen Effekt erzielen. Einige Gesten der Symbolpolitik wie der Warschauer Kniefall von Willy Brandt (siehe weiter unten) sind bis heute (2021) fest im öffentlichen Gedächtnis verankert.
Die Effekte von Symbolpolitik können positiv und negativ ausfallen. Wichtig sind die Symbole selbst, die in den Vordergrund gerückt werden, während faktische Politik oft auf solche Symbole und sogar auf mediale Aufmerksamkeit verzichtet. So werden komplexe Handelsverträge oft viele Jahre lang im Stillen ausgehandelt, bis die Öffentlichkeit in einer dürren Mitteilung die Tatsache ihrer Ratifizierung erfährt. Dabei können solche Verträge unser Leben sehr nachhaltig verändern. Allerdings erhalten manchmal auch Aktionen der faktischen Politik eine große, mit Symbolen aufgeladene Aufmerksamkeit. Daher ist es nicht ganz korrekt, die Symbolpolitik vollkommen losgelöst von faktischen politischen Entscheidungen zu betrachten. Nur kann es vorkommen, dass die Symbole einen irreführenden Eindruck erzeugen, was in der Regel gewollt ist.
Ein jüngeres Beispiel für diese Verquickung ist der zweite Irakkrieg der USA ab 2003, der offiziell mit dem Kampf gegen den Terror (nach den Terroranschlägen des 11. September 2001) begründet wurde, in Wahrheit aber vermutlich wirtschaftlichen Interessen diente. Die Begründung eines Krieges gegen den Terror (O-Ton Bush jr.: „Kreuzzug gegen das Böse“) war ein sehr starkes Symbol, doch die USA unter Georges W. Bush hatten nichts anderes vor, als ihre wirtschaftliche Einflusssphäre im ölreichen Irak zu sichern. Daher ist es angebracht, als Symbolpolitik jede Politik zu bezeichnen, die sich über stärkste Symbole begründet. Allerdings nimmt die Öffentlichkeit als semantischen Kontext überwiegend wahr, dass eine Symbolpolitik diejenige Politik sei, die außer Symbolen nichts produziert.
Prominente Beispiele für Symbolpolitik
- Warschauer Kniefall von Willy Brandt: Der deutsche Bundeskanzler kniete 1970 während eines offiziellen Amtsbesuches in Warschau vor dem Ehrenmal für die Opfer des Warschauer Ghettos nieder. Damit bat er stillschweigend das polnische Volk um Vergebung für deutsche Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs im Nachbarland. Diese Geste wurde einheitlich, international und historisch stets positiv gewürdigt. Die faktischen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen wurden und werden allerdings in Verträgen ausgehandelt.
- Rücktritte (Demissionen) und Entlassungen von Politikern, Managern oder auch Trainern ordnet man oft als Symbolpolitik ein. In der Bundesliga ist das sehr oft zu besichtigen: Die Mannschaft hat mehrfach hintereinander verloren, der Trainer muss gehen oder geht (seltener) freiwillig. Dabei leuchtet auch Laien ein, dass die Schwäche einer Fußballmannschaft ganz sicher nicht nur etwas mit dem Trainer zu tun hat. So verpflichtete der FC Schalke 04 in der Saison 2020/2021 mit Stand März 2021 bereits den fünften Trainer (aktuell: Dimitrios Grammozis, Griechenland). Ob das die Mannschaft vor dem Abstieg bewahrt, wagt die Fußballwelt zu bezweifeln.
- Die Dieselfahrverbote in einigen deutschen Städten (so in Hamburg) galten und gelten als reine Symbolpolitik. Oft wird den Dieselfahrzeugen nur das Befahren von einigen Hundert Metern Straße verboten. Jedermann leuchtet ein, dass sich damit die Abgasbelastung kaum signifikant verändern kann.
- Der Klimaschutz wird wie kaum ein anderer Bereich durch Symbolpolitik geprägt. Dazu gehört etwa das Verbot von Einkaufstragetaschen aus Plastik. Ihr Anteil am Gesamtplastikaufkommen ist marginal, er liegt im niedrigsten einstelligen Prozentbereich. Papiertüten sind nur umweltfreundlich, wenn sie sehr oft benutzt werden, denn ihre Herstellung verbraucht erhebliche Ressourcen. Da aber jeder Mensch einkaufen geht, wird er nun ständig an diese Aktion der Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) erinnert, die damit erfolgreiche Symbolpolitik betrieb. Die wahren Umweltsünder greift die Politikerin kaum an.
- In vielen europäischen Staaten, vor allem in den Niederlanden, werden Burkaverbote als blanke Symbolpolitik kritisiert. Konkret tragen in den Niederlanden (über 17 Millionen Einwohner) maximal 400 Frauen die Burka regelmäßig, wie „De Volksgrant“ ermitteln konnte.
- Ein Verbot der NPD, das zuletzt 2017 vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterte (nach einem ersten gescheiterten Versuch im Jahr 2003), wäre nach Auffassung von Politikwissenschaftlern reinste Symbolpolitik. Nach Auffassung der Verfassungsrichter ist die NPD zwar verfassungsfeindlich, aber im politischen Geschehen der Bundesrepublik so unbedeutend, dass ein Verbot als unbegründet gilt. Die Initiatoren solcher Verbotsanträge – zuletzt deutsche Landespolitiker – wollen mit solchen Anträgen ein symbolisches Zeichen senden.