Was ist der Lake-Wobegon-Effekt? Erklärung, Bedeutung, Definition

Was ist der Lake-Wobegon-Effekt, Erklärung, Bedeutung, Definition


Lake Wobegon ist eine Fantasiestadt des Schriftstellers Garrison Keillor. Sie liegt im mittleren Westen der USA und zeichnet sich dadurch aus, dass hier scheinbar alles perfekt ist. In den Augen der Bewohner gibt es in der Stadt nur starke Frauen, sehr attraktive Männer und hochbegabte Kinder. Die Situation ist unrealistisch übertrieben, hat aber einiges mit der menschlichen Natur gemeinsam. Die Psychologie bedient sich des Namens Lake Wobegon, wenn sie vom Phänomen der Selbstüberschätzung bzw. der selbstwertdienlichen Verzerrung spricht. Sie nennt es Lake-Wobegon-Effekt.

Wie äußert sich der Lake-Wobegon-Effekt?

Man spricht vom Lake-Wobegon-Effekt sprechen, wenn ein einzelner Mensch oder die Mehrheit der Menschen in einem Land bestimmte persönliche Fähigkeiten für überdurchschnittlich gut halten. Die Fähigkeiten können alle Lebensbereiche betreffen, beispielsweise das Autofahren, aber auch die medizinische Gesundheitsvorsorge oder das Verhalten am Arbeitsplatz. Die Verzerrung dient dazu, den eigenen Selbstwert zu erhöhen. Männer neigen stärker zum Lake-Wobegon-Effekt als Frauen, was vermutlich an der unterschiedlichen Sozialisierung liegt. Mädchen werden auch heute noch eher dazu erzogen, bescheiden und zurückhaltend zu sein. Erst langsam ändert sich das Bild.

Der Lake-Wobegon-Effekt am Arbeitsplatz: Menschen, die den Lake-Wobegon-Effekt an den Tag legen, sind davon überzeugt, dass sie bessere Ideen haben als ihre Kollegen, die einzigen sind, die wirklich arbeiten oder alleinige Führungskompetenz besitzen. Sie glauben, perfekt und fehlerfrei zu sein und sind permanent bestrebt, ihr idealisiertes Selbstbild aufrechtzuerhalten. Dass sie im Grunde ihres Herzens sehr unsicher sind, nutzen Sie jede Gelegenheit zur Selbstdarstellung. Der Lake-Wobegon-Effekt hat große Ähnlichkeit mit dem Dunning-Kruger-Effekt. Auch diese Menschen haben eine sehr hohe Meinung von sich und halten sich für Experten, obwohl sie lediglich über Halbwissen verfügen. Zusätzlich fehlt ihnen die Fähigkeit, ihre Inkompetenz wahrzunehmen, sodass sie nichts an ihrem Zustand verändern können.

Ist der Lake-Wobegon-Effekt in manchen Ländern häufiger zu finden?

In Studien fanden Psychologen heraus, dass der Lake-Wobegon-Effekt unter Amerikanern besonders stark verbreitet ist. Demnach sind US-amerikanische Bürger viel stärker als Deutsche davon überzeugt, produktiver zu sein als ihre Kollegen. Allerdings stimmt das Selbstbild mit der Realität selten überein. Möglicherweise hat diese unrealistische Selbsteinschätzung etwas mit dem „amerikanischen Traum“ zu tun, der für viele Amerikaner immer noch ein Mantra ist. Das Selbstbewusstsein speist sich auch aus der Vorstellung, dass die USA eine unangefochtene Weltmacht ist. Auch wir Deutschen tragen eine Art von Selbstüberschätzung mit uns herum, beispielsweise die, dass wir produktiver seien als die Mittelmeerländer, allen voran Griechenland. Auswertungen zeigen jedoch, dass die Griechen ca. 500 Stunden mehr pro Jahr arbeiten als die Deutschen. Wie produktiv Griechen sind, lässt sich daraus allerdings nicht ableiten.

Die unangenehmen Seiten der Selbstüberschätzung: Menschen, die an Selbstüberschätzung leiden, werten andere schnell ab, denn in ihren Gedanken existieren nur zwei Extreme, es gibt kaum Zwischenstufen. Sie neigen zu Belehrungen und präsentieren ihre Überzeugung häufig arrogant. Wohl jeder von uns hatte schon einmal mit inkompetenten Menschen zu tun. Handelt es sich dabei um Vorgesetzte, ist die Zusammenarbeit besonders schwierig. Wenn die betreffenden Personen vielleicht sogar an Größenwahn leiden, ist die Arbeit eine einzige Belastung.

Der Lake-Wobegon-Effekt hat auch positive Seiten

Der Lake-Wobegon-Effekt kann aber auch dazu führen, dass wir uns in einer unsicheren Situation sicherer fühlen. Selbstsicheres Auftreten kann im Bewerbungsgespräch der entscheidende Faktor sein, dass wir den Job bekommen und im Verkauf die Umsätze eines Unternehmens steigern.

Den Lake-Wobegon-Effekt unternehmerisch nutzen: Gerade US-amerikanische Firmen nutzen den Effekt, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Teams zu verbessern. Das zeigt sich beispielsweise im Google-Konzern. Das Unternehmen setzt ein dem Lake-Wobegon-Effekt ähnliches Konzept für seine Personalbeschaffung ein. Google stellt nur Bewerber ein, deren Fähigkeiten den Durchschnitt der Angestellten übertreffen. Das führt mittel- und langfristig zu einer Verbesserung der Qualifikation aller Mitarbeitenden.

Der Lake-Wobegon-Effekt kann sich auch in einem mangelhaften Risikomanagement zeigen. Wenn man Erfolge nur den eigenen Fähigkeiten zuschreibt, Misserfolge jedoch stets an äußerlichen Ursachen festmacht, ist das für ein Unternehmen gefährlich. Immer noch sind viele Firmen davon überzeugt, dass bei ihnen alles gut funktioniert und sie nicht von Risiken bedroht werden. Blickt man genauer hin, stellt sich heraus, dass in der Geschäftsleitung ein Defizit an Risikointelligenz besteht. Wird die Unternehmensleitung tatsächlich mit einem nicht einkalkulierten Risiko konfrontiert, kann die ganze Existenz gefährdet sein. Gutes Risikomanagement beschäftigt sich mit unvorhersehbaren Szenarien in der Zukunft, um genau das zu vermeiden.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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