Die Regnose, noch verständlicher auch als Re-Gnose bezeichnet, ist die rückschauende Betrachtung der Gegenwart aus dem Blickwinkel der Zukunft. Der Begriff existiert an sich, doch populär wurde er ab 2020 durch den deutschen Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx (*1955).
Der Unterschied zwischen Regnose und Prognose
Diesen Unterschied hat Matthias Horx mit seiner Publikation „Im Rausch des Positiven“ vom Frühjahr 2020 verdeutlicht. Er bezog sich auf einen Rückblick auf den Ausbruch der Coronakrise, den wir ein gutes Jahr später (vielleicht Ende 2021) vornehmen würden. Bekanntlich ist es mit Stand Oktober 2021 für so einen Rückblick noch zu früh, was Horx zum Zeitpunkt seines Textes nicht wissen konnte. Mit seiner Sprachgewalt ging der Text dennoch viral. Er beschreibt die Regnose als Wandel durch Bewusstsein, indem wir geistig ins Morgen springen, auf das Gestern zurückblicken und uns fragen, auf welchem Weg wir den morgigen Standpunkt erreichen konnten, was sich also auf unserem Weg alles geändert hat. Das ist natürlich ein Unterschied zur Prognose, die sich ja fragt, wie das Morgen selbst wohl beschaffen sein könnte. Diese Frage stellt die Regnose ausdrücklich nicht.
Welchen Zweck erfüllt die Regnose?
Sie verschafft uns ein Verständnis dafür, dass unsere Zukunft nicht einfach auf uns zukommt, ohne dass wir etwas daran ändern könnten, sondern dass wir mit unseren Entscheidungen, Handlungen und inneren Einstellungen die Zukunft selbst formen. Mithilfe der Regnose treten wir mithin zu unserer Zukunft in eine mehr oder weniger produktive Beziehung. Der Gedanke hat eine gewisse Magie, jedoch ist er genau genommen sehr realistisch und überdies sehr zweckmäßig, weil er uns auf Handlungsoptionen verweist.
Mit einer bloßen Prognose konstruieren wir nur eine Zukunft aus der gegenwärtigen Perspektive und imaginieren sie aus einer gefühlsbeladenen Projektionsposition, in welcher Ängste sehr bedeutsam sein können. Beim Ausbruch der Coronapandemie spielten diese eine überragende Rolle. Für die Zukunft gab es fast nur dystopische (furchtbeladene, negative) Bilder. Die Regnose hingegen kann uns in eine positive Zukunft hineinversetzen, in der „alles überstanden“ ist. Es steht uns natürlich frei, so positiv oder lieber doch dystopisch zu denken.
Wieso kann eine Regnose positiv wirken?
Unser Zukunftssinn ist von Natur aus eher pessimistisch beschaffen. Das hat sich möglicherweise in unserer Genese als zweckmäßig erwiesen, denn es ist durchaus praktisch, Gefahren und Probleme zu antizipieren, um sich angemessen auf sie vorzubereiten. Es bedeutet ja nicht, dass wir nicht auch zum Optimismus und dem Schmieden von Plänen fähig sind, doch wenn wir ehrlich in uns hineinhorchen, entdecken wir für die Zukunft jede Menge scheinbar unüberwindbarer Barrieren. Möglicherweise trennt uns vor unserer Zukunft sogar eine Angstbarriere.
Science-Fiction-Dramen greifen diese Eigenart unseres Gehirns gern auf und stellen Horrorzukünfte dar. Das verkauft sich zwar gut, doch es kann unsere Tatkraft hemmen. Mithilfe einer positiv beladenen Regnose hingegen können wir eine Erkenntnisschleife bilden, die zu einer positiven Zukunft und einem verklärenden Rückblick auf das Jetzt führt, weil wir unseren inneren Wandel und unsere tatkräftigen Handlungen in die Zukunftsrechnung mit einbeziehen dürfen. Nach so einer Regnose, die nur ein wenig Fantasie erfordert, stehen wir innerlich mit unserer Zukunft in Verbindung, haben zu ihr eine Brücke geschlagen und damit ein „Future Mind“ geschaffen, also eine Zukunftsbewusstheit. Zu dieser gehört auch die Zukunftsintelligenz. Wir antizipieren äußere Geschehnisse und gleichzeitig unsere inneren Adaptionen, welche uns in Zukunft auf diese Geschehnisse reagieren lassen. Dass wir adaptieren und reagieren können, wissen wir schon jetzt, denn es resultiert aus unserer Erfahrung: Wir haben schon immer adaptiert und reagiert, warum sollten wir es künftig anders halten? Auf diese Weise entsteht mit der Regnose ein positives Gefühl, wenn wir nur an unseren Adaptions- und Reaktionsfähigkeit sowie an unsere künftige Tatkraft (und die unserer Mitmenschen) glauben können. Eine Regnose ist übrigens deutlich weniger apodiktisch als eine Prognose, die behauptet: So und so werden sich die Dinge voraussichtlich entwickeln. Das wirkt steril und kann bei schlechten Umständen in der Gegenwart in der Tat eine Angststarre auslösen, von der uns die Regnose wieder befreit.
Wer ist Matthias Horx?
Horx bezeichnet sich als Publizist und Trendforscher, er ist gegenwärtig (2021) als Unternehmer tätig. Nach einem begonnenen, aber nicht vollendeten Soziologiestudium wurde er zunächst Journalist und Autor, ab 1993 dann mit dem Hamburger Trendbüro Unternehmer.
1998 gründete er das Frankfurter Zukunftsinstitut mit einer Zweigstelle in Wien. Er ist nach wie vor als Publizist tätig und lebt inzwischen in Wien. Als sein Lebensprojekt betrachtet er die Weiterentwicklung der ab den 1960-Jahren entstandenen „Futurologie“, die er zur Beratungsdisziplin für Unternehmer und Politiker gemacht hat. Die bekannte Prognostik integriert er in ein System von Kognitions-, Sozial- und Evolutionswissenschaften. Zu diesem Standpunkt gelangte Horx erst im Verlaufe seine jahrzehntelangen publizistischen Tätigkeit.
In früheren Jahren war er mit anderen Themen (auch politischen) befasst. Seit den 1990er-Jahren erforscht er Trends und schreibt darüber, berät dazu und hält Vorträge. Es geht ihm um die frühzeitige Erkennung von Entwicklungen, um diese politisch und wirtschaftlich nutzen zu können.
Unter anderem interessieren ihn der demografische Wandel, die Zukunft der Arbeitswelt und der Wertewandel in unserem Konsum-, Bildungs- und Freizeitverhalten. Eine seiner Kernthesen lautet, dass sich die bekannten Märkte zusehends in sogenannte Sinnmärkte verwandeln. Des Weiteren prognostiziert er die Urbanisierung des Dorfes (sogenannte „progressive Provinz“). Er irrte sich auch schon. So glaubte er 2001, dass sich das Internet nicht als Massenmedium durchsetzen werde und dass der E-Commerce wegen einer Verstopfung von Städten mit Lieferdiensten (falls es einen großen Aufschwung gäbe) praktisch nicht handhabbar sei.
Im Jahr 2010 äußerte er, dass über das Social Network Facebook etwa ab 2016 niemand mehr reden werde. Zu seinen eigenen Fehlprognosen nimmt er durchaus selbstkritisch Stellung. Auch zu politischen Themen hat er sich in jüngster Zeit wieder geäußert. Er glaubt an die Radikalisierung von Systemkritikern, womit er Recht behielt (Kritiker der Flüchtlings- und Coronapolitik), allerdings glaubt er, dass die dann radikalisierten Bewegungen letzten Endes scheitern werden. In seinen jüngsten Schriften seit den 2010er-Jahren äußerte er sich zu Megatrends, dem klugen Umgang mit der Zukunft, künftigen Familien- und Partnerschaftsmodellen, dem visionären Leben und zur Gesellschaft nach Corona. Der Erfolg des Trendforschers Matthias Horx erklärt sich aus unserem sehr dringenden Bedürfnis, innerhalb einer zunehmend fragmentierten Welt unsere Zukunft planen zu können.