Was bedeutet Transracial? Was ist eine Transracial Identity? Bedeutung, Definition, Erklärung

Was bedeutet Transracial, Was ist eine Transracial Identity, Bedeutung, Definition, Erklärung


Transracial lässt sich mit „transrassisch“ übersetzen. Wer eine Transracial Identity annimmt, ordnet sich selbst einer anderen Rasse zu als derjenigen, aus der er/sie nach anerkannten Abstammungsregeln in Wahrheit stammt. Dahinter stecken oft politische Motive.

Was bedeutet Transracial? Was ist eine Transracial Identity? Bedeutung, Definition, Erklärung

Die feministische, mit philosophischen Themen befasste Zeitschrift Hypatia veröffentlichte im April 2017 eine wissenschaftliche Arbeit, welche die Anerkennung der Transracial Identity forderte, wenn eine Person sich diese gegeben hat. Die Autorinnen zogen eine Parallele zu Transgenderpersönlichkeiten, denen man ebenfalls das selbst gewählte Geschlecht zugestehen solle. Diese Veröffentlichung wurde sehr kontrovers aufgenommen. Das Thema war aber schon vorher bekannt.

Unter anderem hatte es der Soziologieprofessor Rogers Brubaker 2016 in seiner Publikation „Trans: Gender & Race – Age of Unsettled-Identities“ aufgegriffen. Er argumentierte, dass die betreffenden Personen sich real dem anderen Geschlecht oder einer anderen Rasse zugehörig fühlen, wenngleich das Phänomen in der Gesellschaft überwiegend als anstößig empfunden werde. Prof. Brubaker zitierte auch viele Beispiele aus der Geschichte, um zu belegen, dass es beide Phänomene schon immer gab.

Allerdings wurde der Begriff „transracial“ im Verlauf des 20. Jahrhunderts zunächst in einem anderen Kontext verwendet, nämlich für Eltern, die ein Kind adoptierten, das einer anderen Rasse entstammte. Es gibt in den USA eine gemeinnützige transrassische Adoptionsgemeinschaft, die solche Adoptionen unterstützt. Deren Mitglieder kritisierten die sich wandelnde Begriffsbedeutung der Transracial Identity für Menschen, die sich einer anderen Rasse zugehörig fühlen. Der Direktor der Gesellschaft Kevin H. Vollmers sprach von einer Begriffsaneignung, die für die Betroffenen solcher Adoptionen ein „Schlag ins Gesicht“ sei.

Im Juni 2015 positionierten sich rund 25 transrassische Adoptierte, ihre Adoptiveltern und Akademiker in einem offenen Brief zu diesem Thema. Sie nannten die neue Verwendung von „Transracial Identity“ ahistorisch, irreführend und gefährlich. Der Autor Braden Hill, der selbst zu den australischen Aborigines gehört und an der Edith Cowan University unterrichtet, merkte zum Thema an, dass es zwischen Transgenderpersönlichkeiten und der Transracial Identity große Unterschiede gebe.

Beispiele für die Transracial Identity

  • Rachel Dolezal, leitetende Persönlichkeit der Farbigenorganisation NAACP, identifizierte sich als afroamerikanische Frau, obgleich ihre beiden Eltern weiß sind. Ihr wurde geglaubt, denn sonst hätte sie die Position in der NAACP nicht bekommen. Diesem Fall widmen wir noch einen eigenen Abschnitt, weil er großes Medieninteresse erzeugte.
  • Der Brite Grey Owl identifizierte sich als Indigener und widmete sich dem Naturschutz. Er war Weißer, was seine Frau posthum offenbarte.
  • Die Mitglieder des Moorish Science-Temple of America erklären eine symbolische marokkanische Nationalität, ohne diese ethnische Zugehörigkeit nachzuweisen.
  • Korla Pandit ist ein afroamerikanischer Musiker, bezeichnet sich aber als Inder und gibt als Geburtsort Neu-Delhi an.
  • Die Weiße Martina Big identifiziert sich als Afroamerikanerin und ließ sich von einem Arzt mit Bräunungsspritzen die Haut und das Haar verdunkeln.
  • Die Weiße Ja Du bezeichnet sich als Filipina und hat eine Community für Personen mit Transracial Identity geschaffen.
  • Die Weiße Jessica A. Krug, lange Zeit Geschichtsprofessorin an der George Washington University, gab sich als Afroamerikanerin aus. Nachdem in den Medien ihre wirkliche Abstammung kommuniziert wurde, trat sie von ihrer Professur zurück und gab gleichzeitig ihre Transracial Identity auf.
  • Die Afroamerikanerin Treasure trat als Teenagerin im Fernsehen auf und gab vor, weiß zu sein. Ihre Schwester widerlegte diese Aussage.
  • Der weiße britische Influencer Oli London identifiziert sich als Koreaner und gleichzeitig als nichtbinäre Person, wobei er sein Äußeres mit Schönheitsoperationen verändert. Seine Auftritte stoßen in Social Networks immer wieder auf starke Kritik.

Der Fall Rachel Dolezal

Dolezal wurde 2015 als Weiße „geouted“. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie den Vorsitz der NAACP inne. 2017 veröffentlichte sie eine Autobiografie, in der sie auf ihrer Transracial Identity beharrt. Ihre Motive sind (wie bei vielen anderen Personen mit Transracial Identity) politischer Natur. Sie möchte mit ihrem Schritt People of Colour unterstützen, weil nach ihrer Auffassung die US-Regierung offenen Rassismus betreibt. Allerdings werfen ihr Kritiker*innen vor, dass sie selbst das Konstrukt der Rasse nicht richtig verstanden hat.

Anthropologisch ist es längst umstritten, wenn nicht widerlegt, denn Menschenrassen im eigentlichen biologischen Sinne gibt es wohl gar nicht. Daher ist die Zuordnung von Bevölkerungsgruppen zu einer Rasse immer ein politisches Statement, das im Grunde der Unterdrückung dient, wie die Geschichten der Sklaverei und der Judenverfolgung im Dritten Reich beweisen.

In den USA gab es daher auch schon immer Racial Passing, nämlich den Wechsel der Rasse (so weit dies optisch möglich war) von Afroamerikanern zu vermeintlichen Weißen, um der Rassendiskriminierung und bis 1865 in den Südstaaten sogar der Sklaverei zu entgehen. Der umgekehrte Weg, den Dolezal und viele andere Weiße (siehe Beispiele) gingen, soll nun ein Statement in die Gegenrichtung sein, das aber nach Auffassung der Kritiker*innen seine Wirkung verfehlt, weil es höchstens mit Erstaunen, manchmal mit Spott und teilweise mit Verärgerung aufgenommen wird – wenn nämlich, wie im Fall Dolezal, die Transracial Identity erst die Voraussetzung dafür schuf, dass sie ihren einflussreichen Posten in der NAACP erlangen konnte. In dieser Organisation sind nur People of Colour in Führungspositionen tätig. So weit die Stimme der Kritiker.

Man kann auch die umgekehrte Auffassung vertreten, dass die Transracial Identity von Weißen eine Quasi-Buße für Jahrhunderte des Rassismus darstellt. Darüber hinaus möchten viele Weiße die Rechte von People of colour vertreten und dafür einstehen, wozu die Transracial Identity nützlich sein könnte. So einfach ist das aber nicht.

In Südafrika etwa verwendete die Antiapartheid-Bewegung ab den 1980er-Jahren „black“ als politischen Kampfbegriff, der jedoch weißen Mitstreitern verwehrt blieb. Es fehle ihnen die alltägliche Erfahrung, so ihre farbigen Kampfgenossen, was Rassismus wirklich bedeutet – im Alltag, in der Schule, an Universitäten, im Job, auf der Parkbank, im Bus und beim Einkauf. Möglicherweise ist das heutige Annehmen einer Transracial Identity auch eine Reaktion auf diese Art von Ausgrenzung. Als eigenmächtige Umklassifizierung wird sie dennoch oft nicht als Akt der Kritik am Rassismus, sondern als unrechtmäßige Aneignung der historischen Erfahrung von wirklichen People of colour verstanden. Diese Erfahrung musste jedenfalls Dolezal machen, als man feststellte, dass sie eine Bürgerrechtsorganisation von People of colour leitet, und das als eigentliche Weiße.

Fazit: Was bedeutet „Transracial“?

So lange der Begriff der „Rasse“ als Unterscheidungsmerkmal bemüht wird, dürfte es Rassendiskriminierung geben. Eine Gegenreaktion kann immer das Annehmen einer Transracial Identity sein.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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