Was ist „Lumpenpazifismus“? Bedeutung, Erklärung, Definition

Was ist Lumpenpazifismus, Bedeutung, Erklärung, Definition


Der Lumpenpazifismus beschreibt eine Ideologie, die sich für friedliche Lösungen von Konflikten jeglicher Art einsetzt. Gerade in Zeiten schwelender Konflikte oder ausgebrochenen Kriegen rückt die Geisteshaltung des Lumpenpazifismus wieder verstärkt in den Vordergrund. Er beschreibt eine pazifistische Einstellung durch passiven und gewaltlosen Widerstand. Er ist dabei vom reinen Pazifismus abzugrenzen, bei dem die Vorstellungen der Anhänger auch gewaltsam und mit Nachdruck geäußert werden.

Was ist „Lumpenpazifismus“? Bedeutung, Erklärung, Definition

Der Lumpenpazifismus entspringt einer antiautoritären Haltung, die Autorität, Gewalt und Zwang ablehnt und sich für die friedliche und weitgehend passive Lösung von Konflikten oder Problemen einsetzt. Sie ist daher eine schwächere Form des Pazifismus. Dem Lumpenpazifismus stark zugeneigte Verhaltensweisen sind daher oft Ablehnung, Ignoranz sowie Passivität und (stiller) Protest.

Der Lumpenpazifismus weist bereits eine längere Historie auf und existiert bereits seit mehreren Jahrhunderten in mehr oder weniger gleicher Form. Durch die Verbreitung von Fernsehen und Internet ist die Anhängerschaft des Lumpenpazifismus heute deutlich größer geworden. Der nun folgende Artikel soll sich daher einmal einer detaillierten Begriffsdefinition des Wortes „Lumpenpazifismus“ widmen, dessen Historie aufzeigen und Merkmale und Kritikpunkte des, beziehungsweise am Lumpenpazifismus darstellen.

Begriffsdefinition des Wortes „Lumpenpazifismus“

Das Wort „Lumpenpazifismus“ setzt sich aus den beiden Begriffen „Lumpen“ und „Pazifismus“ zusammen. „Lumpen“ sind entweder alte und zerschlissene Kleider, beziehungsweise schlecht gekleidete und ungepflegte Menschen. Metaphorisch betrachtet bedeutet das Wort „Lumpen“ in diesem Zusammenhang jedoch eher schwach oder nutzlos.

Hingegen beschreibt der Begriff „Pazifismus“ eine Geisteshaltung, die Gewalt und Zwang in jeglicher Form ablehnt. Pazifisten sind damit gegen den Krieg, gegen das Kämpfen und entziehen sich etwaiger Pflichten (beispielsweise der Wehrpflicht). Durch das eher negativ konnotierte Wort „Lumpen“ wird die eigentlich starke und überzeugte Geisteshaltung des Pazifismus jedoch abgeschwächt. Sie bleibt unter Umständen erfolglos, beziehungsweise wird mit schwachen Mitteln geäußert.

Damit beschreibt der Lumpenpazifismus einen hilflosen, aber unter Umständen gut gemeinten Versuch, die Welt von Gewalt zu befreien oder sich zumindest gegen diese Vorgehensweise zu stellen. In der Praxis hat Lumpenpazifismus jedoch keinerlei Auswirkungen auf kriegerische Auseinandersetzungen oder deren Verlauf. Zwar befürworten Anhänger des Lumpenpazifismus Gewaltlosigkeit und passiven Widerstand, jedoch führt letzterer in der Regel zu keinem fruchtbaren Resultat.

Historie des Begriffs „Lumpenpazifismus“

Die Historie des Begriffs „Lumpenpazifismus“ geht auf die 1920er-Jahre zurück, in welchen dieser vom deutschen Schriftsteller sowie politischen Aktivisten namens Bertholt Brecht geprägt wurde. Brecht kritisierte mit dieser Begriffsneuschöpfung den damals vorherrschenden Pazifismus schwacher Ausprägung, dem dieser durch seine naive und idealistische Art und Weise auffiel. Im Zuge der nationalsozialistischen Regierung in den 1930- und 1940er-Jahren gewann der Begriff „Lumpenpazifismus“ nochmal an Bedeutung und wurde von den Nazis spöttisch verwendet, um so Widerstandskämpfer zu diffamieren. Teilweise wurde der Begriff auch für tatsächlich tätige Aktivisten eingesetzt, deren Leistungen dadurch herabgesetzt werden sollten.

In den 1960er-Jahren errang der Begriff „Lumpenpazifismus“ erneute Bekanntheit, indem dieser im Zuge des Vietnamkriegs für US-amerikanische Anti-Kriegsdemonstranten verwendet wurde. Diese zeichneten sich ebenfalls durch eine idealistische, antiautoritäre und friedliche Geisteshaltung aus, die aber erfolglos blieb.

Auch heute rückt der Ausdruck „Lumpenpazifismus“ wieder verstärkt in den Vordergrund. So werden Menschen, die sich zwar gegen den Ukraine-Krieg und gegen staatliche Maßnahmen richten, aber nicht tätig werden, ebenfalls als Lumpenpazifisten bezeichnet.

Merkmale eines „Lumpenpazifisten“

Mit der Bezeichnung „Lumpenpazifismus“ wird oft eine abgeschwächte, beziehungsweise ergebnislose Art des Pazifismus betitelt. Sie wird auch als passiver Widerstand und absolute Gewaltlosigkeit bezeichnet. Anhänger des Lumpenpazifismus glauben daher an die gewaltfreie Konfrontation von Eliten, um so politische und soziale Änderungen herbeizuführen. Sein Hauptaugenmerk richtet der Lumpenpazifismus daher auf folgende Dinge:

  • Ablehnung von Gewalt in jeglicher Form
  • Ablehnung von Militär und Polizei
  • Ablehnung von Politik
  • Glaube an die Macht des passiven Widerstands und Betonung von Moral

In den nun folgenden Unterabschnitten sollen die oben genannten Überzeugungen von Lumpenpazifisten einmal tiefgehender ausgeführt werden.

Ablehnung von Gewalt in jeglicher Form

Lumpenpazifisten lehnen Gewalt (egal in welcher Form) grundsätzlich ab und setzen dabei auf passive Widerstandsmethoden wie beispielsweise stillen Protest, zivilen Ungehorsam oder Boykott. Konventionelle Arten der Selbstverteidigung durch körperliche Gewalt oder durch den Einsatz von Waffen lehnen Lumpenpazifisten damit entschieden ab. Für Lumpenpazifisten führt Gewalt in eine Spirale des Hasses und der Vergeltung, die über kurz oder lang zum Teufelskreis wird.

Ablehnung von Militär und Polizei

Die Ablehnung von Gewalt durch Lumpenpazifisten schlussfolgert natürlich auch in der Ablehnung von Militär und Polizei. Demnach sind Lumpenpazifisten der Meinung, dass dieser Teil eines unterdrückerischen Systems ist. Die Gewaltanwendung durch Militär und Polizei wird von Lumpenpazifisten ebenfalls entschieden abgelehnt. Denn diese wird als unmoralisch und ineffektiv betrachtet. Bevorzugt werden hingegen alternative Formen der Konfliktlösung, beziehungsweise Rechtsprechung, die auf Frieden und Verständigung basieren.

Ablehnung von Politik

Auch zur Politik haben Lumpenpazifisten eine stark negative Meinung, die darauf fußt, dass staatliche Institutionen sowie Regierungen ebenfalls Teil des unterdrückerischen Systems sind. Nach Ansicht von Lumpenpazifisten werden diese von Interessensgemeinschaften und Lobbyisten manipuliert und vertreten damit nicht das Interesse des breiten Volkes. Vielmehr setzen Lumpenpazifisten jedoch auf gesellschaftliche Gleichheit und Solidarität sowie auf Partizipation an politischen Entscheidungsprozessen.

Glaube an die Macht des passiven Widerstands und Betonung von Moral

Lumpenpazifisten sehen Gewaltlosigkeit und passiven Widerstand als effektivste Art an, um politische und soziale Änderungen herbeizuführen. Sie sind der Ansicht, dass Gewalt nur noch mehr Gegengewalt auslöst. Sie glauben ferner daran, dass durch passiven Widerstand mehr Unterstützung von der breiten Öffentlichkeit erfahren werden kann.

„Lumpenpazifismus“ im aktuellen Kontext

Lumpenpazifismus findet im aktuellen Kontext wieder verstärkt statt. Als Beispiele können hierfür die Flüchtlingskrise der 2010er-Jahre, die Corona-Krise sowie der momentane Ukraine-Krieg genannt werden. Bezüglich der genannten Ereignisse lehnten, beziehungsweise lehnen Lumpenpazifisten die politischen Entscheidungen sowie die Umsetzung durch Polizei und Militär entschieden ab. Dies äußerte sich in jüngster Vergangenheit vor allem durch die sogenannten „Montagsdemos“ sowie „Friedensdemos“ gegen die militärische Unterstützung der Ukraine. Weiterhin kommt es derzeit auch im Zusammenspiel mit dem Klimaschutz (zum Beispiel bei „Fridays for Future“) zum Lumpenpazifismus, indem Anhänger hier durch friedliche Protestveranstaltungen auf sich aufmerksam machen.

Kritik am „Lumpenpazifimus“ und Haltung der Medien

Das Wort „Lumpenpazifismus“ wird von den Medien oft abwertend und spöttisch benutzt. Anhänger einer stillen und friedlichen Protestbewegung werden so als naiv und unrealistisch dargestellt. Gleichzeitig soll der Ausdruck vermitteln, dass Lumpenpazifisten der Realität nicht gewachsen sind und über bloße Diskussionen und stille Protestaktionen hinaus keine wirklichen Änderungen herbeiführen. Als Lumpenpazifisten werden heute aber vor allem auch Andersdenkende, sogenannte Freidenker sowie verstärkt systemkritische Menschen bezeichnet. Der Begriff erlebte – vor allem im Kontext des aktuellen Ukraine-Kriegs – in den vergangenen zwei Jahren eine erneute Renaissance und wird seitdem wieder häufiger in den Medien sowie im allgemeinen Alltagsgebrauch verwendet.

Fazit zum Thema „Lumpenpazifismus“

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der Begriff „Lumpenpazifismus“ stark negativ konnotiert ist und eine abwertende Bezeichnung für die Geisteshaltung des Pazifismus darstellt. Anhänger verspüren hier zwar den Drang nach Veränderung, lassen diesem jedoch keine aktiven Handlungen folgen und hoffen gewissermaßen, dass sich die Dinge von selbst zum Besseren verändern. Kritiker des Lumpenpazifismus entgegnen häufig, dass in manchen Fällen eine militärische Intervention oder Unterstützung notwendig ist, um Frieden und Stabilität auf lange Sicht gewährleisten zu können.

Mit dem Wort „Lumpenpazifismus“ sind unter anderem die Begrifflichkeiten „Gutmensch“, „Friedensapostel“ oder „Naivling“ verwandt. Auch ein „Gutmensch“ äußert sich durch seine friedliebenden, naiven Ansichten, zielt jedoch eher auf das harmonische Miteinander ab und übersieht dabei oftmals die tatsächliche Realität. Hingegen entspricht das Wort „Friedensapostel“ schon deutlich mehr dem Begriff „Lumpenpazifist“. Zu guter Letzt ist ein „Naivling“ leicht beeinfluss- und manipulierbar und schätzen die Realität und die Konsequenzen seiner Handlungen falsch ein.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

Hallo, ich bin Autor und Macher von BedeutungOnline. Bei BedeutungOnline dreht sich alles um Worte und Sprache. Denn wie wir sprechen und worüber wir sprechen, formt wie wir die Welt sehen und was uns wichtig ist. Das darzustellen, begeistert mich und deswegen schreibe ich für dich Beiträge über ausgewählte Worte, die in der deutschen Sprache gesprochen werden. Seit 2004 arbeite ich als Journalist. Ich habe Psychologie und Philosophie mit Schwerpunkt Sprache und Bedeutung studiert. Ich arbeite fast täglich an BedeutungOnline und erstelle laufend für dich neue Beiträge. Mehr über BedeutungOnline.de und mich erfährst du hier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert