Was ist Kriegsbegeisterung / Kriegseuphorie? Bedeutung, Erklärung, Definition

Was ist Kriegsbegeisterung, Kriegseuphorie, Bedeutung, Erklärung, Definition


Von Kriegsbegeisterung spricht man, wenn sich größere Bevölkerungsgruppen oder ganze Völker für Krieg oder kriegerische Auseinandersetzungen begeistern, sowie diese befürworten.

Kriegsbegeisterung im Ersten Weltkrieg: Wie kam es dazu? Erklärung

Aufgrund der die militärischen Interventionen im Irak und in Afghanistan konnte man in den letzten Jahrzehnten feststellen, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung Kriegen skeptisch gegenübersteht. Historisch betrachtet ist diese Haltung keineswegs selbstverständlich. Deutschland erlebte beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August 1914 eine nie da gewesene Kriegsbegeisterung, die sich schon im Vorfeld abzeichnete.

Historiker nennen dieses Ereignis das „August-Erlebnis“. Die Begeisterung zeigte sich durch Fahnen schwenkende Menschen auf den Straßen, Männer, die jubelnd ihre Hüte in die Luft warfen und um Gottes Beistand für den Gang zu den Waffen baten. Man versammelte sich auf den Straßen, um den Soldaten zuzujubeln. Die Kriegsbegeisterung 1914 erfasste nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa.

Kriegseuphorie: überhöhte Vorstellungen der eigenen Macht und viel Unwissenheit

Das Attentat auf Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajevo war quasi die Initialzündung, wurde als Vorwand eingesetzt. Die eigentliche Triebkraft für den Ersten Weltkrieg waren jedoch der übersteigerten Nationalismus und ein starkes Überlegenheitsgefühl des Deutschen Reiches. Nach dem Attentat in Sarajevo erklärten Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich Russland und anderen Nationen zuerst den Krieg. Der hatte sich durch wiederkehrende Krisen schon vorher angebahnt, konnte bis dahin noch abgewendet werden. Infolge der Propaganda durch Kaiser Wilhelm II. sah die Bevölkerung Krieg als eine gerechte Sache an. Obwohl das Land gar nicht angegriffen worden war, schien die militärische Verteidigung in den Augen aller unbedingt notwendig.

Der Glaube der militärischen und politischen Führung, den Krieg in wenigen Monaten mit einem Sieg Deutschlands beenden zu können, heizte die Euphorie weiter an. Der letzte zurückliegende Krieg war der deutsch-französische Krieg von 1870/71, der recht schnell gewonnen wurde. Man war davon überzeugt, auch jetzt andere Völker mit Leichtigkeit besiegen zu können. In der Zwischenzeit hatte man die Waffenindustrie erheblich weiterentwickelt und auch die Größe der Heere war rasant gewachsen. Da Deutschland auch eine leistungsfähige Kriegsmarine aufbaute, konnte sich bald ein unrealistisches Überlegenheitsgefühl etablieren. Selbst die Militärs waren ahnungslos darüber, was im Falle eines Krieges auf sie zukommen würde. Zum unrealistischen Bild eines schnellen Sieges gesellte sich große Unwissenheit. So war die Bevölkerung leicht zu manipulieren.

Die Kriegsbegeisterung zeigte sich hauptsächlich in den Städten. Auf dem Land schätzte man die Situation realistischer ein. Hier lebten alle von der Landwirtschaft. Man wusste, dass die Männer einberufen und die Ernte damit ausfallen würden. Somit war die ländliche Bevölkerung Kriegshandlungen viel kritischer gegenüber eingestellt.

Entstehung von Kriegsbegeisterung aus Sicht von Historikern (bezogen auf den Ersten Weltkrieg):

1. These: Die Wehrpflicht für zur Kriegsbegeisterung

Die Begeisterungswellen befeuerten einen Krieg der Völker. Bis zum 19. Jahrhundert führte man Kriege mit Berufsheeren, was sich erst mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht änderte. Frankreich, Deutschland, Russland und das ganze Habsburger Reich verankerten diese in ihren Gesetzgebungen. Das führte auch zu einer Veränderung des Kriegsführungsprinzips. Nun kämpften nicht mehr einzelne Heere, sondern ganze Völker gegeneinander. Es gab keine Trennung mehr zwischen Volk und Armee, mit der Folge, dass auch die normale Bevölkerung in den Krieg hineingezogen wurde.

Man kann dies als eine Form der Radikalisierung betrachten. Die Regierung konnte die nationalistischen Leidenschaften, die durch den Kriegsausbruch hervorgerufen wurden, von jetzt an nicht mehr kontrollieren. Das wiederum machte einen Friedenskompromiss unmöglich.

2. These: Krieg hat eine soziale Verwurzelung

Eine Armee aus wehrpflichtigen Soldaten ist nur dann motiviert, wenn die Bevölkerung hinter ihr steht und in Kriegshandlungen eine Notwendigkeit sieht. Damit das eintritt, muss das Volk von einem gerechten Krieg ausgehen, der der Verteidigung des Landes dient und gewonnen werden kann. Genau das war im Deutschen Reich vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges der Fall. Man hatte das Gefühl, im Recht zu sein und speiste daraus den Kriegsenthusiasmus.

Die stärksten Ideologien im Kaiserreich waren Militarismus und Nationalismus. Ohne diese Ideologien ist Kriegsbegeisterung nicht denkbar. Im Deutschen Reich etablierte sich ein regelrechtes Kriegsvereinswesen, aus dem sich dann eine ganze Volksbewegung entwickelte. In den Kriegsvereinen pflegte man gezielt die Erinnerung an Einigungskriege und verbreitet sie propagandistisch in Vereinszeitschriften. So konnten sich auch in der Bevölkerung nationalistische Gedanken festsetzen. Die Kriegsvereine waren mächtig, hatten ca. drei Millionen Mitglieder. Die patriotischen Gedanken von Kaiser Wilhelm II. stießen hier auf sehr fruchtbaren Boden. Mitglieder dieser Vereine waren meist einfache Arbeiter und Kleinbürger, die leicht manipuliert werden konnten. Historiker sprechen von einem Gesinnungsmilitarismus der einfachen Leute.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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