Klimaangst ist ein Begriff, der besonders in den Zeiten, in denen vermehrt über die Auswirkungen des Klimawandels gesprochen wird, von großem Aktualitätswert ist. Klimaangst, auf Englisch eco-anxiety, beschreibt die tiefe Sorge, dass der Wandel des Klimas das eigene Leben akut bedroht oder einschränkt bzw. bedrohen und einschränken wird.
Was ist Klimaangst? Bedeutung, Definition, Erklärung
Bei der Klimaangst handelt es sich allerdings um keine Krankheit bzw. offizielle Diagnose. Klimaangst wird darüber hinaus als ein Sammelbegriff für die negativen Gefühle und Emotionen verwendet, die Menschen in Zeiten erfahren, in denen sich der Klimawandel offenbart. Auch die durch die Wahrnehmung des Klimawandels ausgelösten negativen Gefühle wie zum Beispiel Wut, Scham, Verzweiflung oder Trauer werden per definitionem unter dem Begriff der Klimaangst subsummiert. Personen, die als kritisch klimaängstlich gelten, beschäftigen sich intensiv mit möglichen Auswirkungen eines menschengemachten Klimawandels und verfolgen Änderungen in der natürlichen Umgebung wie etwa den Anstieg des Meeresspiegels, vermehrtes Artensterben oder die Erwärmung der Atmosphäre unseres Planeten regelmäßg mit einhergehendem Stressgefühl. Die intensive Beschäftigung mit diesen Ereignissen und Phänomenen löst bei Personen, die unter Klimaangst leiden, weitere negative Emotionen oder gar akute Angstzustände aus.
Klimaangst ist keine anerkannte Krankheit oder offizielle Diagnose
Ist von Klimaangst die Rede, handelt es sich um keine offizielle Diagnose oder gar eine Krankheit. Klimaangst bzw. die chronische Angst davor, dass der Wandel des Weltklimas das eigene Leben bedrohen könnte, ist individuell dann als kritisch zu bewerten, wenn für das Individuum durch das Angstgefühl ein Leidensdruck entsteht, der Auswirkungen auf den Alltag und die Lebensführung hat.
In diesem Zusammenhang wird auch von „kritischer Klimaangst“ gesprochen. Auch wenn die Angst vor klimatischen Veränderungen Entscheidungsprozesse regelmäßig prägt und beeinflusst, kann es für den Betroffenen oder die Betroffene sinnvoll sein, etwas gegen das wahrgenommene akute Angstgefühl zu unternehmen. Hat die individuell wahrgenommene Klimaangst keine Auswirkungen auf die individuelle Lebensführung, ist von „einfacher Klimaangst“ die Rede, die als nicht pathologisch gilt und keiner Intervention bedarf.
Symptome der Klimaangst
Angst ist ein individuelles Gefühl. Pathologisch und symptombehaftet wird die Klimaangst dann, wenn sich die unter den Angstgefühlen leidende Person regelmäßig mit dem angstauslösenden Gegenstand – in diesem Fall den klimatischen Veränderungen – beschäftigt.
Dabei beschreiben die Betroffenen kreisende Gedanken um das Thema Klima, die nicht zum Abschluss gebracht und willentlich beeinflusst werden können. Schon kleinste Impulse im Alltag sorgen dafür, dass das Thema erneut in den Vordergrund gerät und den Ablauf des Alltags beeinflusst.
Personen, die unter starker Klimaangst leiden, beschreiben zum Teil Handlungsunfähigkeit und sogar Panikattacken. Zu den häufigsten psychischen und physischem Symptomen zählen ein chronisch erhöhter Blutdruck, Atemnot, Übelkeit, innere Unruhe und ein erhöhter Muskeltonus. In seltenen Fällen werden auch akute Panikzustände beschrieben.
Klimaangst und die Liebe zur Umwelt stehen in direktem Zusammenhang
Joanna Macy hat es sehr treffend formuliert: „Hinter der Angst steckt die Liebe zur Welt. Und in ihr wiederum steckt die Kraft, die wir brauchen, um Veränderungen zu bewirken“. Von Klimaangst sind insbesondere diejenigen Personen betroffen, die eine positive Einstellung zur Natur haben und letztere lieben und zu schätzen wissen.
Die Angst vor den Auswirkungen des Klimawandels ist also in gewisser Weise die Angst davor, dass es die Welt, so wie die Betroffenen sie lieben und genießen, in Bälde nicht mehr geben wird.
Ernst zu nehmen sind im Zusammenhang mit der Klimaangst auch die sogenannten „Generationsängste“. Eine klimabedingte Generationsangst beschreibt die Sorge von Eltern, dass der Klimawandel das Leben ihrer Kinder zukünftig negativ beeinflussen wird. Menschen, die unter den klimabedingten Generationsängsten leiden, haben die bedrückende Sorge, dass ihren Kinder die Welt in der bis dato bekannten Form und die mit einer naturbelassenen Welt verbundenen Freiheiten nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Befürchtet wird in diesem Zusammenhang ein eingeschränktes und von Krankheit und Leid geprägtes Leben, das die Nachkommen zu erwarten haben.
Klimaangst ist ein zunehmendes Phänomen
Seit mehr als fünf Jahren wird das Thema des Klimawandels und somit auch das Phänomen der Klimaangst akuter und medial präsenter. Der angstauslösende Faktor ist dabei – so vermuten es Soziologen und neuere psychosoziologische Studien – gar nicht primär bei den sichtbaren Auswirkungen und Effekten des Klimawandels per se zu suchen.
Besonders der derzeit veränderten medialen Berichterstattung kommt ein hoher Stellenwert im Zusammenhang mit den ansteigenden Klimaängsten zu. Schon im Jahr 2008 wurde dringlichst vor den Auswirkungen eines baldigen Klimawandels gewarnt. Zu der Zeit vor der Wende des Jahrzehnts lag das Hauptaugenmerk der medialen Berichterstattung jedoch auf möglichen Maßnahmen, die wir dem Klimawandel entgegensetzen können, um potenziellen Schaden von der Umwelt und der Natur abzuwenden. Anders gesagt: die Berichterstattung war zu einem großen Teil konstruktiv und von Positivismus geprägt.
Dies hat sich insbesondere in den vergangenen drei Jahren massiv geändert: Heutige Berichterstattungen, die in der Nachrichtenwelt beständig zunehmen, schildern die aktuelle Lage als äußerst besorgniserregend und existenziell bedrohlich. In vielen Medien, die in ihren Darstellungen und Berichterstattungen vermehrt auf konservative Quellen zurückgreifen, ist bisweilen schon von Kipppunkten die Rede, die als unumkehrbar beschrieben werden, obgleich die Forschung hier geteilter Ansicht ist.
Die Darstellungen vermitteln in vielen Kreisen den Eindruck, als sei jegliche Hoffnung bereits verloren. Hoffnungslosigkeit und Frustration sind daher insbesondere bei jungen Menschen eine häufige Folge. Die derzeitig zahlreichen Umweltprotestbewegungen werden rückblickend als ein Versammlungspunkt verstanden, der unter anderem auch vermehrt von Menschen aufgesucht wird, die unter Klimaangst und klimabedingte Hoffnungslosigkeit leiden.
Was lässt sich gegen Klimaangst unternehmen?
Das wichtigste Ziel bei der Behandlung von kritischen Angststörungen ist in der Psychotherapie immer das Erreichen eines realitätsnahen, angepassten Angstgefühls, nicht aber die komplette Ausschaltung der Angst, der naturgemäß eine schützende Funktion zukommt.
In schweren Fällen wird in der Akuttherapie der angstauslösende Gegenstand zunächst entfernt. Dies ist im Falle der Klimaangst natürlich nicht möglich. Doch das ist auch gar nicht notwendig, da die Klimaangst per se nicht vollständig aufgelöst werden muss.
Wichtig ist eine objektive Auseinandersetzung mit dem Thema des Klimawandels und eine Analyse des Ist-Zustands. Nach und nach sollte mit den Angstpatienten daran gearbeitet werden, Berichte und Geschehnisse objektiv zu analysieren. Bei vielen Angstpatienten, die unter kritischer Klimaangst leiden, wird eine falsche, vorschnelle Ursachenzuschreibung festgestellt.
Das bedeutet: Jede Veränderung in der Welt wird unterbewusst sofort mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht und diesem zugeordnet. Dies ist natürlich längst nicht immer der Fall. Der Schlangen- oder Spinnen-Phobiker wird bei der Berichterstattung über einen Todesfall in der australischen Wüste wahrscheinlich sofort an einen Tod, ausgelöst durch einen Schlangenbiss denken. Ebenso ist es aber denkbar, dass die Person einfach zu wenig Wasser dabeihatte und verdurstet ist. Gleichermaßen stirbt nicht jeder verunglückte Taucher einen in den Medien oft dramaturgisch inszenierten Tod durch einen Haiangriff. Möglich ist genauso gut auch, dass der Sporttaucher einfach ein technisches Problem mit seinem Atemgas hatte.
Wichtig ist auch bei der Klimaangst deshalb eine bewusste Reflexion der Ängste auf Basis einer objektiven Welt- und Ursachenanalyse. Ein gesunder Umgang mit pessimistischen Gedanken rund um die Nachrichten zum Klima kann gelernt und trainiert werden. Empfehlenswert sind in einigen Fällen auch Maßnahmen der Terror-Management-Theorie oder der NBWR (Nachvollziehbarkeitsbasierte Reduktion von Wut). Personen, die ihre kritische Klimaangst überwunden und zu kontrollieren gelernt haben, berichten positiv über durchgeführte Reframing-Maßnahmen, bei denen neue positive Einstellungen und Glaubenssätze bewusst eingeübt und verinnerlicht werden.