Die „15 Minuten Stadt“ ist ein Konzept bei dem es darum geht, Städte so zu planen, dass alle wichtigen Orte des Alltags und Lebens – also Schule, Kindergarten, Einkaufsmöglichkeiten, Arbeitsplatz, medizinische Versorgung und Unterhaltung – von jedem Bewohner und jeder Bewohnerin innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreicht werden können.
15 Minuten Stadt: Einrichtungen, Orte
Im Radius von 15 Gehminuten sind:
- Apotheke
- Arbeitsplatz / Arbeitsstelle (Homeoffice zählt hier auch)
- Arzt / Hausarzt
- Bahnhof
- Bibliothek
- Bus- / Straßenbahnhaltestelle
- Café
- Geschäfte
- Kino
- Kita / Kindergarten
- Park
- Poststelle
- Schule
- Sport
- Supermarkt oder Lebensmittelmarkt
- Theater
Je mehr von diesen Einrichtungen man in seiner Stadt hat, umso besser ist die Stadt aufgestellt. (Analog gilt gleiches für Viertel einer Großstadt.)
Im Kern geht es bei der „15 Minuten Stadt“ darum, dass folgende sechs Kategorien abgedeckt werden bzw. sind:
- Bildung
- Freizeit
- Gesundheit
- Mobilität
- Naherholung
- Nahversorgung
„15 Minuten Städte“ haben auch als Ziel, die Umwelt zu schonen und das Klima zu schützen.
Woher kommt die Idee der 15-Minuten Stadt?
Entwickelt hat die Idee der 15-Minuten Stadt der Franzose Carlos Moreno. Er ist Professor für komplexe Systeme und intelligente Städte an der Pariser Sorbonne-Universität und widmet seine Forschung der Verbesserung der Lebensqualität von Menschen in Städten durch einfacheres Erreichen der Grundversorgung.
Wie könnte eine 15-Minuten Stadt aussehen?
In der Idee von Carlos Moreno beschreibt er Stadtviertel, in denen immer nur so viele Menschen leben, dass jeder Bewohner und jede Bewohnerin innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder per Fahrrad alles erreichen kann, was er oder sie für das Leben benötigt. Dazu gehören bei Moreno Ärzte und Ärztinnen sowie medizinische Grundversorgung durch Apotheken, Kinderbetreuung wie Kindergärten und KiTas sowie Spielplätze, Grund- und weiterführende Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und Arbeitsplätze. Außerdem schlägt Carlos Moreno vor, Orte vielfältiger zu nutzen und so die Effizienz eines Stadtviertels zu steigern. So könne zum Beispiel ein Schulhof nach Schulschluss als Park fungieren oder Kinos tagsüber zu Cafés werden.
Um dies zu ermöglichen, fordert Moreno, stärker in die Digitalisierung zu investieren. Dies ist gerade dann nötig, wenn auch Arbeitsplätze innerhalb von 15 Minuten erreichbar sein sollen: Über Homeoffice und Coworking-Spaces kann dies möglich gemacht werden. Vorausgesetzt, die digitale Infrastruktur spielt mit. Auf diese Weise könnten auch tägliche, lange Arbeitswege vermieden werden und die Menschen in den Stadtvierteln wären wirklich komplett unabhängig von Autos.
Was würde eine 15-Minuten Stadt bringen?
Das Konzept der 15-Minuten Stadt kann viele Vorteile bringen. So erleichtert es unter anderem den Alltag der Menschen, da sie sich lange Wege und umständliche Strecken ersparen und so mehr Zeit haben, andere Dinge zu tun, die für das Wohlbefinden wichtig sind. Außerdem würde so der Klimaschutz vorangetrieben, da deutlich weniger Menschen ein Auto besitzen müssten, um den Alltag ohne große Strapazen zu meistern. Dies würde die CO₂-Emissionen in den Städten um ein Vielfaches reduzieren. Auch glauben Forschende wie Moreno, dass 15-Minuten Städte wieder zu mehr Gemeinschaft und Hilfsbereitschaft führen würden, da sich die Menschen wieder näher kommen könnten – sowohl durch räumliche Nähe und größere Alltags-Parallelen als auch durch mehr Zeit für Sozialisierung. Überdies würden 15-Minuten Städte soziale Ungleichheiten ausbalancieren, da es weniger starke Gefälle zwischen Einkommen und Lebensstandard in den einzelnen Vierteln gäbe. Dies könnte die Chancengleichheit erhöhen und langfristig ein besseres und ausgewogeneres Leben für alle ermöglichen.
Gibt es bereits 15-Minuten Städte?
Auch wenn es noch keine von Anfang an als solche geplanten 15-Minuten Städte gibt, wird das Konzept in vielen Städten bereits ernsthaft diskutiert oder sogar umgesetzt. Dazu gehört zum Beispiel Paris, in dem die Bürgermeisterin Anne Hidalgo das Konzept in ihr Wahlprogramm aufgenommen hat.
Auch andere europäische Städte nehmen die Idee ernst. Dazu gehören unter anderem Berlin, Wien, Kopenhagen oder Hamburg. Auch die „C40 Climate Leadership Group“, ein Netzwerk aus Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen von 100 Städten, das sich auf die Bewältigung der Klimakrise fokussiert, unterstützt das Konzept.
Gibt es Kritik an der 15-Minuten Stadt?
Einige Verschwörungstheoretiker und Verschwörungstheoretikerinnen glauben, dass 15-Minuten Städte ein Vorwand wären, die Menschen einzusperren. Im Internet und auf Telegram wird behauptet, das Ziel der 15-Minuten-Städte sei, Menschen in bestimmte Bezirke einzusperren und ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken.
Ein YouTuber ist zum Beispiel überzeugt davon, dass dieser „Eingriff in die Freiheitsrechte“ ganz offen diskutiert werden würde. Verschiedene Tweets, Posts, YouTube-Videos und Artikel behaupten auch, dass die Stadt Oxford bereits zu einem solchen Gefängnis geworden wäre, indem sie in sechs Zonen unterteilt wurde. Worum es in Oxford tatsächlich geht, ist der Versuch, den Verkehr zu reduzieren und öffentliche Verkehrsmittel attraktiver zu machen. Hierfür werden Verkehrsfilter über Kameras implementiert, die anhand der Nummernschilder erkennen, welche Fahrzeuge in welchen Gebieten fahren dürfen. Bürgerinnen und Bürger können beantragen, die betroffenen Straßenabschnitte befahren zu dürfen. Wer keine Genehmigung hat, zahlt ein Bußgeld. Außerhalb der Abschnitte können sich alle Bürgerinnen und Bürger frei bewegen.
Diese Oxforder Verkehrsfilter haben nichts mit dem Konzept der 15-Minuten Stadt zu tun und sollen Menschen nicht in bestimmten Bereichen „einsperren“. Vielmehr geht es darum, den oft extremen Verkehr in der Stadt zu reduzieren und dadurch die Luftqualität zu erhöhen.
Laut Moreno soll das Konzept der 15-Minuten Stadt Bewegung vor allem fördern und sie nicht – wie Verschwörungstheorien beteuern – verhindern. Den Menschen soll mehr Zeit geschenkt werden, die sonst in Staus, öffentlichen Verkehrsmitteln oder anderweitig auf dem Weg verbracht werden würde.