Erst wenn ein besonderer Umstand eintritt oder ein Traum in Erfüllung geht, denken viele Menschen, können sie glücklich sein. Sie fallen dem Ankunftsfehler zum Opfer. Ihr gesamtes Fühlen und Denken wird auf die vermeintlich bessere Zukunft ausgerichtet. Dabei bemerken sie häufig nicht, dass ihre Gegenwart komplett darunter leidet oder gar an ihnen vorbeizieht. Doch woher kommt der Ankunftsfehler und wie lässt sich dieser vermeiden?
Was ist der Ankunftsfehler? Bedeutung, Definition, Erklärung
Seinen Namen erhielt der Ankunftsfehler vom amerikanisch-israelischen Schriftsteller und Glücksforscher Tal Ben-Shahar. Der „arrival fallacy“ bringt die Annahme mit sich, dass das Erreichen unserer Ziele Glück bewirke. Doch häufig treten kaum Veränderungen ein und das Glück ist nur von einem kurzen Erfolgserlebnis geprägt.
Viele Menschen erkennen erst an ihrem Ziel, dass das Erreichen des Traumes nicht ausreicht, um glücklich zu sein. In der heutigen Leistungsgesellschaft wird ein Mensch oft alleinig nach seinen Zielen und Errungenschaften bemessen. Vor allem für junge Menschen, die all ihre Kraft von klein auf in ihre Ziele gesteckt haben, ist es sehr ernüchternd, wenn das Ziel erreicht wird, das Glück jedoch ausbleibt.
Ziele sollten nichtsdestominder nicht komplett vom Programm gestrichen werden. Sie sind wichtig, um nicht in den Tag hineinzuleben. Doch die Wünsche von Menschen sind unterschiedlich. Während die einen von einer Beförderung träumen, möchten die anderen zum Beispiel ein Haus im Grünen.
Ankunftsfehler: Typisches Denken, typische Annahmen
Der Ankunftsfehler beinhaltet nicht, sich die Zukunft rosarot auszumalen. Erst wenn das gesamte Glück am Erreichen des Zieles festgemacht wird, unterliegen Menschen dem Ankunftsfehler. Nicht nur selten treten Manifeste wie folgende auf:
- „Mit 20 kg weniger werde ich wieder glücklich sein.“
- „Wenn das Projekt vorbei ist, ist sämtlicher Stress vorbei.“
- „Nach meiner Ausbildung fängt das Leben richtig an.“
- „Mit diesem Zertifikat werden mir alle Türen offen stehen.“
Doch nicht immer wird das gewünschte Ziel erreicht, erst recht nicht, wenn die Ziele sehr hochgestochen sind. Ist das Leben dann am Ende? Das Leben ändert sich keinesfalls über Nacht, nur weil ein Zertifikat ausgestellt wird oder zwei Kleidergrößen kleiner passen. Über Wochen, Monate bis Jahre wird auf ein bestimmtes Ziel hinausgearbeitet. Tritt es ein, dann merken wir rasch, dass das eintretende Glücksgefühl schnell wieder vorbei ist. Hier erfreuen wir uns an dem sogenannten Glücksmoment, denn das Glück hält lediglich einen Moment an.
Die Gefahren des Ankunftsfehlers
Menschen gehen für das Erreichen ihrer Ziele nicht selten über Grenzen. Wenn über einen bestimmten Zeitraum Energie in eine Sache gesteckt wird, dann brauch der Menschen irgendwann eine Belohnung. Sollte der Sinn des Aufwands wegbrechen, so ist es möglich, dass die Person im Anschluss vollkommen ausgelaugt und erschöpft ist.
Neben der Anstrengung treten Menschen in bestimmten Lebensbereichen kürzer. Ist das Zertifikat oder ein bestimmter Abschluss in der Tasche, dann geht es umgehend weiter. Menschen versuchen die verpassten Lebensbereiche aufzuholen und sind gleichzeitig bemüht um einen Arbeitsplatz. Wer gar eine Beförderung erhalten hat, hat nun vermutlich neue Aufgaben, die mehr Einsatz abverlangen.
Wenn das Ziel es war, etwas abzunehmen, dann bewirkt das zwar etwas mit dem Äußeren, doch die Persönlichkeit bleibt unverändert. Wer nur als Beispiel mit verknüpften Erwartungen auf ein aufregenderes Sozialleben gewartet hat, wird wahrscheinlich enttäuscht. Auch hier sucht die Person nach dem Anschluss an das, was sie vernachlässigen musste.
Im schlimmsten Fall treten Enttäuschung und Burnout ein. Der Glücksbestandteil wird ein fester Teil unserer Arbeit, da wir ab einem bestimmten Moment davon ausgehen, das gesetzte Ziel wirklich zu erreichen. Der Glücksmoment wird zu einem festen Bestandteil unseres Empfindens, noch bevor wir das eigentliche Ziel erreichen. Menschen passen sich rasch diesem Zustand an. Das Erreichen des Zieles bringt somit nicht mehr die erhoffte Erfüllung.
Ankunftsfehler vermeiden: Tipps
Besonders hochambitionierte Personen unterliegen häufig dem psychologischen Phänomen. Für die Menschen ist nicht der Weg das Ziel, sondern lediglich das Eintreten des Umstands das Ziel, welches unendliches Glück mit sich bringen soll. Doch es gibt Möglichkeiten, den Ankunftsfehler zu umgehen und den Anforderungen der Leistungsgesellschaft Stand zu halten.
Mit etwas mehr Achtsamkeit und dem Setzen von Teilzielen können Menschen dem Ankunftsfehler gezielt entgegenwirken. Hier reicht es bereits, täglich drei Dinge zu notieren, die wertgeschätzt werden, wie beispielsweise eine geliebte Person. Mit dem Verfassen eines Tagebuchs kann dieser Prozess umso besser unterstützt werden. Wer sich eigenhändig Teilziele steckt, der profitiert von einem ressourcenschonenderen Umgang mit sich selbst und hat am Anfang nicht bereits den Blick auf das große Ganze.
Konsum ist nicht alles. Wenn die laufenden Ausgaben gedeckt sind, dann steht größtenteils nur noch ein materieller Verbrauch an. Die neueste Gucci-Tasche macht auf Dauer nicht glücklich. Erlebnisse mit Freunden und der Familie sind hingegen nachhaltiger. Über den Urlaub von vor drei Jahren sprechen Menschen deutlich häufiger als über eine Tasche aus der aktuellsten Kollektion.
Wo gearbeitet wird, da darf Erholung nicht fehlen. Menschen vernachlässigen in der Mehrzahl der Fälle den Regenerationsprozess, ob beim Sport oder auch neben dem Beruf. Bevor der nächste Gipfel erklommen wird, sollten Menschen einfach mal nichts tun oder sich mit ihren Liebsten umgeben.