Was gibt es für verschiedene Familienformen? Familienmodelle erklärt

Was gibt es für verschiedene Familienformen, Familienmodelle erklärt


Als Familienmodell bezeichnet man die Konstellation, in der Erwachsene und Kinder gemeinsam leben. Meistens meint man damit am selben Ort.

Die Vielfalt der Familienmodelle ist heute so groß wie nie zuvor. Jede Konstellation aus Menschen, die sich lieben, kann theoretisch als Familie bezeichnet werden. Dabei ist es egal, wie viele Erwachsene oder Kinder involviert sind und welches Geschlecht die jeweiligen Familienmitglieder haben. Obwohl die traditionelle Familie aus Mutter, Vater und Kind seit Mitte des 19. Jahrhunderts als das „Idealbild“ gilt, und damit noch ein relativ junges Idealkonzept darstellt, gab es seit dem bestehenden der Menschheit immer wieder verschiedenste Familienformen und Konstellationen.

Bei allen Normen und Idealbildern gilt es immer zu beachten, dass das, was als „normal“ gesehen ist, meist nur das ist, was zum entsprechenden Zeitpunkt von den meisten Menschen gelebt wird. „Normal“ ist also nie ein permanenter Zustand.

Was ist eine „Familie“? Definition

Bei der Definition von Familie gilt es zwischen zwei Ansätzen zu unterscheiden. Auf der einen Seite steht das sogenannte biologische Familienmodell. Bei dieser Definition werden all jene Personen zur Familie gezählt, die biologisch miteinander verwandt sind. Dieses Modell ist rigide und erschwert es, Personen in die Familie mitaufzunehmen, zu denen keine biologische Verwandtschaft besteht. Es entsteht außerdem ein Verpflichtungsgefühl gegenüber biologisch Verwandten, ein familiäres Verhältnis unter allen Umständen aufrechtzuerhalten.

Dem gegenüber steht das psychologische Familienmodell. Diese Definition zählt all jene Menschen zu einer Familie, die sich miteinander emotional stark verbunden fühlen, sich lieben und ein Zugehörigkeitsgefühl teilen. Hierbei stehen Intimität, Nähe und gemeinsame Erlebnis als Bindungsfaktor im Vordergrund. Bei dieser Definition ist es den Familienmitgliedern überlassen, wen sie als Mitglied der Familie zählen. Da das subjektive Erleben der einzelnen Personen hier das entscheidende Kriterium ist, besteht oft ein langfristigeres Familienverhältnis, dessen Flexibilität zu Stabilität führt.

Fast alle Familien jedoch vereint die Tatsache, dass sie die meiste Zeit einen gemeinsamen Haushalt führen und viel Zeit miteinander verbringen.

Wer gehört zur Familie?

Im klassischen Sinne besteht eine Familie aus einer Mutter, einem Vater und einem oder mehreren eigenen Kindern. Doch wie oben schon erwähnt, ist dieses traditionelle Modell bei weitem nicht das einzige. Im Folgenden werden soweit möglich, alle aktuell existierenden Familienmodelle aufgelistet.

Die Kernfamilie

Von der Kernfamilie spricht man vornehmlich dann, wenn man nur zwei, besonders emotional verbundene Generationen meint, die zusammen in einem Haushalt leben. Meistens sind das Eltern und ihre biologischen Kinder – es können allerdings auch Großeltern und Enkel oder Eltern und adoptierte Kinder sein. Klassischerweise sind die Eltern in einer heterosexuellen Beziehung und verheiratet – doch auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, unverheiratete Eltern oder Alleinerziehende mit Kindern können eine Kernfamilie bilden.

Der Begriff „Kernfamilie“ kann sich auch auf nicht eheliche und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften oder Alleinerziehende mit Nachwuchs beziehen. Leben Großeltern oder weitere, emotional eng zugehörige Personen im Haushalt, werden diese oft in die Kernfamilie mit einbezogen.

Die Kleinfamilie

Die Kleinfamilie zeichnet sich – wie der Name schon andeutet – dadurch aus, dass sie aus wenigen Familienmitgliedern besteht. Das kann ein Heteropaar mit einem Kind sein, oder geschiedene bzw. getrennte Eltern mit Kind. Die Kleinfamilie ist ein häufiges Familienmodell in Deutschland: Rund 26 % der über 13 Millionen Kinder in Deutschland sind Einzelkinder. Im östlichen Deutschland sind es sogar 34 % der Kinder, die ohne Geschwister aufwachsen. Im Westen dagegen nur 25 %.
Auch geschiedene Elternteile mit einem oder mehreren Kindern können als Kleinfamilie bezeichnet werden. Hier greift allerdings auch das Modell der Alleinerziehenden.

Alleinerziehende Familien

Im Jahr 2019 wurden in Deutschland knapp 36 % der Ehen geschieden. Nicht jedes dieser Paare hatte natürlich Kinder, doch auch, wenn sich ein unverheiratetes Paar mit Kindern trennt, entstehen sogenannte alleinerziehende Familien. Was hier ausschlaggebend ist, ist ein einzelnes Elternteil, das das Kind oder die Kinder ohne Partner großzieht. Das ist bei etwa 1,9 Millionen Familien der Fall. In den meisten Fällen ist es die Mutter, die die Kinder alleine großzieht. Am zweithäufigsten teilen sich die Eltern das Sorgerecht für ihre gemeinsamen Kinder. Und nur in seltenen Fällen wird dem Vater das alleinige Sorgerecht zugesprochen.
In Zahlen bedeutet das, dass es im Jahr 2019 2,2 Millionen alleinerziehende Mütter, aber nur 400.000 alleinerziehende Väter gab.

Die Patchwork-Familie

Viele Menschen bleiben nach einer Scheidung nicht lange alleine – und so entsteht schnell eine Patchwork-Familie. Von einer Patchwork-Familie spricht man, wenn ein Paar eigene Kinder in die Beziehung mitbringen, die nicht mit dem neuen Partner oder der neuen Partnerin verwandt sind, sondern aus einer vergangenen Beziehung oder Ehe stammen. Gelegentlich wird die Patchwork-Familie auch als Stieffamilie bezeichnet.
Studien zeigen, dass circa 14 von 100 Familien zu den Patchwork-Familien zählen. Eine solche Patchwork-Familie kann ziemlich groß werden und entweder aus einem neuen Paar mit jeweils eigenen Kindern bestehen, die gemeinsam in einem Haushalt leben, oder aus drei Erwachsenen mit eigenen oder mitgebrachten Kindern. Dieser Fall tritt dann auf, wenn eins der Ex-Paare freundschaftlich auseinander gegangen ist, und entschieden hat, für eine erleichterte Haushaltsführung im gleichen Haushalt zu bleiben und zu dritt die Kinder groß zu ziehen.

Co-Parenting

In dem oben beschriebenen Fall würde man von Co-Parenting sprechen. Co-Parenting bedeutet, dass Menschen gemeinsam Kinder großziehen, ohne dabei in einer Liebesbeziehung zueinander zu stehen. In den meisten Fällen ist das nach einer Scheidung oder Trennung der Fall und passiert in getrennten Haushalten.

Es gibt allerdings auch bewusste Entscheidungen für Co-Parenting, wenn beispielsweise sehr gute Freunde oder Freundinnen zusammen leben und gemeinsam das Kind oder die Kinder eines der Familienmitglieder großziehen.

Diese „Design-Familie“ erfreut sich gerade in den USA immer größerer Beliebtheit, da so mehr Menschen der Wunsch nach Kindern erfüllt werden kann und die Lebenserhaltungs- und Kindererziehungskosten auf mehrere Familienmitglieder aufgeteilt werden können.

Mehr über Co-Parenting erfahren Sie hier.

Die Großfamilie

Ursprünglich sprach man von einer Großfamilie, wenn drei oder mehr Generationen gemeinsam in einem Haushalt lebten. Da das in Deutschland allerdings inzwischen eine Seltenheit geworden ist – nur noch 0,5 % der Haushalte bestehen aus Großeltern, Eltern und Kindern – wurde der Begriff ausgeweitet und bezeichnet auch Familien mit mindestens drei Kindern. Doch auch diese Definition gibt es in Deutschland nicht oft. Denn nur jedes vierte Kind in Deutschland hat zwei oder sogar noch mehr Geschwister.
Hin und wieder werden auch größere Patchwork- oder Regenbogen-Familien als Großfamilien bezeichnet.

Die Regenbogen-Familie

Meist werden gleichgeschlechtliche Paare mit eigenen oder adoptierten Kindern als Regenbogen-Familie bezeichnet. Die Definition von Regenbogen-Familie kann aber auch alle Beziehungsformen einbeziehen, die nicht auf dem monogamen, cisgender (cisgender bedeutet, dass das biologische und empfundene Geschlecht einer Person übereinstimmen. Das Gegenteil zu cisgender ist transgender.) und heterosexuellen Modell beruhen.

Der Name Regenbogen-Familie leitet sich von dem weltweiten Symbol der LGBTQ+ Bewegung – der Regenbogenflagge – ab. Es wird geschätzt, dass in Deutschland mindestens 7000 Kinder in solchen Regenbogenfamilien aufwachsen. In rund 92 % der Fälle sind es zwei Mütter.

Doch auch polygame oder polyamoröse Beziehungen mit Kindern – also wenn mehr als zwei Personen miteinander in einer Liebesbeziehung leben – bezeichnet man als Regenbogen-Familie.

Auch bei Regenbogen-Familien gibt es oft Überschneidungen mit dem Patchwork-Modell, wenn ein Elternteil Kinder aus einer vorigen, überwiegend heterosexuellen Beziehung in die neue, queere (also nicht heterosexuelle) Beziehung mitbringt.

Pflegefamilie / Adoptivfamilie

Auch Pflege- oder Adoptivfamilien sind valide Familienmodelle. Pflegeeltern sind erwachsene Menschen, meist Paare, die sich bereit erklären, Kinder jeden Alters für begrenzte oder auch unbefristete Zeit bei sich aufzunehmen. Diese Kinder stammen mehrheitlich aus schwierigen Verhältnissen oder sind verwaist. Pflegeeltern tragen also große Verantwortung.

Von Adoptiveltern spricht man, wenn erwachsene Menschen Kinder – meistens Babys oder Kleinkinder – adoptieren. Manche Adoptiveltern können selbst keine Kinder bekommen, entweder aus gesundheitlichen Gründen, oder weil es sich um ein gleichgeschlechtliches Paar handelt. Ein adoptiertes Kind hat die gleiche rechtliche Stellung wie ein biologisches Kind.

Fazit: Familienmodelle / Familienformen

Egal, in welchem Familienmodell Menschen leben – in den meisten Fällen handelt es sich um eine mehr oder weniger bewusste Entscheidung und basiert auf Liebe, gemeinsamen Zielen und Wünschen, Intimität und Vertrauen. So stellt Familie, egal in welcher Form, idealerweise immer einen geschützten, warmen Raum dar, in dem alle Mitglieder der Familie sicher leben können.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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