Seit einigen Wochen liest, hört oder sieht man im Internet oft die Worte „Zitter nicht, stell dir vor“. Aber was bedeutet das eigentlich? Bei „Zitter nicht, stell dir vor“ handelt es sich um einen Trend auf der Social Media Plattform TikTok. Der ging in Hochgeschwindigkeit viral, indem er nach einer kurzen Schreckenssekunde für jede Menge Lacher sorgte. Dabei setzt „Zitter nicht“ auf das Prinzip Spannungsaufbau mittels Rätsel und gleich darauf folghender Entspannung dank schneller Auflösung.
Was ist „Zitter nicht, stell dir vor“? Bedeutung, Definition, Erklärung
TikToker/innen können beim „Zitter nicht, stell dir vor“-Trend ihre ganze Kreativität ausleben, indem sie eine Hypothese aufstellen, die das Gegenüber zum Zittern bringen soll – um sie kurz darauf in Wohlgefallen aufzulösen. Das Prinzip kennt man aus der (Plakat-)Werbung. Dabei wird ein rätselhaftes erstes Plakat möglichst flächendeckend in der ganzen Stadt gezeigt. Man erkennt nicht, für welches Produkt oder welche Dienstleistung geworben wird – und gerade wegen dieses Rätsels haben die Werber die volle Aufmerksamkeit des Publikums. Ungefähr zwei Wochen später folgt das zweite Plakat, welches das Rätsel auflöst. Ein Beispiel: Das erste Plakat ist nichts mehr als eine Fläche in einer ungewöhnlichen Farbe. Kein Text, kein Bild – nur die Farbe. Das zweite Plakat zeigt Tage oder Wochen später ein Produkt, das in genau dieser ungewöhnlichen Farbe daherkommt.
Genau diesen Aufbau von Spannung mit anschließender Auflösung macht sich „Zitter nicht, stell dir vor“ zu nutze. In kurzen Videos kreieren TikToker/innen imaginäre, oft unglaubliche Szenarien, die dazu dienen sollen, ihren Viewer/innen einen kurzen Schrecken einzujagen. So etwa fragte TikTok-User Eren Aziz Azadi, der den ganzen Trend lostrat: „Stell dir vor, ich heirate deine Schwester“, um kurz darauf das Szenario aufzulösen: „Zitter nicht! Warum zitterst du? Ich hab gesagt, stell dir vor!“ Wichtig ist dabei die besondere, süffisant-ironische Betonung von „Zitter nicht“.
Fazit: Die Aufforderung „Zitter nicht“ bezieht sich auf den Zustand, in den die Zuschauer/innen nach der aufgestellten Hypothese versetzt werden sollen, auf den Schreckmoment. Dass der Schreck unbegründet ist, wird mit den Worten „ich hab gesagt, stell dir vor“ aufgelöst – dass das Szenario also nur im Kopf der Zuschauerin bzw. des Zuschauers stattgefunden hat, nicht real ist und deshalb kein Grund zur Sorge, ergo: zum Zittern besteht.
Die Verbreitung von „Zitter nicht, stell dir vor“
Die Szenarien des „Zitter nicht, stell dir vor“-Trends sind dabei eher lustiger denn wirklich bedrohlicher Natur. Unter dem Hashtag #zitternicht bzw. #zitternichtichsagstelldirvor, die noch im Entstehungsmonat des Trends jeweils etwa 170 Millionen Aufrufe hatten, lassen sie sich auf TikTok verfolgen. Die Plattform selbst hat den „Zitter nicht“-Trend bereits im November 2021 zum „Meme des Monats“ – abrufbar unter #MemeDesMonats – gekrönt. Das erste, weiter oben angesprochene „Zitter nicht“-Video wurde am 4. November 2021 auf TikTok hochgeladen. Mittlerweile hat es knapp 5 Millionen Aufrufe.
Seither ging der Trend weiter viral. Insbesondere Stitches wurden damit kreiert. Stitches sind TikTok-Videos, die das Original bis zu einer bestimmten Stelle wiedergeben, um dann mit einer eigenen, kreativen Ergänzung fortfahren. Fragen wie „Stell dir vor, es ist Montag und es gibt keine Kaffee mehr“ machten millionenfach die Runde.
„Zitter nicht“ außerhalb von TikTok
„Zitter nicht“ hat seither auch andere Social Media Plattformen erobert. So etwa YouTube, Instagram, SnapChat und Facebook. Dabei kommt es jedoch stark auf die Altersstruktur der Nutzer/innen der jeweiligen Plattform an, denn „Zitter nicht, stell dir vor“ ist ganz klar ein unter Teenagern beliebtes Spiel, während es in der Altersgruppe ab dreißig weniger Anhänger/innen findet. So etwa können die Hashtags #zitternicht bzw. #zitternichtichsagstelldirvor auf Facebook jeweils weniger als 1.000 Treffer aufweisen.
Das stört die Verbreitung des „Zitter nicht“-Trend indessen nicht. So etwa haben auch Prominente entsprechende TokToks gemacht, beispielsweise Rapper Kool Savas, der sich Mitte November 2021 mit diesen Worten an seine Twitter-Community gewandt hat. Selbst Institutionen wie die Polizei Berlin, die für ihre schlagfertigen Social Media Teams bekannt sind, haben es sich nicht nehmen lassen, auf den „Zitter nicht“-Trend aufzuspringen. Auch gestandene Firmen, etwa die Deutsche Telekom, nutzen den Trend, indem sie Anspielungen wie „Da zittern wir vor Freude“ posten.
Dass der Trend eine bestimmte Altersstruktur bedient, deren Lebensrealität er widerspiegelt, verdeutlicht das TikTok eines Supermarktbetreibers. Der kreiert das Szenario: „Stell dir vor, deine Mutter lässt dich an der Supermarktkasse alleine“. Was für Jugendliche, die über kein oder wenig Geld verfügen, ein kleiner Schreckensmoment sein kann, ist für viele Erwachsene unverständlich oder allenfalls ein lahmer Witz.
Kritik an „Zitter nicht“
Nicht zuletzt aus diesem Grund gibt es mittlerweile auch Kritik an dem Trend, der in den Augen mancher nicht für Spannung und Spaß, sondern für viel Cringe – also Peinlichkeit – sorgt. So etwa kann ein YouTube-Video mit dem Titel „Zitter nicht! – der Dümmste TikTok Trend“ auf stolze 163.000 Aufrufe verweisen. Viele empfinden die „Zitter nicht, stell dir vor“-Szenarien als einfach nicht lustig – und erst recht nicht zum Zittern.
Auf Unverständnis stößt der „Zitter nicht“-Trend selbst auf TikTok, wo User/inner mittlerweile zum Gegentrend aufrufen. Hier werden TikToks mit Szenarien wie „Stell dir vor, TikTok hätte lustige Trends“ gtepostet. Da TikTok-Trends jedoch erfahrungsgemäß kurzfristiger Natur sind, dürfte abzuwarten bleiben, wie lange hier noch gezittert – oder eben nicht – wird.