Was bedeutet „verklemmt“? Psychologie, Erklärung, Bedeutung, Definition

Was bedeutet verklemmt, Psychologie, Erklärung, Bedeutung, Definition


Die Bezeichnung „verklemmt“ wird im Zusammenhang mit Personen verwendet, die vom Sprecher in ihren Äußerungen oder in ihrem Verhalten als verkrampft und gehemmt wahrgenommen werden. Das Antonym zu verklemmt lautet „unverklemmt“ und bezeichnet ein Verhalten, das als frei, ungezwungen oder natürlich empfunden wird.

Was bedeutet „verklemmt“? Erklärung, Bedeutung, Definition

Verklemmtsein wird besonders häufig im Zusammenhang mit dem Zurückschrecken vor erotischen Themen, sexuellen Handlungen oder einer übertriebenen Angst vor allem Körperlichen erwähnt. Die Person, der zugesprochen wird, dass sie verklemmt sei, scheut davor zurück, sich zu bestimmten Themen zu äußern oder Handlungen vorzunehmen, die andere als normal und natürlich empfinden.

Eine Person wird dann auch als „sexuell verklemmt“ bezeichnet. Das Synonym für diese Art von Verklemmtsein lautet „prüde“.

Die Zuschreibung erfolgt jedoch auf einem breiten Spektrum. So kann als „verklemmt“ bereits gelten, wer nicht bereit ist, einen Flirt einzugehen, oder wer es ablehnt, sich auf bestimmte Weise berühren zu lassen. Die Aufforderung „sei doch nicht so verklemmt“ kann dazu ge- oder missbraucht werden, eine Person zum Überschreiten ihrer Hemmschwellen aufzufordern.

Im weiteren Sinne wird als „verklemmt“ auch bezeichnet, wer es ablehnt, über tabuisierte Themen zu sprechen, sich auf Neues einzulassen oder wer als besonders schüchtern im Umgang mit dem anderen Geschlecht gilt.

Verklemmt: Wortart und Zusammensetzung

Der Begriff „verklemmt“ setzt sich aus dem Verb „klemmen“ und der Vorsilbe „ver-„ zusammen. In seiner ursprünglichen Bedeutung (verhaken, feststecken) kann das Verb reflexiv (sich verklemmen) oder transitiv (etwas verklemmen) auftreten. In seiner übertragenen Bedeutung kann dagegen ausschließlich das Partizip II verwendet werden.
Der Wortart nach handelt es sich damit um ein Adjektiv (Wiewort). Als Satzglied kommt ihm eine attributive (der verklemmte Teenager) oder eine adverbiale Verwendung (der Teenager ist verklemmt) zu.

Verklemmen wird also in der übertragenen Bedeutung immer als Eigenschaft verwendet, ein aktives Sich-Verklemmen oder ein passives Verklemmt-werden gehören nicht zum Formenbestand.

Bedeutungsverstärkung durch die Vorsilbe „ver“

Das Grundwort „klemmen“ kann sich mit verschiedenen trennbaren und untrennbaren Vorsilben verbinden, wie etwa in „ein-klemmen“, „Bel-klemmen“, „vier-klemmen“. In seiner übertragenen Verwendung als Charaktereigenschaft erhält das Grundwort die Vorsilbe vor, die dem Verb eine neue Bedeutungsebenen hinzufügt.

So kann die untrennbare Vorsilbe „ver“ darauf deuten, dass auf ein Objekt eingewirkt wird, wie beispielsweise in „verarbeiten“ oder „verbessern“. „Ver“ beschreibt zudem häufig ein Resultat oder eine negative Folge eines Vorgangs wie in „verfaulen“, „verteufeln“ oder „verwesen“. Weitere Konnotationen der Vorsilbe „ver“ sind

  • ein fehlerhaftes Verhalten (sich verschreiben, verschlafen),
  • die Beendigung oder das Resultat eines Vorgangs (verbrennen, verblühen, versalzen),
  • Wiederholung, Verdichtung oder Intensivierung (vernähen, verbauen).

Positive Konnotationen hat die Vorsilbe „ver“ vor allem dann, wenn sie in Verbindung mit einem Dativobjekt erscheint wie beispielsweise in „vertrauen“, „verdanken“, „vergeben“.

Bedeutung der Vorsilbe „ver“ im Begriff verklemmt

In der Wendung „verklemmt sein“ finden sich abhängig vom Kontext und der Intention des Sprechers diese Bedeutungsebenen wieder. Wer verklemmt ist, zeigt aus Sicht des Sprechers wiederholt oder dauerhaft ein Verhalten, das als unpassend empfunden wird und von dem man annimmt, dass es das Ergebnis einer „falschen“ Erziehung oder Einstellung ist. Das Verhalten wird als übertrieben in Bezug auf zugrundeliegende Moralvorstellungen empfunden.

Verklemmung versus Verklemmtheit: Nominalisierung des Grundwortes

Während vom Grundwort „verklemmen“ das Nomen „Verklemmung“ ableitbar ist, lauten die zu „verklemmt“ gebildeten Nomen „Verklemmtheit“ oder „Verklemmtsein“.

Die Endung „-ung“, wie sie im Nomen „Verklemmung“ erscheint, deutet auf das Resultat eines Vorganges. Der Endsilbe „-heit“ kommt im modernen Sprachgebrauch keine eigene Bedeutung mehr zu, sie wird lediglich verwendet, um ein Adjektiv grammatikalisch in ein Nomen zu verwandeln.

Die auf diese Weise abgeleiteten Begriffe benennen jedoch häufig Abstrakta (Freiheit, Gleichheit) oder Eigenschaften, denen etwas Wesenhaftes zugesprochen wird (Dummheit, Schönheit).

Begriffsgeschichte von „verklemmen“

Das Grundwort „klemmen“ ist bereits aus dem Mittelhochdeutschen bekannt. Es bezeichnet das Einwirken auf ein Objekt durch festen Druck, durch Pressen oder Schieben. Gemeinsam mit anderen Begriffen der Wortfamilie wie beispielsweise „klamm“ oder „beklemmen“ lässt sich das Verb auf die Grundbedeutung „zusammendrücken“ zurückführen.

Aus dem Mittelhochdeutschen ist zudem der Begriff „verklimmen“ bekannt, der das Zusammendrücken oder (sich/etwas) Klammern benennt.

In übertragener Bedeutung wird der Begriff zumeist umgangssprachlich und vermutlich frühestens seit dem 20. Jahrhundert verwendet. Im Wörterbuch der Brüder Grimm aus dem 19. Jahrhundert findet sich kein Eintrag.

Die Übertragung in den neuen Bedeutungszusammenhang ergibt sich zum einen aus der Vorstellung, dass der „Verklemmte“ ein Gefühl der Enge, des Eingeklemmtseins empfindet, aber das, was ihn „bedrückt“, nicht lösen kann, weil er sich (gegen seinen Willen) darin verklemmt hat. Bestimmte Themen und Handlungen rufen in ihm das Gefühl der Beklemmung hervor.

Negative Konnotationen im Zusammenhang mit der Wortfamilie „klemmen“ zeigen sich zudem in Begriffen und Redewendungen wie:

  • in die Klemme geraten/in der Klemme sein/stecken,
  • bei dir klemmt’s wohl,
  • klamm sein,
  • sich an etwas oder jemanden klammern.

Die Intensität, das „Klammernde“ des Begriffs, kommt in der Wendung „sich dahinterklemmen“ zum Ausdruck, die den besonderen Nachdruck betont, mit dem man eine Handlung betreibt.

Möglich ist auch, dass äußerliche Merkmale oder Symptome, die häufig mit der Verklemmtheit einhergehen, zur Metaphernbildung beigetragen haben, beispielsweise die Beobachtung, dass jemand seine Arme fest an den Körper klemmt oder sich steif und wie eingeklemmt bewegt.

Verklemmt sein: Wortbedeutung versus Wortverwendung

„Verklemmt sein“ bedeutet zunächst, dass eine Person in bestimmter Weise von dem Verhalten abweicht, das man von ihm erwartet oder das als wünschenswert gilt. Diese „Abweichung“ äußert sich nicht darin, dass die Person selbstbewusst für ihre eigenen Werte eintritt. Stattdessen ist das Verklemmtsein von einem Gefühl der Scham und von negativen Emotionen begleitet, die dem Verklemmten selbst unangenehm sind und sich körperlich als Verkrampfung oder Angespanntheit äußern können.

Fachsprachlich würde man ein solches Verhalten zum Spektrum sozialer Phobien zählen und nach objektiven Kriterien einordnen. Umgangssprachlich ist die Zuschreibung des Attributs „verklemmt“ meist negativ konnotiert und beinhaltet eine Herabwürdigung oder den Appell zur Verhaltensänderung. Insbesondere seit den 1970er Jahren gilt Verklemmtheit in westlichen Gesellschaften als eine Eigenschaft, die im Sinne einer „sexuellen Befreiung“ überwunden werden soll.

Doch kann das, was bestimmte Personen oder Kulturkreise als „verklemmt“ bezeichnen, in anderen Wertegemeinschaften als besonders angenehm, höflich oder zurückhaltend beschrieben werden. Die vollständige Bedeutung des Begriffs „verklemmt“ ergibt sich daher nicht aus einer subjektiven Zuschreibung, sondern aus der Wahrnehmung, dass jemand in seinen Vorstellungen „feststeckt“ und dies selbst als unangenehm empfindet.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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