Eine unipolare Weltordnung wird von einem Staat bzw. einer Ordnungsmacht dominiert. Letztere könnte auch ein Staatenbund sein.
Was bedeutet „unipolare Weltordnung“? Bedeutung, Definition, Erklärung
Kritiker bemängeln an diesem Begriff, dass er eher ein Konstrukt sei, weil es in Wahrheit noch nie einen Staat gab, der ernsthaft die ganze Welt dominieren konnte. Befürworter dieses Modells verweisen auf die Dominanz der USA seit 1990 und die vorherige multipolare Weltordnung, in der sich der West- und der Ostblock gegenüberstanden.
Auch die gegenwärtigen Spannungen zwischen den USA und China etwa seit 2020 werden als Vorstufe zu einer neuen bipolaren Weltordnung interpretiert. Die politische Forschung warnt vor einer unipolaren Weltordnung, weil diese zu starken internationalen Spannungen führt. Stattdessen sollte es immer mehrere Machtblöcke geben, also idealerweise eine multipolare Weltordnung. Aber auch eine bipolare Weltordnung würde demnach für mehr Stabilität als eine unipolare Welt sorgen.
Wann gab es jemals eine unipolare Weltordnung?
Wenn es sie wirklich jemals gab und wenn Europa und Vorderasien als Welt im heutigen Sinne betrachtet würden, könnte man die Zeit des Römisches Reiches zwischen 200 v. Chr. bis 480 n. Chr. als unipolare Weltordnung betrachten. Nach heutigem Verständnis stimmt das aber nicht, denn es gab damals gleichzeitig mit China im Osten und den Inka- und Aztekenreichen auf dem südamerikanischen Kontinent andere starke Mächte. Sie hatten nur nichts miteinander zu tun.
Ab etwa 1990 hatten dann mit der endgültigen Auflösung des Ostblock die USA ihren unipolaren Moment. Die kommunistische Bürokratie in Moskau hatte unter Michael Gorbatschow bewusst die Sowjetunion aufgelöst. Im Januar 1991 führten die USA ihren ersten Interventionskrieg am Persischen Golf, bei dem sie über 500.000 Soldaten einsetzten. Zum Vergleich: Am Krieg im Irak ab 2003 nahmen nur rund 250.000 US-Soldaten teil. Fortan galten die USA als entscheidende internationale Ordnungsmacht auch bei den Balkankriegen der 1990er Jahre und bei vielen anderen regionalen Konflikten.
Der Westen verließ sich auf die amerikanischen Verbündeten unter sträflicher Vernachlässigung der eigenen Verteidigungsbereitschaft, andere Staaten wie China fürchteten sie, islamistische Terroristen bekämpften sie. Kritiker aus dem linken Spektrum interpretieren die Hinwendung der USA zum Unilateralismus als Reaktion auf den eigenen wirtschaftlichen Niedergang seit den 1970er Jahren, denn die europäischen Volkswirtschaften und Japan hatten inzwischen die USA in mehrfacher Hinsicht überholt. Die These ist gar nicht so weit hergeholt, denn am Persischen Golf ging es sehr stark um die Interessen von US-amerikanischen Ölkonzernen: Der Irak gehört zu den wichtigsten Ölförderregionen der Welt. Relativ unverhohlen drohte der US-Präsident Präsident George W. Bush damals auch westlichen Staaten mit einer Vorherrschaft der USA auf dem Energiesektor. Er sprach von „Überzeugungskraft … und harmonischeren Handelsbeziehungen“ infolge der US-Interventionen im Irak.
Das Ende der unipolaren Weltordnung
Schon in den späten 2010er Jahren räumten mehrere US-Außenpolitiker ein, dass sich die unipolare Weltordnung unter Führung der USA ihrem Ende zuneige. Publizisten folgten dieser Auffassung gern. So merkte der rechtsgerichtete Millionär und CNN-Kommentator Fareed Zakaria im Jahr 2018 an, dass die USA schon seit den 1920er Jahren gern zur führenden Weltmacht aufgestiegen wären, doch erst ab 1990er hierfür eine ernsthafte Chance gehabt hätten.
Leider sei ihr unipolarer Moment aber zeitgeschichtlich nur kurz ausgefallen. Die wachsende Konkurrenz durch Russland und China werde die Welt wieder wahlweise in eine bi- oder multipolare Ordnung zurückführen. Als Ursache für den Rückgang der US-amerikanischen Dominanz machte er die stagnierende Produktivität in den USA, die dortige schlechte Arbeitsmoral und steigende Ansprüche gegenüber dem Sozialstaat aus.
Um die Kosten dieser Entwicklungen zu tragen, fahre der Staat leider seine Verteidigungsausgaben zurück. Damit könne er nicht mehr als unipolare Ordnungsmacht auftreten. Zu diesem Zeitpunkt waren das Debakel der USA und ihrer westlichen Verbündeten 2021 in Afghanistan und erst recht der Ukraine-Krieg ab 2022 noch längst nicht absehbar. Nach Meinung einiger Beobachter markieren die beiden letztgenannten Ereignisse das endgültige Ende der jüngsten unipolaren Weltordnung unter Führung der USA.
Frühere und künftige Weltordnungen
Eine relativ gut funktionierende multipolare Weltordnung gab es nach dem Westfälischen Frieden von 1648. Sie hielt bis bis 1945, dann bildeten sich der Ost- und der Westblock. Es entstand die bis 1990 andauernde bipolare Weltordnung. Zwar gab es auch zwischen 1648 bis 1945 viele Kriege, mit denen die Staaten einen Machtausgleich anstrebten, doch sie blieben regional begrenzt und uferten nicht aus. Daneben gab es auch relativ lange friedliche Perioden. Hierfür wurden Regeln und Prinzipien ausgehandelt, so etwa auf dem Wiener Kongress 1814/15, an welche sich die Staaten sehr lange hielten.
Der Begründer des Neorealismus Kenneth Waltz glaubt, dass eine bipolare Weltordnung für den längsten Frieden sorgt, wenn sich in ihr zwei besonders mächtige Staaten gegenüberstehen. Ein Grund dafür soll sein, dass diese Weltordnung besonders übersichtlich ist und daher eher selten überraschende Entwicklungen eintreten. Der Kalte Krieg habe das immerhin empirisch bewiesen, so Waltz.
Ein multipolares System könne zu als komplex empfundenen Bedrohungen führen. Das unipolare System wiederum müssten alle Staaten mit Ausnahme des Hegemons als bedrohlich empfinden. Es gibt an dieser Auffassung auch Kritik, so etwa von William C. Wohlforth, welcher derselben Denkschule angehört. Die meisten neorealistischen Beobachter, darunter unter anderem John J. Mearsheimer, glauben an eine multipolare Weltordnung spätestens ab 2030 bis 2040. Hauptakteure könnten die USA, China, die EU mit eigenem militärischen Potenzial und möglicherweise Japan sein. Doch auch ein Staat wie Brasilien oder Staatenallianzen in Südamerika, Afrika und Asien könnten verstärkt in die Weltpolitik drängen.