Was bedeutet „multipolare Weltordnung“? Bedeutung, Definition, Erklärung

Was bedeutet multipolare Weltordnung, Bedeutung, Definition, Erklärung


Der Begriff „Multipolare Weltordnung“ ist in der Politologie gebräuchlich und grenzt sich einerseits von der unipolaren Weltordnung und andererseits von der bipolaren Weltordnung ab.
Kennzeichnend für die multipolare Weltordnung sind Interessengegensätze zwischen verschiedenen Großmächten.

Was bedeutet „multipolare Weltordnung“? Bedeutung, Definition, Erklärung

Der Begriff „multipolare Weltordnung“ definiert ein geopolitisches Konzept, das sich auf die Situation bezieht, in der die Macht von mehreren Polen ausgeübt. Bei diesen Polen handelt es sich in der neueren Zeit in der Regel um Nuklearmächte. Durch zeitgenössische wirtschaftliche und politische Veränderungen kann die multipolare Weltordnung als aktueller Typ des internationalen Systems betrachtet werden, im Gegensatz zur bipolaren Welt des Kalten Krieges.

Die bipolare Weltordnung war gekennzeichnet durch den Gegensatz zwischen „dem Westen“ und dessen Militärbündnis NATO und dem sogenannten „Ostblock“, der seine militärische Stärke im Warschauer Pakt vereinigt hatte.

Um als ein Pol zu gelten, ist in der Regel nicht nur eine ökonomische Dominanz notwendig, sondern auch das Potenzial, Interessen notfalls mit militärischen Mitteln durchsetzen zu können. Dabei qualifizieren nicht allein militärische Stärke und ökonomische Kennziffern zu einem Pol, sondern die Möglichkeit, Einfluss auf andere Staaten und Bündnisse auszuüben. Diese Möglichkeit ergibt sich jedoch prinzipiell erst aus den zwei genannten Aspekten. Als ein weiterer Aspekt wird bisweilen die Möglichkeit zur kulturellen Beeinflussung anderer Staaten genannt.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion im Jahre 1991 war die geopolitische Situation grundsätzlich als unipolare Weltordnung unter der Vorherrschaft der USA zu bezeichnen. Wenngleich auch die Russische Föderation und die Volksrepublik China über ein Arsenal an Kernwaffen verfügten, waren die USA dennoch die weltweit vorherrschende Macht, die ihre Interessen nahezu uneingeschränkt durchsetzen konnten.

In den folgenden Jahrzehnten bis heute kam es zu weiteren geopolitischen Entwicklungen, die als „Multipolarisierung“ bezeichnet werden. Die Multipolarisierung beschreibt die Verschiebung der Machtverhältnisse in der Welt. Aufstrebende Schwellenländer wie China, Brasilien, Indien und auch wieder Russland nehmen eine immer bedeutendere Rolle in der Weltwirtschaft ein und beeinflussen so das Gleichgewicht der Mächte in bedeutsamer Weise. Zuletzt gewinnt auch militärische gegenüber wirtschaftlicher Stärke immer mehr an Bedeutung.

Ein Erklärungsmodell, das die Transformation des internationalen Systems erklärt, bietet die politikwissenschaftliche Denkschule des Neo-Realismus.
Spricht man von einer unipolaren Weltordnung, so liegt folgendes Szenario vor: Ein Staat verfügt über Fähigkeiten, sogenannte „capabilities“, die ihn deutlich allen anderen Nationen überlegen machen. Dieser Staat wird als Hegemon bezeichnet. Diese Fähigkeit können vor allem in militärischer und/oder wirtschaftlicher Hinsicht liegen und ermöglichen dem jeweiligen Staat, im Sinne seiner Sicherheitsinteressen nahezu uneingeschränkt zu agieren.

Das internationale System ist jedoch gemäß der neo-realistischen Denkschule durch Anarchie gekennzeichnet – also dadurch, dass kein Staat sicher sein kann, auf durchsetzungsstarke, internationale Institutionen mit Gewaltmonopol vertrauen zu können. Dies ergibt sich daraus, dass keine effektiven supranationalen Instanzen existieren, welche einem potenziellen Aggressor Einhalt gebieten könnten. Als Folge dieser von Anarchie geprägten Ausgangslage müssen alle anderen Länder gezwungenermaßen egoistisch agieren und ihre eigenen Sicherheitsinteressen durch Bündnisbildung absichern, um das Überleben des eigenen Staates zu garantieren.

Multipolare Weltordnung: Akteure

Über die Zeit wird das zentrale systemimmanente Problem des unipolaren Systems ersichtlich: Der Hegemon schafft durch seine Rolle ein Machtungleichgewicht, welches andere Mächte, die bislang nicht im Bündnissystem des Hegemons verflochten sind, auszugleichen versuchen (Balance-of-Power-Politik).

Daraus entstehen neue Bündnisse zwischen Staaten, die allein zwar nicht den Hegemon herausfordern können, im Rahmen der neuen Allianzen jedoch ernst zu nehmende Gegner des bisher dominierenden Pols sind. Neben der Bildung neuer Allianzen (external balancing) gibt es auch die Möglichkeit zum sogenannten „internal balancing“, bei dem Staaten versuchen, durch innere Reformen und Strukturveränderungen den Rückstand zum Hegemon aufzuholen.

Die unipolare Weltordnung zwingt jene Staaten, die das Ungleichgewicht ausbalancieren wollen, diesen Vorsprung nicht nur aufzuholen, sondern führt zwangsläufig dazu, dass die Stärke des Hegemons noch überboten werden muss, da nur aus dieser Position der Stärke und Überlegenheit Sicherheit gewonnen werden kann.

Gemäß der neo-realistischen Denkschule der Politologie bieten bipolare Systeme die größte Sicherheit vor schwerwiegenden militärischen Konfrontationen. Die multipolare Weltordnung wird aufgrund der verschiedenen Interessen der Pole, die zudem in aller Regel über großes militärisches Potenzial verfügen, als die unsicherste internationale Ordnung bezeichnet, mit der das größte Risiko schwerer militärischer Auseinandersetzungen einhergeht.

Eine multipolare Weltordnung besteht nicht erstmals im 21. Jahrhundert mit den großen Akteuren USA, Russland und China, sondern war bereits in früheren Jahrhunderten eine oftmals dominierende geopolitische Ordnung, damals unter der Beteiligung der europäischen Großmächte mit den entsprechenden Konkurrenzen und Interessengegensätzen (vgl. Pentarchie).

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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