Was bedeutet „Servus“? Bedeutung, Wortherkunft, Erklärung

Was bedeutet Servus, Bedeutung, Wortherkunft, Erklärung


„Servus“ ist eine Grußformel, die traditionell im südlichen Deutschland verwendet wird. In Norddeutschland ist sie nicht anzutreffen. „Servus“ wird zu Begrüßung, aber auch zur Verabschiedung verwendet. Es handelt sich um einen freundschaftlichen, eher saloppen Gruß, der auch in großen Teilen Mitteleuropas vorkommt. Er ist in ganz Österreich, Südtirol, Slowenien, Kroatien, Ungarn, der Slowakei, im rumänischen Siebenbürgen und in Polen anzutreffen.

Was bedeutet „Servus“? Bedeutung, Wortherkunft, Erklärung

„Servus“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Knecht“, „Diener“ oder auch „Sklave“. Bei dem Gruß handelt es sich genaugenommen um eine Kurzform für „Ich bin Dein Diener“ oder schlicht „zu Diensten“. Der Gruß war in allen gesellschaftlichen Schichten bekannt. Auch Adlige des alten Österreichs, Böhmens und Bayerns begrüßten sich untereinander mit „Servus“. Allerdings wurde immer die Hierarchie geachtet. Adlige auf Augenhöhe konnten sich unter ihresgleichen mit „Servus“ begrüßen. Der Gruß funktionierte auch von unten nach oben, aber kaum umgekehrt. Eine Demutsformel im Sinne von „Ihr untergebenster Diener“ kann nur von unten nach oben gerichtet sein.

Adam Härdl schreibt in „Lateinische Überreste im bairischen Dialekt“, dass der Gruß in „barocker, schwulstiger Zeit die besondere Ergebenheit und Unterwürfigkeit des Grüßenden gegenüber dem Gegrüßten ausdrücke“, etwa: „Euer untertänigster gehorsamer Diener“. „Servus“ ist heute ein freundschaftlicher Gruß im Sinne von „Grüß Dich“. Der Gruß setzt aber immer ein Duz-Verhältnis voraus.

Woher kommt „Servus“? Wortherkunft, Bedeutung, Erklärung

Im Italienischen hat das „Ciao“ die gleiche Grundbedeutung wie „Servus“. Es leitet sich sogar ganz direkt von „Schiavo“ („Sklave“) ab. Im Wienerischen wird der Gruß „G’schamster Diener“ („Gehorsamster Diener“) unter den Fiakerfahrern noch heute verwendet! Auch dieser Gruß entspricht genau der ursprünglichen Bedeutung von „Servus“.

Nach dem Niedergang des Römischen Reiches blieb das Lateinische bis in die Neuzeit hinein als „tote Sprache“ die führende Sprache in den Wissenschaften, der Diplomatie, des Rechtswesens, der Literatur und in der Kirche. Von einer „toten Sprache“ ist dann die Rede, wenn es keine Muttersprachler mehr gibt, die sie sprechen. Katholiken kennen aber noch heute das Kirchenlatein und die Redewendung „mit seinem Latein am Ende sein“ bedeutet auch heute noch, dass selbst ein gebildeter Mensch nicht mehr weiter weiß.

Eine lebende Sprache verändert und erweitert sich kontinuierlich. Der deutsche Wortschatz besteht zu einem guten Teil aus althochdeutschen und mittelhochdeutschen Erbwörtern, aus Lehnwörtern anderer Sprachen, die an die deutsche Sprache angepasst wurden, und aus Fremdwörtern, die ins Deutsche zwar integriert, aber als Fremdwörter noch erkennbar sind. Die ältesten Lehn- und Fremdwörter in der deutschen Sprache stammen aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten, also aus der Römerzeit. Zusammen mit den römischen Sitten, Bräuchen und Gesetzen eroberten auch die dazugehörigen lateinischen Begriffe das Leben der Germanen, einer davon ist „Servus“.

Wortherkunft Servus: Der Limes als Sprachgrenze

Der Limes war im 2. und 3. Jahrhundert nach Christus die Grenze zwischen dem Römischen Reich und Germanien. Der Grenzwall war kein lückenloses Sperrwerk. Er hatte zunächst einmal symbolischen Charakter und signalisierte den benachbarten Völkern: Hinter dieser Palisade beginnt das mächtige Rom. Ein genehmigter Grenzübertritt war nur an den dafür vorgesehenen Kontrollposten möglich. Wer die Grenze überschritt, musste sich den Gesetzen des römischen Reiches unterordnen. Es befanden sich rund 900 Wachtürmen und 100 Kastelle und Feldwachen entlang des Limes. Ein illegales Überschreiten hatte massive Strafen oder brutale Vergeltungsfeldzüge durch die Römer zur Folge. Kriegsgefangene wurden als Sklaven verkauft, was übrigens auch Gesetzesübertretern blühen konnte.

Der Limes war aber nicht nur eine Reichsgrenze, sondern auch eine Sprachgrenze. Innerhalb des Römischen Reiches war Latein die Amtssprache. Aber im Laufe der zum Teil jahrhundertelangen römischen Herrschaft wurde in den eroberten Gebieten Latein fast überall auch zur Volkssprache (dem sogenannten „Vulgärlatein“ oder auch „Sprechlatein“). Aus diesen lateinischen Dialekten entwickelten sich nach dem Ende der römischen Herrschaft die romanischen Sprachen.

Mit einer Länge von 549 Kilometern ist der Limes das größte Bodendenkmal in Deutschland. Davon verlaufen 158 Kilometer durch Bayern, 164 Kilometer durch Baden-Württemberg, 152 Kilometer durch Hessen und 75 Kilometer durch Rheinland-Pfalz. Südlich des Limes befindet sich das Saarland und östlich davon Thüringen. All diese modernen deutschen Bundesländer verwenden die Grußformel „Servus“. Das ist kein Zufall. „Servus“ ist ein sprachliches Überbleibsel aus der Römerzeit. Die südlichen Bundesländer waren einmal Teil des Römischen Reiches mit Latein als Verwaltungssprache. Thüringen war ein benachbartes Gebiet, das Saarland war vollständig erobert und die anderen vier Bundesländer wurden damals vom Limes durchschnitten.

Bedeutung Servus: Von der demütigen Unterwürfigkeit zur stolzen Lässigkeit

„Servus“ als Grußformel ist ein Relikt der Römerzeit. Im kollektiven Gedächtnis der Menschen setzte sich die traumatische Erfahrung der Eroberung und Demütigung fest. Noch Jahrhunderte nach der Römerzeit wurde erinnert, dass es besser ist, sich den Herrschenden gegenüber demütig zu zeigen. Aufmüpfigkeit oder Opposition konnte die Freiheit und letztendlich das Leben kosten.

Während in früherer Zeit das „Servus“ die Kurzform für „Ich bin Dein Diener“ oder „Ich bin zu Diensten“ bedeutete und damit eine Form der Unterwürfigkeit darstellte, ist dies heute völlig anders. Im Laufe der Zeit hat dieser Gruß einen völligen Bedeutungswandel erlebt. Während „Servus“ noch im letzten Jahrhundert eine respektvolle Begrüßung war, ist es heute unter jungen Leuten ein Zeichen von Lässigkeit, sich so zu begrüßen oder zu verabschieden.

Es gibt mindestens zwei naheliegende Gründe für diesen Bedeutungswandel. Zum einen haben sich die Zeiten geändert. Spätestens mit der 1968er-Bewegung möchten zumindest die jungen Menschen niemandem mehr freiwillig zu Diensten sein. Zum anderen wurde die ursprüngliche Bedeutung vergessen oder rückte komplett in den Hintergrund. Auch diejenigen, die wissen, dass mit dem lateinischen Servus ein Sklave gemeint ist, beziehen diese Bedeutung nicht auf sich selbst. Das ist ganz ähnlich auch bei anderen Grußformeln zu beobachten. Wer denkt bei „Sehr geehrter Herr“ tatsächlich an einen Herren oder bei „Sehr geehrte Damen“ an gesellschaftlich höhergestellte Frauen? Niemand denkt darüber nach, wenn er diese Formeln verwendet! So ist das auch mit dem „Servus“.

„Servus“ ist heute ein lässiger Gruß unter Freunden und hat nicht mehr viel mit dem ursprünglichen Respekt des Grüßenden vor dem Gegrüßten zu tun. „Servus“ ist heute alles andere als ein Ausdruck von Unterwürfigkeit. Dieser spezielle Gruß ist in heutiger Zeit ein stolzes Bekenntnis zur Heimat und zur Herkunft und impliziert genau die rebellische Aufmüpfigkeit, die mit dem „Servus“ über Jahrhunderte bewusst vermieden werden sollte.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

Hallo, ich bin Autor und Macher von BedeutungOnline. Bei BedeutungOnline dreht sich alles um Worte und Sprache. Denn wie wir sprechen und worüber wir sprechen, formt wie wir die Welt sehen und was uns wichtig ist. Das darzustellen, begeistert mich und deswegen schreibe ich für dich Beiträge über ausgewählte Worte, die in der deutschen Sprache gesprochen werden. Seit 2004 arbeite ich als Journalist. Ich habe Psychologie und Philosophie mit Schwerpunkt Sprache und Bedeutung studiert. Ich arbeite fast täglich an BedeutungOnline und erstelle laufend für dich neue Beiträge. Mehr über BedeutungOnline.de und mich erfährst du hier.

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