Was bedeutet Polexit? Bedeutung, Definition, Erklärung

Was bedeutet Polexit, Bedeutung, Definition, Erklärung


Der Begriff Polexit steht im Kontext des möglichen Austrittes des Landes Polen aus der Europäischen Union. Seit dem Jahr 2004 ist Polen ein Mitglied der EU. Der Begriff ist an Brexit angelehnt, der den Austritt von Großbritannien aus der EU bezeichnet.

Der Ausdruck „Polexit“ setzt sich aus den Worten „Pol-“ und „-exit“ zusammen. „Pol-“ ist die Abkürzung für „Poland“, also für „Polen“. Das „-exit“ steht für einen Austritt aus einer geopolitischen Einheit oder Union.

Was bedeutet Polexit? Bedeutung, Definition, Erklärung

Bereits kurz nach dem Brexit am 31. Januar 2020 wurde in Polen über den Polexit nachgedacht. Die Justizreform des Landes ist einer der Gründe, warum Polen aus der EU austritt. Polens oberster Gerichtshof warnte das Land schon 2019, dass die Reform den Austritt zur Folge haben könnte.

Im Oktober 2021 erklärte das polnische Verfassungsgericht, dass EU-Recht keinen Vorrang mehr vor den polnischen Gesetzen haben wird. Dies bedeutet einer Gefährdung des europäischen Rechtsraums. Nun bleibt abzuwarten, wie die Europäische Union auf diese Erklärung reagiert. Zunächst hat Polen die Union ja noch nicht politisch verlassen.

EU-Gesetze nicht im Einklang mit der polnischen Verfassung

Die Urteilsverkündung erfolgte am 7. Oktober 2021. Schon vor diesem Zeitpunkt entschied das polnische Verfassungsgericht, dass einige der EU-Gesetze nicht mit der eigenen Verfassung in Einklang gebracht werden können. Der eindeutige Vorrang der EU-Gesetze über die Gesetze der einzelnen Länder ist jedoch ein wichtiger Bestandteil der Mitschaft in der Europäischen Union.

Vor allem aus der rechtsextremen Ecke kommt viel Zustimmung für den Polexit. Die rechte polnische Zeitung Do Rzeczy veröffentlichte Ende November einen Artikel über den Polexit. Auch die polnische Partei Confederation Liberty and Independence hatte im Vorfeld mehrfach den Austritt aus der EU befürwortet.

Verfassungswidriges Recht

10 der 12 polnischen Magistratinnen und Magistraten entschieden in ihrer Erklärung, dass Artikel 1, 4 und 19 des Vertrags über die Europäische Union verfassungswidrig sind. In diesen Artikeln geht es unter anderem um den Transfer nationaler Kompetenzen nach Brüssel.

Ein weiteres Problem ist die Disziplinarkammer des obersten Gerichts in Warschau. Diese Disziplinarkammer kann auch gegen den Willen aus Luxemburg Richter und Staatsanwälte aus ihrem Dienst entlassen. Dies führt natürlich zu Problemen. Aufgrund dieser zweifelhaften Disziplinarkammer soll Warschau Bußgelder an die EU zahlen.

Nun wehrt sich das Verfassungsgericht in Polen, in dem sie das EU-Recht zurückstuft. Dieses juristische Tauziehen ist sehr bedenklich, da die Regierung nun in den Streit eingreifen will. Dies unterscheidet den Vorfall stark von der Debatte, die es auch in Deutschland um das EU-Recht gab. Die Bundesregierung beschwichtigte in dieser Situation, während Morawieckis die Rechtsordnung der EU zerstören will.

Nun kommt es vor allem darauf an, wie die EU-Kommission auf das Urteil in Warschau reagiert. Man spekuliert, dass die Kommission die Corona-Hilfen für Polen sperren könnte. Auf diese Weise würde Polen Milliarden verlieren. Bislang hält die EU 23,9 Milliarden Euro aus dem Corona-Aufbaufonds zurück. Allerdings wird ein Zusammenhang mit dem Polexit bislang noch bestritten. Dies erscheint mittlerweile allerdings nicht mehr besonders glaubwürdig.

Eins ist sicher, das Urteil erschwert die Kompromissversuche zwischen Warschau und Brüssel. Einige polnische Politiker behaupten jedoch, dass sich das Urteil nicht gegen das europäische Recht, sondern nur gegen die Anwendung richtet. Trotzdem wird die EU das Urteil nicht kommentarlos hinnehmen.

Allerdings kann die EU Polen nicht von der Union ausschließen. Ein endgültiger Austritt kann nur in Warschau beschlossen werden.

Juristischer Polexit

Das Urteil in Warschau zeigt nun deutlich, dass Polen auf einen juristischen Polexit zusteuert. Das Verfahren, welches von Mateusz Morawiecki, dem polnischen Regierungschef, angestrengt wurde, entschied, dass die EU sich nicht mehr in das polnische Justizwesen einmischen darf.

Viele Experten sind der Meinung, dass die Regierung diesen juristischen Polexit bewusst herbeiführt. Die Vorteile liegen auf der Hand, Polen kann die finanziellen Vorteile der EU weiterhin nutzen, unterwirft sich aber nicht mehr den Gesetzen der EU und den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs. Der Gerichtshof in Luxemburg verliert so seinen Einfluss in Polen.

Folgen des Polexits

Die Folgen eines Ausscheidens von Polen aus der EU sind schwer abzuschätzen. Der Austritt Polens ist für die EU sicherlich nicht leicht zu verkraften. Zumal der Austritt von Großbritannien deutliche Spuren in der Gemeinschaft hinterlassen hat.

Nichtsdestoweniger sehen die Verträge eindeutig den Vorrang des Europarechts vor den nationalen Gesetzen vor. Daran ist nicht zu rütteln. Julia Przylebska, die Vorsitzende Richterin in Warschau, treibt mit ihrem Urteil zu der Reform des polnischen Justizwesens nun den Konflikt auf die Spitze.

Wirtschaftliche Aspekte

Seit dem Beitritt in die EU hat sich der BIP Polens mehr als verdoppelt. Dies gilt schon als kleines Wirtschaftswunder. Die Wachstumsraten waren jedes Jahr deutlich höher als die Raten in den anderen Ländern der EU. Auch das Thema Arbeitslosigkeit hat Polen in den vergangenen Jahren gut bewältigt, die Arbeitslosenrate ist inzwischen niedriger als in den anderen Mitgliedsstaaten. Polen ist zudem ein sehr wichtiges Lieferland für Deutschland.

Auf der anderen Seite ist Polen der größte Empfänger von Fördergeld aus der EU. Aus den Fonds bekam das Land bislang 75 Milliarden Euro bezahlt. Rumänien bekommt im Vergleich dazu nur 30,3 Milliarden. Zu diesen Fördergeldern kommen noch Beiträge zur Agrarförderung und zum Wiederaufbau. Diese belaufen sich auf ungefähr 58 Milliarden Euro.

Umfragen zum Polexit

Im Januar 2020 ergab eine Umfrage, dass 89 Prozent der polnischen Staatsangehörigen in der EU bleiben wollen. Nur 6 Prozent waren der Meinung, dass Polen die Europäische Union verlassen sollten. 5 Prozent der Befragten waren sich damals noch unsicher. In einer anderen Umfrage sahen die Zahlen erstaunlicherweise völlig anders aus. Bei dieser Umfrage waren nur 41 Prozent der Polen der Meinung, dass ihr Land in der EU bleiben sollte. Dies zeigt, wie wage solche Umfragen sind.

Mögliche Lösungen des Konflikts

Wenn die Mehrheit der Polen in der EU bleiben möchte, muss die Mehrheit reagieren. In Großbritannien mussten die Bürger dreimal neu wählen, bevor der Brexit beschlossen wurden konnte. Letztendlich wird sich der Polexit dann auch an den Wahlurnen entscheiden.

Durch Wahlen können die Polen die Macht ihrer aktuellen Regierung einschränken und die Erhaltung der EU-Mitgliedschaft einfordern.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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