Was bedeutet „Gender Bender“? Bedeutung, Definition, Erklärung

Was bedeutet, Gender Bender, Bedeutung, Definition, Erklärung


Gender Bender kommt aus dem Englischen und bedeutet, dass jemand nicht den sozialen Erwartungen an Geschlechterrollen entspricht. Das mittlerweile auch im Deutschen verwendete Wort „Gender“ bezeichnet dabei das „soziale Geschlecht“ in Abgrenzung zum „biologischen Geschlecht“. Bender leitet sich vom englischen Verb „to bend“ ab, was „biegen“ oder „beugen“ bedeutet.

Ein*e so genannte*r Gender Bender*in ist also eine Person, die das soziale Geschlecht biegt oder beugt, das heißt: mit dem Geschlecht verbundene gesellschaftliche Rollenerwartungen durch Nonkonformität unterläuft und gegebenenfalls erweitert. Das kann auf verschiedene Arten passieren. Vor allem die Kleidung kann Gender Bending deutlich sichtbar markieren.

Gender Bending mit Kleidung: wie die Hose auch für Frauen normal wurde

Klassische Formen, Geschlecht und damit verbundene Normen und Erwartungshaltungen zu unterlaufen und damit aufzuweichen, sind Cross-Dressing und Drag. Beim Cross-Dressing werden typischerweise als weiblich betrachtete Kleidungsstücke von Männern getragen – oder auch männlich konnotierte Kleidung von Frauen. Ein fast schon historisches Beispiel, wie die Praxis des Gender Bendings funktioniert und ursprünglich mit einem spezifischem Gender verbundene Kleidungsstücke für alle verfügbar machte, ist die Hose.

Bis weit in das 19. und teilweise bis in das 20. Jahrhundert waren Hosen Männern vorbehalten. Heute tragen – zumindest in der „westlichen“ Welt – auch Frauen selbstverständlich Jeans oder andere Hosenarten. Auch Hosenanzüge gehören im geschäftlichen Alltag zu den normalen Dresscodes für Frauen. Die ersten Frauen, die Hosen trugen statt Röcken und Kleidern, waren gender benders (oder deutsch: Gender Benderinnen), weil sie sich „nicht weiblich“ kleideten. Heute ist dieser Kleidungsaspekt des weiblichen Genders nahezu vollständig gebeugt worden.

Drag: die Kings und Queens des Gender Bendings

Anders herum gilt es immer noch als nicht normal – oder sogar unnatürlich – wenn Männer Röcke oder Kleider tragen. Eine besonders deutliche Form des Gender Bendings, die über Kleidung hinaus geht, ist Drag. Ursprünglich stammt der Begriff von Shakespeare und ist eine Abkürzung für „dressed as a girl“ anhand der Anfangsbuchstaben. Dieses „d.r.a.g.“ notierte Shakespeare als Regieanweisung, wenn in den Theaterstücken weibliche Rollen vorgesehen waren. Die Betonung, dass die Person, die die Rolle spielt, als Mädchen (beziehungsweise Frau) verkleidet sein sollte, war notwendig, weil nur männliche Schauspieler am Theater erlaubt waren. (Dass es diese diskriminierende Regel an englischen Theatern nicht mehr existiert, ist auch ein Beispiel für erfolgreiches Gender Bending.)

Heute steht Drag dafür, dass Menschen in meist bewusst übertriebener Form sich einem anderen Geschlecht entsprechend kleiden und verhalten. Männer, die als Frauen gekleidet und geschminkt auftreten, nennen sich Drag Queens. Umgekehrt gibt es auch Drag Kings, also Frauen, die dem männlichen Geschlecht zugeschriebene Merkmale als Kostüm tragen und in Performances darbieten. In der Regel handelt es sich bei diesen Performances um liebevolle Zurschaustellungen von Geschlechter-Klischees.

Drag überspitzt Optik und Eigenschaften, die dem Geschlecht zugeschrieben werden und verdeutlicht dadurch performativ, dass es nicht ausschließlich die biologischen Merkmale sind, die Geschlecht ausmachen. Insofern ist beispielsweise ein Drag King ein sehr offensiver Gender Bender, Drag allgemein eine extreme Form des Gender Bendings.

Gender Bender subtil: Androgynität im Alltag

Durch den starken Rückgriff auf Gender-Rollenklischees ist allerdings fraglich, ob und wie Drag diese auch aufweicht im Sinne des Gender Bendings. Eine subtilere, aber vielleicht wirkungsvollere Art, Gender zu biegen und zu beugen wie in der Bedeutung des Begriffs Gender Bender impliziert, ist Androgynität.

Androgynität heißt, dass „beide“ Geschlechter vereint sind. Ursprünglich aus dem Griechischen stammend, bezeichnet der Begriff verschiedene Phänomene, in denen Männlichkeit und Weiblichkeit kombiniert und vermischt – oder die Grenzen zwischen beiden komplett verwischt sind. Mit dem Adjektiv „androgyn“ beschreibt man entsprechend Personen, die Eigenschaften und Merkmale verschiedener Geschlechter vereinen und nicht klar einem Geschlecht oder Gender zugeordnet werden können.
Auch Mode kann „androgyn“ sein, etwa wenn Kleidung statt explizit für Männer oder Frauen als genderneutrale Kleidung gestaltet wird. Auch wenn das Modedesign innerhalb der Männermode ursprünglich eher mit weiblicher Kleidung assoziierte Elemente verwendet und Männer dies auf dem Laufsteg oder im Alltag tragen, entsteht oft der Effekt einer androgynen Optik. So muss ein Gender Bender kein Cross-Dresser sein, sondern kann auch durch kleinere Abweichungen vom normalen Kleidungsstil die gesellschaftlich zugeschriebenen Grenzen des Geschlechts erweitern.

Nonbinarität, trans, inter und Diversität

Gender Bender gibt es aber nicht nur im oberflächlichen Sinne der Mode. Der Begriff Gender Bender geht auch viel weiter. Viele Menschen identifizieren sich nicht mit einem der beiden üblicherweise vorausgesetzten Geschlechter: männlich oder weiblich – und lehnen das Konzept der Zweigeschlechtlichkeit ab. Tatsächlich werden Menschen auch in rein biologischen Kategorien nicht immer eindeutig als männlich oder weiblich geboren. Haben Menschen biologische Merkmale beider Geschlechter, wird das Adjektiv „inter“ verwendet. Inter Personen sind insofern natürliche Gender Bender, weil sie – völlig ohne das selbst aktiv zu wollen oder hervorzuheben – die tradierten Vorstellungen von Geschlecht erweitern.

Nicht zuletzt weil es selbst unter rein naturwissenschaftlichen Kategorien keine eindeutige Unterscheidung zwischen ausschließlich zwei Geschlechtern gibt, lehnen viele diese Binarität der Geschlechter generell ab. Menschen, die sich nicht mit dem angeborenen biologischen Geschlecht identifizieren, bezeichnen sich mit dem Adjektiv „trans“ und biegen und beugen die Grenzen der Geschlechter häufig nicht nur wie klassische Gender Bender, sondern überschreiten sie sogar.

Menschen, die die sich als „nonbinär“ identifizieren und die Binarität der Geschlechter komplett ablehnen, sind gewissermaßen die Speerspitze des Gender Bendings, indem sie vorweg nehmen, worauf Gender Bender implizit abzielen: die gesellschaftlichen Grenzen der Geschlechter so weit zu biegen und beugen, bis sie überwunden sind. Ein Vorwurf gegenüber Gender Bendern ist auch, dass sie die Unterschiede von Frauen und Männern komplett nivellieren wollen würden. Meistens geht es Gender Bendern allerdings nicht um ein solches Ziel, sondern lediglich darum, die als zu eng empfundenen Schubladen, die die Gesellschaft für Jungen und Mädchen bereit halten, zu vergrößern und offener zu gestalten.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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