Beim „Shifting Baseline Syndrom“ handelt es sich um ein Phänomen der Umweltforschung, welches in der Wissenschaft sowie Gesellschaft eine zunehmende Rolle spielt. Ganz grundsätzlich beschreibt es die Tendenz, dass sich die Vorstellungen und Erwartungen einer Gemeinschaft in Bezug auf die Natur und Umwelt beständig wandeln. Was heute als normal und akzeptabel betrachtet wird, kann schon morgen in einem gänzlich anderen Kontext gesehen werden. Dabei kann es sich sowohl um Umweltschutz, Ressourcenverwendung sowie Nachhaltigkeit handeln. Mutmaßlich betrachtet das Shifting Baseline Syndrom dabei eine Veränderung der zugrundeliegenden Baseline, die eine Art Referenzpunkt darstellt, an dem Veränderungen gemessen werden können.
Veränderungen der Referenzpunkte geschehen graduell – sie passieren also nur schrittweise und bleiben daher oftmals unbemerkt. Dies führt zum einen dazu, dass der Mensch sich den Tragweiten seiner Handlungen oftmals nicht so sehr bewusst ist. Schädliche Auswirkungen in Bezug auf Natur und Umwelt machen sich zudem oft zeitversetzt bemerkbar. Die tatsächlichen Auswirkungen bekommen demnach erst zukünftige Generationen zu spüren.
Der nun folgende Artikel soll sich daher einmal detailliert mit dem Sachverhalt des Shifting Baseline Syndroms in Bezug auf die Themen Natur, Umwelt und Nachhaltigkeit beschäftigen. Dabei soll es sowohl um eine Sinn- und Wortdefinition, als auch um Auswirkungen, Ansätze zur Bekämpfung sowie um die gesellschaftliche Relevanz des Shifting Baseline Syndroms gehen.
Was ist das “Shifting Baseline Syndrome”? Bedeutung, Definition, Erklärung
Der Begriff „Shifting Baseline Syndrom“ setzt sich aus den englischen Worten „shifiting“ (deutsch: sich verändernd), „Baseline“ (deutsch: „Basislinie“ oder „Referenzpunkt“) sowie „syndrome“ (deutsch: „Syndrom“ oder „Krankheit“) zusammen. Es handelt sich also um ein Phänomen im negativen Kontext, welches eine sich verändernde Basislinie nach sich zieht. Als Basislinie oder Referenzpunkt können verschiedenste Dinge gemeint sein. Im Natur- und Umweltkontext handelt es sich dabei jedoch vornehmlich um die Punkte Umweltschutz, Nachhaltigkeit sowie Ressourcenschonung.
Das hinter dem Shifting Baseline Syndrom stehende Konzept beschäftigt sich daher mit der Veränderung der subjektiven Wahrnehmung von Natur und Umwelt. Ganz konkret beschreibt das Konzept, inwieweit sich unsere Vorstellungen sowie Erwartungen im Laufe der Zeit ändern. Als Gründe für Veränderungen können verschiedene Umweltprobleme angeführt werden. Dabei kann es sich zum Beispiel um den unwiederbringlichen Verlust von biologischer Vielfalt oder Ökosystemen handeln.
Die Folge des Shifting Baseline Syndroms kann abnehmende Qualität der Umwelt und damit der individuellen Lebensumstände bedeuten. Indem wir sich verschlechternde Zustände akzeptieren und irgendwann gar nicht mehr wahrnehmen, verlieren wir den Blick für das große Ganze. Damit beschreibt das Shifting Baseline Syndrom ganz klar eine Verschiebung der individuellen Referenzpunkte zur Beurteilung bestehender Zustände.
Auswirkungen des Shifting Baseline Syndroms auf die Natur und Umwelt
Das Shifting Baseline Syndrom hat große Auswirkungen auf die Natur und die Umwelt. Denn es bedingt, dass der Mensch diese anders wahrnimmt, beziehungsweise beeinflusst. Das Konzept hinter dem Shifting Baseline Syndrom deutet nämlich an, dass dieses das Verständnis von normal und akzeptabel ändert. Somit hat das Shifting Baseline Syndrom verschiedene Auswirkungen auf die Natur und die Umwelt. Dabei gibt es sowohl kurzfristige als auch langfristige Auswirkungen.
Ganz konkret handelt es sich dabei um den Rückgang oder den Verlust von Ökosystemen. Dieser kann mit einem Verlust von Arten, Gattungen sowie der zugrundeliegenden Vielfalt einhergehen. Weitere Auswirkungen können in Form von Wetter- oder Umweltereignissen wie zum Beispiel Klimaerwärmung, verstärktes Aufkommen von Umweltkatastrophen sowie eine sich verschlechternde Lebensgrundlage einhergehen.
Das Shifting Baseline Syndrom ist damit ein Konzept, welches sich mit negativen Aspekten der menschlichen Sicht- und Denkweise beschäftigt. Es gilt als maßgebliches Hindernis für den Schutz sowie die Erhaltung der Natur und Umwelt und wird von Wissenschaft und Gesellschaft aktuell heiß diskutiert.
Ansätze zur Bekämpfung des Shifting Baseline Syndroms
Um effektiv gegen die Auswirkungen des Shifting Baseline Syndroms vorgehen zu können, ist es extrem wichtig, die verschiedenen Wirkmechanismen zu verstehen. Aus diesen können dann Ansätze entwickelt werden, die eine Bekämpfung ermöglichen. Das Shifting Baseline Syndrom ist im Grunde genommen ein Wahrnehmungsfehler, der aufgrund von graduellen Ereignissen geschieht. Diese sorgen beim Empfänger von Informationen für weniger Relevanz, als beispielsweise akute, schwerwiegende Ereignisse.
Als Beispiel hierfür wird oftmals der Frosch im Kochtopf ins Feld geführt. Wird dieser direkt in heißes Wasser geschmissen, wird dieser die Gefahr erkennen und so schnell wie möglich aus dem heißen Wasser zu fliehen versuchen. Wird das Wasser jedoch – gemeinsam mit dem Frosch – graduell erwärmt, so bekommt dieser den schleichenden Temperaturanstieg (und damit die Gefahr für ihn) nicht mit und verstirbt schlussendlich daran.
Ansätze zur Bekämpfung des Shifting Baseline Syndroms basieren daher vor allem auf Bildung, Sensibilisierung sowie Wiederherstellung. Um ein tiefgehendes Verständnis über potenzielle Bekämpfungsansätze des Shifting Baseline Syndroms zu liefern, sollen die nun folgenden Unterabsätze die drei populärsten Möglichkeiten aufzeigen.
1. Ansatz: Bildung und Sensibilisierung
Bildung und Sensibilisierung kann unter anderem dafür eingesetzt werden, um den Menschen über den Wert und die Bedeutung der Natur und Umwelt aufzuklären. Auch können Bildung und Sensibilisierung dazu genutzt werden, um ein besseres Verständnis über Normalität und Akzeptabilität zu schaffen. Hierbei ist es ebenso bedeutsam, dass der Mensch über die Auswirkungen seines Handelns (auch in Bezug auf Auswirkungen auf ihn selbst) aufgeklärt wird.
Derartige Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen können unter anderem in Schulen und Gemeinden, Unternehmen sowie in Organisationen durchgeführt werden. Informationsveranstaltungen, Umweltbildungsprogramme, Exkursionen und Aktivitäten eignen sich hier insgesamt am besten, um die notwendigen Informationen bestmöglich zu übermitteln.
2. Ansatz: Erhaltung und Schutz verschiedenster Ökosysteme
Die Erhaltung und der Schutz verschiedenster Ökosysteme stellt ein weiterer Bekämpfungsmechanismus gegen die Auswirkungen des Shifting Baseline Syndroms dar. Dabei geht es vor allem darum, den Verlust der biologischen Vielfalt zu begrenzen, verlangsamen oder ganz zum Stillstand zu bringen. Konkrete Handlungsmaßnahmen können in der Ausweitung von bestehenden Schutzgebieten bestehen. Aber auch die Wiederherstellung von beschädigten Ökosystemen durch regenerative Maßnahmen oder Überflutungsregulierungen sowie der Rückwandlung von landwirtschaftlich oder industriell genutzten Flächen kann dabei im Vordergrund stehen.
3. Ansatz: Beteiligung und Engagement der Bevölkerung
Zu guter Letzt setzt die Bekämpfung des Shifting Baseline Syndroms auch auf die Beteiligung und das Engagement der gesamten Bevölkerung. Besonders wichtig sind dabei die Schärfung des Umweltbewusstseins sowie individueller Verhaltensweisen. Um dies zu erreichen, kann zum Beispiel auf Informationskampagnen gesetzt werden. Workshops zur praktischen Umweltbewahrung kommen hier ebenso infrage.
Ganz konkret sind hierfür Gemeinschaftsprojekte besonders wertvoll. Denn diese sorgen dafür, dass die Bevölkerung gemeinsam an der Umsetzung von Projekten zur Bekämpfung des Shifting Baseline Syndroms beteiligt ist. Dies kann sich zum Beispiel im Pflanzen von Bäumen, im Reinigen von Naturschutzgebieten sowie in weiteren Aktivitäten darstellen.
Nur wenn es gelingt, auch weitere Teile der Bevölkerung in Kampagnen zur Bekämpfung des Shifting Baseline Syndroms miteinzubeziehen, kann von einem wirklich nachhaltigen Effekt gesprochen werden.
Relevanz des Shifting Baseline Syndroms in der heutigen Gesellschaft
Das Shifting Baseline Syndrom wird in der heutigen Gesellschaft ein immer wichtigerer Faktor. Es drückt aus, dass jede Generation seine eigene Referenzlinie besitzt und Dinge, die mit der Umwelt geschehen, anders normal oder akzeptabel einschätzt.
Das Konzept hinter dem Shifting Baseline Syndrom besitzt heute vor allem Relevanz in puncto Klimawandel, wo dieses Phänomen die allmählich sichtbar werdenden Schäden, verursacht durch vergangene Generationen, thematisiert. Umweltbewahrung und das Stoppen des Klimawandels sind große Ziele der heutigen Gesellschaft, die sich natürlich grundsätzlich auch damit beschäftigt, inwieweit der Mensch es eigentlich so weit hat kommen lassen.
Gleichzeitig stellt das Shifting Baseline Syndrom eine Warnung für die Gesellschaft dar, die schleichende Prozesse und graduelle Veränderungen mittlerweile immer besser wahrnimmt. Nur durch die Erkennung des Shifting Baseline Syndroms können auch tatsächlich Abwehrmechanismen in Gang setzt werden, weshalb aktuell vor allem jüngeren Generation sowie die Wissenschaft um die Gefahren des Shifting Baseline Syndroms informiert sind und dieses als ernstzunehmendes Risiko für Natur und Umwelt einstufen.
Perspektive des Shifting Baseline Syndroms in verschiedenen Szenarien
Das Shifting Baseline Syndrom gilt als eine vergleichsweise neuartige Entdeckung, die neben dem Umweltkontext mittlerweile auch in den Sozialwissenschaften beobachtet wird. Hier führt eine Abstumpfung gegenüber arbeitstechnischen Veränderungen ebenso zu besorgniserregenden Verschiebungen von Referenzpunkten.
Perspektivisch wird das Shifting Baseline Syndrom wohl auch noch in weiteren Wissenschaftsbereichen neue Erkenntnisse liefern und stellt damit eine wichtige Entdeckung der neuen Zeit dar. Denn Shifting Baseline führt über kurz oder lang dazu, dass sich Überzeugungen, Verhaltensweisen sowie Akzeptanzkriterien quasi unbemerkt ändern – oftmals zum Schlechten! Nur wer ein kontinuierliches Verständnis einer Baseline verinnerlicht, kann negativen Prozessen gegensteuern und seien sie auch noch so klein und (vermeintlich) unbedeutend.
Fazit zum Thema Shifting Baseline Syndrom
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das Shifting Baseline Syndrom eine negative Tendenz in der Denkweise den Menschen beschreibt. Es wird mittlerweile als einer der bedeutsamsten Gründe für sich zum Negativen entwickelnde Umwelt- und Sozialbedingungen gehandelt. Die Ursache für das Shifiting Baseline Syndrom kann in der schlecht funktionierenden Wahrnehmung gradueller Veränderungen des Menschen gefunden werden. Wenn sich Dinge nur sehr langsam und in kleinen Schritten ändern, so werden diese vom Menschen häufig nicht wahrgenommen oder es wird den Änderungen keine große Bedeutsamkeit beigemessen. Das kann sowohl im positiven sowie negativen Kontext geschehen. Das Shifting Baseline Syndrom beschreibt damit ein aktuelles Trendthema der Verhaltenspsychologie sowie der Wissenschaft.
Die Bezeichnung „Shifting Baseline Syndrom“ ist unter anderem mit der Begrifflichkeit der „Kultur der Normalität“ verwandt. Auch diese thematisiert eine sich verschiebende Referenzlinie. Ein ähnlich verwandter Begriff stellt aber auch der „Kreislauf der Veränderung“ dar. Diese deutet aber weniger graduelle Veränderungen, sondern vielmehr wiederkehrende Veränderungsprozesse an.