Was bedeutet der bayerische Ausdruck „Fotzn“? Wortherkunft, Bedeutung, Definition, Erklärung

Was bedeutet der bayerische Ausdruck Fotzn, Wortherkunft, Bedeutung, Definition, Erklärung


Die „Fotzn“ (auch: die „Fotzen“ oder der „Fotz“) ist ein bairischer Dialektausdruck für

  • Mund, Maul: „Hoit dei Fotzn!“ („Halt deinen Mund!“)
  • Gesicht, Visage: „…und hot eahm glei Pfinger in Pfotzn ghaut, daß Pfunkn gflogn san.“ („…und hat ihm gleich die Finger ins Gesicht geschlagen, dass die Funken geflogen sind.“
  • Ohrfeige, Watsche: „Du brauchast a solcherne Fotzn!“! („Du bräuchtest so eine Ohrfeige!“)

Wortherkunft: Wo kommt das Wort „Fotzn“ her?

Zur Herkunft des Wortes „Fotzn“ gibt es unterschiedliche Theorien. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat es seinen Ursprung im Lateinischen. Einige Sprachforscher führen „Fotzn“ auf das lateinische „vox“ (die Stimme, der Ausspruch, die Rede) zurück. Andere halten „Fotzn“ für ein Lehnwort des lateinischen „facies“ (das Gesicht, das Antlitz).

Rund um „Fotzn“ gibt es im bairischen Dialekt viele teils derbe, teils aber auch rustikal liebevolle Redensarten:

Was bedeutet „Fotzn“?

„Fotzn“ in der Bedeutung „Mund“

„D’Fotzn gähd scho wieder“: Wenn das Mundwerk wieder geht, jemand also wieder viel redet, kann es nicht so schlimm stehen um die Person.
„D’Fotzn ned aufbringa“ muss andererseits kein Zeichen für schlechtes Befinden sein: Die Redewendung beschreibt wortkarge Menschen, die wenig bis nichts zur Unterhaltung beitragen. Und da so jemand kein Gewinn für eine lustige Runde sind, gilt: „Den brauchst gar ned erst eiladn, der bringt ja d’Fotzn ned auf!“.

Wer „d’Fotzn ned aufbringt“ hat immerhin einen Vorteil: Er oder sie kann sich nicht so ohne weiteres „d’Fotzn verbrenna“, also sich durch unbedachte Worte in Schwierigkeiten bringen. Und so wird es später nicht heißen: „Nach da dritten Mass mit’m Chef hod a se d’Fotzn gscheid verbrennt!“.

Denn über jemanden, der sich „d’Fotzn verbrannt“ hat, werden möglicherweise andere „sich d’Fotzn zreißen“: Sie werden über ihn schlecht reden, über ihn herziehen.

„Fotzn“ in der Bedeutung „Gesicht“

Wenn heute jemand das Gesicht eines anderen als „Fotzn“ bezeichnet, ist das in der Regel nicht eben freundlich gemeint. Das hört sich dann etwa so an: „Wenn i dera ihr bläde Fotzn siehg, glangt’s ma scho! („Wenn ich das dumme Gesicht von ihr sehe, reicht es mir schon!“).

Der deutsche Schriftsteller und Heimatforscher Max Peinkofer (1891-1963) zeigt, dass im bairischen Dialekt die „Fotzn“ oder auch der „Fotz“ in früheren Zeiten als völlig neutrale Bezeichnung für das Gesicht verwendet wurde. So möchte in einer seiner Geschichten eine Dame ein Portrait von sich zeichnen lassen. Sie fragt ihren Mann: „Soit ön breutn oder gspitzn, ha, mein Fotz?“ („Soll ich ihn breit ziehen oder spitzen, meinen Mund?“). Worauf er antwortet: „So gspitzn na!“ („Dann spitze ihn eben!“). Offenbar hat der Begriff erst im Laufe der Zeit eine negative Bedeutung angenommen.

„Fotzn“ in der Bedeutung „Ohrfeige“

„Fotzn“ wird gern in derben, teils sogar beleidigenden Zusammenhängen gebraucht. Aber: Der Begriff „Fotzn“ hat im Bairischen niemals die Bedeutung von Vagina (vulgärsprachlich: die „Fotze“). Nachfolgender Witz spielt mit der Ähnlichkeit zwischen dem bairischen Ohrfeigen-Wort und dem vulgärsprachlichen Begriff für das weibliche Geschlechtsorgan einerseits und der unterschiedlichen Bedeutung der beiden Wörter andererseits: „Der Bub sagt: ‚Vadda, i möcht a Geschlechtsumwandlung!‘ Der Vater erwidert: ‚A Fotzn konst ham!'“ In einer Gesellschaft, die für gewaltfreie Erziehung, Toleranz und Diversität eintritt, bricht dieser Witz – wie viele Witze es tun – natürlich mit Tabus. Das Wortspiel unterstreicht aber sehr schön, dass die bairische „Fotzn“ kein vulgärsprachliches Wort ist.

Fazit

Der bairische Ausdruck „Fotzn“ bedeutet je nach Zusammenhang entweder „Mund“ oder „Gesicht“ oder „Ohrfeige“. Oft wird er in derber Weise gebraucht, meint aber nie etwas Vulgäres. Als vor einigen Jahren eine Zahnärztin ihrer Praxis in Garmisch-Partenkirchen den Namen „Fotzn’spanglerei“ gab, sorgte das für einigen Wirbel um das aus Sicht mancher Kritiker anrüchige Wort. Zu Unrecht: Der Name „Fotzn’Spanglerei“ greift auf harmlose und witzige Weise das bairische Dialekt-Wort „Fotznspangler“ für „Zahnarzt“ auf und hält damit ganz nebenbei einen wunderbar bildhaften Begriff am Leben.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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