Kaum ein anderer übernatürlicher Mythos hat Varianten in so vielen verschiedenen Kulturen wie der sogenannte Wiedergänger. Der Glaube, dass die Toten aus ihren Gräbern auferstehen und entweder zurück kommen, um schlechte Nachrichten zu überbringen, Unheil zu verbreiten oder in seltenen Fällen sogar über ihre Liebsten zu wachen, ist heute in vielen Legenden zu finden. Die meisten der Gespenstergeschichten gehen auf die eine oder andere Weise auf die Legenden der Wiedergänger zurück und bereits vor vielen hundert Jahren wurde dieser Mythos bereits verbreitet. Der Ursprung ist heute umstritten und natürlich handelt es sich um paranormale Legenden. Aber was hat es mit den Geschichten rund um die Wiedergänger genau auf sich?
Was sind Wiedergänger? Bedeutung, Definition, Erklärung, Mythologie
Die Geschichte der Wiedergänger zieht sich durch verschiedene Geschichten des Mittelalters bis in die Moderne und fast immer handelt es sich dabei um die Rückkehr eines Toten. Anders, als man es heute aus den modernen Adaptionen für Zombiefilme oder ähnliche Werke kennt, handelt es sich aber nicht um schlurfende und weitestgehend ohne eigenen Willen agierende Monster. Bei Wiedergängern handelt es sich nach dem Volksglauben um böse Wesen, die ihren Gräbern entwichen sind, um auf die eine oder andere Weise Terror oder unter die Lebenden zu bringen. Dabei haben sie fast immer eine menschliche Form und sind höchstens in Details von einem lebenden Menschen zu unterscheiden.
Dabei ist es keinesfalls eine der vielen Spukgeschichten, die erst in der modernen Zeit entstanden ist. Bereits im frühen nordischen Volksglauben der Wikinger, also bereits startend ab etwa dem 7. Jahrhundert, waren Untote und Wiedergänger durchaus ein Bild, das in den entsprechenden Kulturen vorhanden war. Bei den nordischen Völkern war es beispielsweise der Draugr, der aus seinem Grabhügel kommt und von dort aus Schrecken verbreiten könnte. Er ist aggressiv und hat übermenschliche Kräfte und könnte ein ganzes Dorf überfallen. Nur eine Enthauptung eines möglichen Wiedergängers wäre eine Gewissheit, dass dieser keine Gefahr mehr für die Lebenden darstellt.
Wie genau der Wiedergänger auftaucht ist von Kultur zu Kultur und von Geschichte zu Geschichte anders. Zwischen den sogenannten Aufhockern im Mittelalter, die Wanderer überfielen und bis zum Friedhof getragen werden mussten bis hin zu den Wiedergängern, die in ihre Dörfer zurückkehrten und versuchten ihr Leben weiterzuleben, gibt es allerlei Legenden und Geschichten. Besonders häufig wurden die entsprechenden Wesen als aggressiv dargestellt und sollen auf der Suche nach etwas oder jemandem gewesen sein, der sie noch mit dem Leben verband.
Welche Eigenschaften haben die Wiedergänger im Volksglauben gehabt?
Interessanter als die konkrete Form der Wiedergänger sind natürlich die entsprechenden Eigenschaften, die mit ihrer Erscheinung verbunden sind. Auch hier unterscheiden die Legenden verschieden Ansätze. Generell wird ein Wiedergänger als ein schlechtes Omen bezeichnet. Geht ein Wiedergänger durch das Dorf, in dem er gelebt hat, soll er Krankheiten bringen. Dazu passt eine Geschichte aus dem mittelalterlichen England, in dem gleich zwei Wiedergänger ihre Särge bei Nacht durch das Dorf getragen haben. Kurz darauf wurde ein großer Teil der Dorfbewohner krank und verstarb. Dass genau zu dieser Zeit die erste Pestwelle Großbritannien erschütterte wird wohl kein Zufall gewesen sein.
Es soll auch vorgekommen sein, dass ein Wiedergänger vor allem aufgrund unerledigter Aufgaben in der Welt der Lebenden zurückkehrte. So soll manch einer eine letzte Botschaft für die eigene Familie gehabt haben und andere waren auf der Suche nach Rache gegenüber ihren Mördern, die kurz darauf von dem Wiedergänger überfallen worden sind und starben. All das sind natürlich Legenden, die sich mit ein wenig Recherche und logischer Erklärung auch so deuten lassen, dass man hier übernatürliche Phänomene für ausufernde Trauer oder den einen oder anderen Rachemord in Dörfern verantwortlich machte.
Die Bekämpfung von Wiedergängern im Laufe der Geschichte
Je mehr sich der Aberglaube an die Wiedergänger verbreitete, desto größer waren die Ängste in der Bevölkerung. Auch die Priester in den Städten und Dörfern warnten mitunter vor den Gefahren, die von Wiedergängern ausgingen und bezogen sich dabei nicht selten auf vermeintliche Sünden, die die Verstorbenen vor dem Ende ihres Lebens nicht mehr gebeichtet haben. Also versuchten die Bewohner der Dörfer zu verhindern, dass möglicherweise ein bekannter Sünder, ein ungeklärter Mordfall oder auch nur ein fragwürdiger Verwandter den Weg zurück in die Welt der Lebenden fand.
Bei Ausgrabungen in unterschiedlichen Teilen Europas wurden Zeichen gefunden, dass massiv daran gearbeitet wurde, Wiedergänger an der Rückkehr zu hindern. Während man tatsächlich Leichen gefunden hat, bei denen ein Pfahl durch das Herz gestoßen wurde – als Bekämpfung von Vampiren – sind auch posthume Enthauptungen keine Seltenheit gewesen. In einigen der Gräber wurde festgestellt, dass Tote anscheinend mit Ketten begraben wurden, die sie daran hindern sollten, aus ihren Gräbern aufzusteigen. Besonders beliebt waren auch schwere Steine, die dem Toten mit in das Grab gelegt wurden und die verhindern würden, dass der Körper sich nach seinem Tod noch einmal erheben konnte. Der Glaube war also so tief in den Kulturen verbreitet, dass tatsächlich Maßnahmen ergriffen wurden, um sich gegen einen Wiedergänger oder einen anderen Untoten zu schützen.
Mögliche rationale Erklärungen für die Legende der Wiedergänger
Wie bei den meisten Legenden und Sagen ist auch bei den Erzählungen von Wiedergängern davon auszugehen, dass es am Anfang eine rationale Begründung für die Ängste gegeben hat. Neben den bereits erwähnten umwälzenden Ereignissen dieser Jahre – etwa plötzliche Tode durch die Pest oder religiöse Erklärungen für einfachste Phänomene – könnte der Glaube an die Wiedergänger schon auf Beobachtungen aus der griechischen Antike zurückgeführt werden. Bei Untersuchungen von Toten glaubte man beispielsweise festgestellt zu haben, dass Haare und Fingernägel nach dem Tod weiterwuchsen. Das ist inzwischen widerlegt und lag viel mehr daran, dass die Haut bei Toten zusammenschrumpfte und diese Teile des Körpers daher länger erschienen.
Ähnlich verhielt es sich damit, dass Körper nach dem Tod aufgedunsen sind und sich für den Betrachter auf den ersten Blick als gesünder präsentierten – was aber eigentlich nur daran lag, dass die Toten vorher unterernährt waren und es recht wenige Indikatoren dafür gab, wie ein Mensch wirklich gesund aussah. Alles in allem dürften diese Entdeckungen der frühen Anatomie und Pathologie dazu beigetragen haben, den Mythos um Menschen zu befeuern, die sich nach dem Tod noch einmal aus ihrem Grab erhoben. Gemeinsam mit Geschichten, der Religion und dem allgemeinen Krieg und Schrecken in dieser Zeit, entstand ein neuer Mythos, der sich bis in die Vergangenheit halten konnte.