Was ist „rage farming“ / „rage baiting“? Bedeutung, Definition, Erklärung

Was ist rage farming, rage baiting, Bedeutung, Definition, Erklärung


Rage Farming oder Rage Baiting (selten auch „Rage Seeding“ genannt) ist Netzjargon und beschreibt eine manipulative Taktik, welche durch das Auslösen von Empörung eine Erhöhung der Klickraten und des Engagements anstrebt.

Was ist „rage farming“? Bedeutung, Definition, Erklärung

Der Neologismus „rage farming“ ist eine spezielle Form von Clickbait, welche sich der Ängste von Internetnutzern bedient. Oft wird versucht durch anstößige oder aufhetzerische (und oft kontroverse) Schlagzeilen eine hohe Klickrate sowie eine heftige Reaktion zu erzielen. Zumeist zielt die Phrasierung dieser Überschriften auf eine bestimmte Zielgruppe ab und bedient sich deren Bestätigungsfehler, um deren bereits existente Hypothesen zu untermauern.

Oft reicht allein eine brisante Schlagzeile aus, um virale Empörung auszulösen, selbst wenn der dazugehörige Artikel diese wieder abschwächen könnte. Rage Baiting geht meist aber noch einen entscheidenden Schritt weiter und verbreitet gänzlich erfundene Artikel, dessen Inhalt wie Fakten präsentiert werden.

Älter als „rage farming“ ist der Begriff „rage bait“, der seit mindestens 2009 in Umlauf ist. Erst seit dem Januar 2022 ist auch der Ausdruck „rage farming“, der sich mit „Zorneswirtschaft“ übersetzen ließe, bekannt.

„Rage farming“ – Verwendung

Die Taktik kann sowohl von Einzelpersonen als auch von Unternehmen, politischen Parteien und anderen Vereinigungen betrieben werden.
Bei Individuen spricht man zumeist von „trolling“. Beweggrund dieses Verhaltens kann Langeweile oder ein hohes Aufmerksamkeitsbedürfnis sein, wobei auch Rache ein Motiv sein kann.

Öfter allerdings wird wirkliches „rage farming“ taktisch eingesetzt, um durch Aufmerksamkeit mehr Follower, eine Gewinnmaximierung, die Verbreitung von Verschwörungstheorien oder eine weitere Spaltung der Gesellschaft zu generieren. Meistens fallen dabei mehrere dieser Interessen zusammen. Somit ist „rage farming“ ein wirksames Propagandawerkzeug, das vor allem in der rechten Szene Verwendung findet.

Grundsätzlich gilt für diese Manipulatoren das alte Sprichwort „All attention is good attention“ (deutsch: Alle Aufmerksamkeit ist gute Aufmerksamkeit).

Rage Farming wird nicht nur in Form von inkorrekten Artikel betrieben. Auch Memes und Meinungsposts generieren denselben Effekt.

„Rage farming“ – Beispiele

Ein besonders erfolgreiches Beispiel von Rage Farming erfolgte im Januar 2022 mit einem Tweet der Republikanischen Partei von Texas, welcher verkündete „Wenn man für einen Covid-Test anstehen kann, kann man auch für die Wahl anstehen.“

Diese Aussage brachte die neuen Beschränkungen, welche das Wählen in Texas schwieriger machten, zur Sprache und erzürnte jene, welche zu diesen in Opposition standen, während sie die andere Seite erfreuten. Dadurch erhielt der Tweet über elftausend Retweets, über zehntausend Quote-Tweets und etwa 53.000 Likes, was einen enormen Anstieg darstellt, bedenkt man, dass die meisten Tweets des Accounts selten über 100 Likes erhält.

„Rage farming“ – Gegenmaßnahmen und Komplikationen

Nach zahlreichen Beschwerden führte Facebook einen Anti-Clickbait-Algorithmus ein, um ihren News Feed von Schlagzeilen, die „Informationen vorenthalten, übertreiben oder verzerren“, zu befreien. Dies wurde angeblich durch das Filtern oft genutzter Wörter und Phrasen erzielt und zog Konsequenzen für Herausgeber, welche sich wiederholt nicht an das Clickbait-Verbot hielten, nach sich.

Um Nutzern mehr Engagement abzuringen und dadurch eine Gewinnmaximierung zu erzielen, wurde der Facebook-Algorithmus ab 2017 jedoch dahingehend geändert, dass Emojireaktionen mehr ins Gewicht fielen als Likes, was wiederum zu einer erhöhten Bevorzugung von „rage farming“-Inhalt führte, da wie in den meisten sozialen Medien sowohl positives als auch negatives Feedback belohnt wird.

Um für mehr Bewusstsein zu sorgen, veröffentlichte Netflix 2020 den Dokumentarfilm „Das Dilemma mit den sozialen Medien“, welcher sich unter anderem mit dem gewinnmaximierenden Design von sozialen Medien auseinandersetzt.

2021 zeigte ein Bericht der Washington Post zusätzlich, dass Facebook nur 16 % seines Budgets dazu nutzte, Hassrede und Missinformation außerhalb der USA zu bekämpfen, wobei vor allem Entwicklungsländer durch Falschinformationen angreifbar sind. Die restlichen 84 % kamen den USA zugute, welche jedoch nur 10 % der täglichen Nutzer ausmachen.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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