Als digitales Blackfacing wird die Verwendung von Gifs, Memes und Emojis, die Schwarze Menschen zeigen, durch nicht-schwarze Personen bezeichnet. Häufig handelt es sich dabei um sogenannte Reaktions-Gifs. Sie sollen eine bestimmte emotionale Reaktion der schreibenden oder kommentierenden Person ausdrücken. Stereotype Mimiken und Gestiken Schwarzer Menschen oder Schwarzer Kultur werden dabei isoliert und als überspitzte Darstellungen der zu übermittelnden Emotion genutzt. Beliebt sind Gifs, die Schwarze Prominente wie z.B. die Sängerinen Beyoncé und Rihanna, der Rapper Tupac oder die Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey zeigen.
Was ist digital Blackfacing? Bedeutung, Definition, Erklärung
Die Praxis des digitalen Blackfacings wird als Form von digitalem Rassismus von vielen Medien- und Kulturwissenschaftler*innen kritisiert. Sie sehen darin eine Tradition, die zurückgeht auf das Blackfacing der Minstrel Shows oder Blackface Minstrelsy, die im Norden der USA im 19. Jahrhundert beliebt waren. Der Begriff „Blackface“ bezeichnet dabei das schwarz-geschminkte Gesicht der in diesen Shows auftretenden Clowns, die mittels übertriebener Gebärden und überzogener Gestik und Mimik über Schwarze Menschen und deren Kultur spotteten. Diese Überspitzungen finden sich laut Kritiker*innen auch in den als digitales Blackfacing bezeichnetet Reaktions-Gifs wieder.
Auch in anderen Ländern war und ist es Teil von Bräuchen und Traditionen, dass Weiße Menschen ihre Gesichter schwarz schminken. Häufig geschieht dies im Kontext von Weihnachtstraditionen und den dazugehörigen Paraden, Festen, Feiern und darstellenden Spielen. So wird etwa in Deutschland Knecht Ruprecht, in der Schweiz Schmutzli, in Österreich Krampus oder in den Niederlanden Zwarte Piet häufig von Weißen Personen, die schwarz angemalt werden, verkörpert. In den entsprechenden Ländern ist die Sensibilisierung für das Thema Blackfacing in den vergangenen Jahren stark gestiegen, weshalb es immer wieder zu Diskussionen und Kritik an dieser traditionellen Praxis kommt.
Blackfacing in Deutschland
Auch in Deutschland wird die Praxis der Darstellung Schwarzer Personen durch schwarz bzw. dunkel geschminkte Weiße vermehrt kritisiert. Prominente, die sich in den letzten Jahren in Folge von Blackfacing einem negativen medialen Echo konfrontiert sahen, sind unter anderem Günter Wallfraff (2009), der Satiriker und Politiker Martin Sonneborn (2011) oder der Literaturkritiker Denis Scheck (2013).
Digitales Blackfacing als Form Kultureller Aneignung
Digitales Blackfacing ist eine Form der kulturellen Aneignung. Laut Renée Blake, Professorin für Linguistik und African Studies in New York, werden beim digitalen Blackfacing Schwarze Körper bzw. Gesichter und schwarze Sprache genutzt, um spezifische Emotionen auszudrücken. Dabei wird ein bestimmter Ausdruck von Mimik oder Gestik einer Schwarzen Person isoliert und mit einer ganz bestimmtes Emotion identifiziert.
Das digitale Blackfacing wird von den Anwender*innen als unbeschwert und naiv wahrgenommen. Selten sind Spott oder Witz die Motivation hinter dieser digitalen Praxis. Dennoch fordert Blake, die historische Tradition dieser Praxis in den Blick zu nehmen, die Problematiken zu erkennen und folglich digitales Blackfacing als Form digitalen Rassismus‘ zu bewerten und entsprechend zu vermeiden.
Siehe auch: Was bedeutet BPoC / BIPoC?
Digital Blackfacing: Kulturelle Anerkennung vs. Kulturelle Aneignung
Ein wünschenswerter, nicht-rassistischer Umgang mit einer anderen Kultur, an der Interesse bekundet wird, beruht auf Respekt. Man spricht auch von kultureller Anerkennung. In Abgrenzung dazu bezeichnet kulturelle Aneignung die Übernahme von Elementen einer meist ausgegrenzten oder marginalisierten bzw. unterdrückten Kultur durch Personen einer anderen, meist der Mehrheitskultur. Sie ist vorwiegend von Eigennutz und Rücksichtslosigkeit gegenüber der angeeigneten Kultur geprägt. Der Begriff der Kulturellen Aneignung ist nicht unumstritten und wird von dessen Kritiker*innen als Identitätspolitik identifiziert.
Dunkle Haut als Lebensrealität
Kritiker*innen des (digitalen) Blackfacings betonen, dass dunkle Haut keine Verkleidung sei. Weder sollen sich Weiße Menschen als Schwarze kostümieren, noch sich deren Optik und Kulturformen in digitaler Form aneignen. Schwarze Haut sei eine Lebensrealität, die einhergeht mit Stigmatisierung, Diskriminierung und Ausgrenzung. Selbst, wenn keine böse oder spöttische Absicht dahintersteckt, sei (digitales) Blackfacing eine abwertende und rassistische Handlung.
(Digitales) Yellowfacing
Yellowfacing ist die zum Blackfacing analoge Praxis, sich durch stereotype Kleidung oder Schminke als Person asiatischer Abstammung darzustellen. Digitales Yellowfacing wird im Vergleich zum digitalen Blackfacing kaum diskutiert. Die erhöhte Sensibilisierung bei der Wahrnehmung dieser Formen der Kulturellen Aneignung und des digitalen Rassismus lässt es jedoch wahrscheinlich werden, dass in Zukunft auch andere Formen digitaler Kultureller Aneignung kritisch debattiert werden.