Im Allgemeinen werden als „Pull-Effekt“ und „Pull-Faktor“ Maßnahmen bezeichnet, die Menschen anlocken und zu einem bestimmten Verhalten motivieren.
Andere Begriffe für „Pull-Effekt“ sind „Anziehungseffekt“ und „Sogwirkung“.
Die Ausdrücke „Pull-Effekt“ und „Pull-Faktor“ stammen aus dem Marketing. Mehr dazu, weiter unten.
In der Diskussion, um die Seenotrettung auf dem Mittelmeer wird Seenotrettern wiederholt vorgeworfen, dass sie ein Pull-Effekt bzw. Pull-Faktor seien, der Migranten auf das Mittelmeer locke.
Seenotrettung: Vorwurf Pull-Faktor / Pull-Effekt
Hinweis: Dieser Beitrag ist keine Meinungsäußerung und spiegelt nicht die Sicht der Redaktion wider! Es geht darum, die Argumentationslogik „Pull-Effekt“ aufzuzeigen.
Seenotretter, die auf dem Mittelmeer mit ihren Schiffen Migranten retten und nach Europa bringen, wird vorgeworfen, ein Pull-Faktor zu sein bzw. für einen Pull-Effekt zu sorgen. Hier wird behauptet, dass die Seenotrettung von im Mittelmeer treibenden Flüchtlingen andere Flüchtlinge motiviere, sich ebenfalls in diese lebensgefährliche Situation zu begeben.
Die Flüchtlinge begeben sich dann in Gefahr im Mittelmeer zu ertrinken, in der Hoffnung von Seenotrettern gerettet zu werden, um anschließend nach Europa gebracht zu werden. Hier wird argumentiert, würde die Seenotrettung Flüchtlinge nicht nach Europa bringen oder würden weniger gerettet werden, so würden weniger Flüchtlinge den Weg über das Mittelmeer nach Europa suchen.
Die Logik ist folgende:
Je mehr Migranten auf dem Mittelmeer gerettet werden, umso mehr Migranten begeben sich auf dem Mittelmeer in Gefahr.
Die Logikkette ist folgende:
- Seenotretter retten auf dem Mittelmeer treibende Migranten und bringen sie nach Europa.
- Die Schlußfolgerung daraus ist folgende: Migranten, die nach Europa möchten, müssen sich im Mittelmeer in Lebensgefahr bringen, um gerettet zu werden.
- Also: Migranten begeben sich bewusst in Gefahr und fahren mit Schlauchbooten auf das Mittelmeer in der Hoffnung von Seenotrettern gerettet zu werden.
Schlußfolgerungen: Pull-Effekt Seenotrettung
Seenotrettern wird vorgeworfen, bewusst oder unbewusst Schlepper zu unterstützen. Hier wird argumentiert, dass Schlepper damit rechnen, dass Migranten auf dem Mittelmeer gerettet werden. Deswegen schicken die Schlepper Migranten auf schlechten Booten auf das Meer und setzen sie dem Risiko zu ertrinken aus.
Seenotrettern wird außerdem vorgeworfen, dass Seenotrettung zu mehr Todesfällen führen soll. Hier wird argumentiert, dass Migranten darauf spekulieren gerettet zu werden und sich deswegen in Lebensgefahr begeben. Werden sie nun nicht gerettet, so droht ihnen der Tod. Diese Gefahr sollen sie nur eingegangen haben, weil sie auf die Seenotretter gehofft haben.
Gegenargumente gegen den Pull-Effekt „Seenotrettung“
Migranten haben auch schon vor 2015 versucht über das Mittelmeer Europa zu erreichen. Private NGO-Seenotretter sind erst seit ca. 2015 aktiv und retten, wo die EU nicht rettet. Siehe dazu „Drowned Europe“ von Philippe Fargues und Anna Di Bartolomeo Seite 2: Link zum PDF: hier.
Erst seit der Migrationskrise im Jahr 2015 liegen die Zahlen der Migranten, die versuchen über das Mittelmeer Europa zu erreichen, deutlich höher.
Migranten fliehen nicht, weil private Seenotretter sie auf dem Mittelmeer retten werden. Sie fliehen, wegen der unsicheren Lage in ihrem Heimatland.
Von einem „Pull-Effekt“ zu sprechen, ist eine starke Vereinfachung. Denn viele Faktoren wie Situation im Heimatland und die persönliche Situation eines Migranten werden vernachlässigt. Ebenso ist die Informationslage der Migranten unklar.
Seenotrettern vorzuwerfen, dass sie einen Pull-Effekt verursachen und Leben gefährden, kann als Versuch gewertet werden, die private Seenotrettung abzuwerten, zu delegitimieren oder zu kriminalisieren.
Außerdem kann der Vorwurf, dass private Seenotrettung einen Pull-Effekt verursache, als Ablenkungsmanöver gewertet werden. Mit diesem Ablenkungsmanöver lenken EU-Staaten und die EU von ihrer eigenen Migrationspolitik ab, die zu den heutigen Zuständen (und den Toten) geführt hat. Sie schieben mit dem Vorwurf „Pull-Effekt“, die Schuld den Seenotrettern zu.
Oxford-Studie: Pull-Effekt widerlegt
Laut der Oxford-Studie „Border Deaths in the Mediterranean“ gibt es keinen nachweisbaren Pull-Effekt durch Seenotrettung im Mittelmeer. (Du findest du Studie hier.)
Die Forscher haben Zeiträume in denen Rettungsmissionen auf dem Mittelmeer aktiv waren mit Zeiträumen verglichen, in denen keine Rettungsmissionen auf dem Mittelmeer aktiv waren. Sie haben die Zahl der Geretteten und der Toten ins Verhältnis gesetzt.
Die Kernaussage der Studie ist, dass Seenotrettung nicht die Zahl der Migranten erhöht, sondern die Zahl der Überlebenden. Seenotrettung senkt das Sterblichkeitsrisiko von Migranten, die die Überfahrt auf das Mittelmeer wagen.
Private Rettungsmissionen wurden in der Studie nicht beachtet.
Migration und Flucht: Was ist ein Pull-Faktor?
Im Kontext von Migration und Flucht sind bessere Sozialsysteme, höhere Innere Sicherheit, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne ein Pull-Faktor. Dieser Pull-Faktor sorgt dafür, dass Migranten und Flüchtlinge ihr Heimatland verlassen, um in einem Land mit besseren Lebensbedindungen zuleben.
Die Motivation der Migranten und Flüchtlinge ist hier im Allgemeinen, dass es ihnen in dem neuen Land besser geht. Im Speziellen haben sie mehr Chancen, werden nicht verfolgt, leben in Sicherheit, leben in Frieden und können mehr verdienen.
Was bedeutet Pull-Effekt im Marketing (Wirtschaft)? Bedeutung
Im Marketing und in der Wirtschaft werden als „Pull-Effekt“ Maßnahmen bezeichnet, die der Verkaufsförderung dienen, Kaufanreize setzen und die Nachfrage erhöhen. Diese Maßnahmen dienen dazu, Kunden zu motivieren ein Geschäft aufzusuchen, eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder einen Einkauf zu tätigen.
Verkaufsfördernde Maßnahmen sind unter anderem: Angebote, Rabatte, Werbung, Direktmarketing, kostenlose Produktproben, Geschenke, Preisausschreibung
Vom Begriff her, bedeutet „Pull“ auf deutsch „ziehen“. Beim Pull-Effekt geht es eben darum, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung eine anziehende Wirkung hat und Aufmerksamkeit (von potentiellen Kunden) auf sich zieht.
Im Sinne der Kette „Hersteller –> Händler –> Kunden“ bedeutet „Pull“, dass die Nachfrage der Kunden die Produkte des Herstellers in die Regale des Händlers zieht.
Gegenteil vom Pull-Effekt: Was ist der Push-Effekt?
Das Gegenteil vom Pull-Effekt ist der Push-Effekt. Beim Push-Effekt geht es darum, dass Hersteller bei Verkäufern und Händler Nachfrage erzeugen, damit diese ihre Produkte kaufen. Dies sind ebenfalls verkaufsfördernde Maßnahmen, jedoch nur zwischen Hersteller und Händler / Verkäufer. Eine solche Maßnahmen können z.B. Mengenrabatte für Händler sein.
„Push“ bedeutet auf deutsch „drücken“. Beim Push-Effekt geht es vom Begriff her darum, dass ein Hersteller seine Produkte zu einem Händler drückt, welche dieser dann an Kunden verkauft.