Der Begriff Cross-Industry-Innovation beschreibt eine Innovation, welche von einer anderen Branche als der eigenen übernommen wird.
Dabei muss es sich nicht gezwungenermaßen um eine Übernahme eines fertigen Produkts handeln. Es können beispielsweise auch Geschäftsmodelle, -prozesse, Verfahren oder Patente aus anderen Industrien übernommen werden, um als Cross-Industry-Innovation zu gelten.
Was ist Cross-Industry Innovation? Bedeutung, Definition, Erklärung
Bekannte Beispiele sind die Übernahme der Fließbandfertigung durch Henry Ford oder die Innovation eines zusammenklappbaren Kinderwagens, welche ihre Grundidee in den einfahrbaren Rädern von Flugzeugen während eines Fluges hat. Bereits lange Zeit bevor Henry Ford die permanente Fließbandfertigung in seiner Automobilproduktion nutze, wurde dieses Verfahren in der Nahrungsmittelindustrie sowie in Schlachthöfen verwendet. Dabei wurden die geschlachteten Tiere von einem zum nächsten Arbeiter transportiert, welcher den nächsten Verarbeitungsschritt durchführen konnte. Ford erkannte das Potenzial dieser fachfremden Innovation und legte das Verfahren auf die Automobilproduktion seines Unternehmens um. Da diese Innovation ihren Ursprung in einer anderen Branche hatte, spricht man von Cross-Industry-Innovation.
Arten von Cross-Industry-Innovation
Bei Cross-Industry-Innovationen werden grundsätzlich zwischen zwei Arten unterschieden. Beim Outside-in-Prozess werden bestehende Lösungen aus anderen Industrien in das eigene Unternehmen implementiert. Dabei kann es sich auch um Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten oder Prozessen handeln. Ein Grund für einen Outside-in-Prozess kann beispielsweise sein, dass das Unternehmen selbst nicht in der Lage ist, das Know-how für die Lösung des Problems zu entwickeln bzw. das Unternehmen das Potenzial erkannt hat und sich so das Know-how aus einer anderen Branche zunutze macht.
Beim Inside-out-Prozess wird das vorhandene Wissen der fachfremden Branche genutzt, um das eigene Produktportfolio des Unternehmens zu erweitern. Dabei spricht man von einer sogenannten Diversifikationsstrategie. Das bedeutet, dass man seinen aktuellen Umfang der angebotenen Produkte und Dienstleistungen erweitert bzw. verändert.
Diese Erweiterung kann sowohl in die Breite (d. h. Ausdehnung des aktuellen Portfolios) als auch in die Tiefe (d. h. Ausdehnung der Verarbeitungsstufen) erfolgen. Zudem können dadurch auch komplett neue Dienstleistungen oder Produkte angeboten sowie komplett neue Märkte erschlossen werden.
Entstehung von Innovation
Innovation wird als wirtschaftliche Umsetzung von neuen Ideen und Erfindungen verstanden. Dabei muss die Innovation keinesfalls von Grund auf neu entwickelt werden (z. B. durch zuvor erfolgte Grundlagenforschung), sondern kann auch der Kombination von bereits vorhandenem Wissen basieren. Dies umfasst sehr großes Einsparungspotenzial, sowohl in puncto Zeit, als auch in puncto Kosten. Dieser Vorteil kann später in einen Wettbewerbsvorteil umgewandelt werden.
Es gibt sehr viele Methoden und Ansätze zur Generierung von Ideen bzw. Innovationen. Neben den klassischen und allgemeinen Ansätzen wie Brainstorming, Mind Mapping oder Design Thinking, gibt es weitere Methoden, welche eine umfassendere und konkretere Hilfestellung bieten.
Als Beispiel kann die sogenannte TRIZ-Methode genannt werden. TRIZ ist ein russisches Akronym, welches im Deutschen als „Theorie des erfinderischen Problemlösens“ bezeichnet werden kann. Die Methode verfolgt den Ansatz, dass ein spezielles Problem mithilfe von bestimmten Prinzipien und einer sogenannten Widerspruchstabelle abstrahiert und in diesem geschaffenen abstrakten Raum eine Lösung gefunden werden soll. Durch die anschließende Konkretisierung der Lösung kann diese auf das ursprüngliche Problem angewandt werden.
Die beschriebene Methodik basiert auf der Annahme, dass eine Vielzahl von Erfindungen ihre Lösung in einer kleinen Anzahl an allgemeinen Lösungsprinzipien haben. Somit tangiert diese Methodik dem Vorgehen einer Cross-Industry-Innovation, bei welcher die Lösung auch in einer fachfremden Branche gesucht wird.
Welche anderen Transferinnovationen gibt es neben der Cross-Industry-Innovation noch?
Neben der Cross-Industry-Innovation bestehen noch einige weitere Innovationsformen, welche die Grenzen der Wissenschafts- und/oder Industriezweige überschreiten. Beispielsweise findet bei einer Cross-Science-Innovation der Wissenstransfer zwischen zwei unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen statt.
Bei Science-Industry-Innovationen werden Ideen aus der Wissenschaft in die Wirtschaft umgelegt. Diese Form der Transferinnovation findet man in der Praxis sehr häufig, da die Wissenschaft aufgrund ihrer Grundlagenforschung oftmals das Fundament für eine spätere Nutzung im Rahmen einer wirtschaftlichen Innovation legt. Als Beispiele hierfür können etwa das Audioformat MP3 oder die Suchmaschine Google genannt werden, welche ihren Ursprung im universitären Umfeld hatten. Eine besondere Form Science-Industry-Innovationen stellen jene dar, welche ihren Ursprung in den Phänomenen in der Natur haben. Dabei spricht man dann von Bionik. Diese Wissenschaftsdisziplin macht sich Besonderheiten und Auffälligkeiten der Natur zunutze und überträgt sie auf die Technik. Beispielsweise wird die Form von Flugzeugen bei der Konstruktion jener von Vögeln nachempfunden.
Industry-Science-Innovation beschreibt den Innovationstransfer in entgegengesetzter Richtung zur Science-Industry-Innovation. Hierbei wird das Wissen aus dem praktischen Umfeld in den Bereich der Wissenschaft transferiert. Diese Form der Transferinnovation kommt eher selten vor, da sie aufgrund der Geheimhaltung des Wissens in Unternehmen nicht umsetzbar ist. Als Beispiel kann jedoch die wissenschaftliche Betrachtung des Toyota-Produktionssystem (TPS) genannt werden, eine Konzeption zur Optimierung von Produktionsprozessen, welche vom Automobilhersteller Toyota entwickelt wurde.
Multi-Cross-Industry-Innovation ist eine Unterform von Cross-Industry-Innovation und bildet jenen Teil ab, in welchem mindestens drei Wissensgebiete bzw. Unternehmensbranchen beteiligt sind. Ziel dabei ist es, dass dadurch neue Geschäftsfelder erschlossen werden sollen und durch Impulse aus fachfremden Gebieten die eigene Kreativität und Innovationsfähigkeit gesteigert wird. Die bestehende Interdisziplinarität kann dabei in zwei Formen genutzt werden. Durch Know-how-Transfer wird Wissen aus einer Branche in eine andere übertragen, welche sich dieses dann zunutze machen kann. Bei der zweiten Form – der Kooperation – besteht anfangs noch keine Lösung bzw. ist wenig oder kein Wissen innerhalb der Branchen vorhanden, wodurch die Beteiligten gemeinsam eine Lösung erarbeiten und so neues Wissen schaffen, indem sie potenzielle Synergien zwischen den Branchen aufdecken und nutzen.
Weitere Beispiele für Cross-Industry-Innovation
Weitere Beispiele neben der Übernahme der Fließbandfertigung zur Henry Ford oder das Konzept der einklappbaren Flugzeugräder stellt etwa die Verwendung von Joysticks in Automobilen dar, welche ihren Ursprung in der Videospielindustrie in Form Spielcontrollern hatte. Das Förderband in Sushirestaurants wurde dem Gepäckband an Flughäfen nachempfunden. Eierkartons finden aktuell immer mehr Anwendungsfälle zum Schutz von Produkten.
Doch nicht nur Beispiele für Produkte können genannt werden, auch Dienstleistungen und Geschäftsmodelle sind Ergebnis von Cross-Industry-Innovation. Das temporäre Entleihen und regelmäßige Warten von beispielsweise Werkzeugen hat ihren Ursprung in der Automobilindustrie, wo das Leasen eines Fahrzeugs sowie regelmäßige Werkstattbesuche zur Überprüfung gewöhnlich sind. Auch das Geschäftsmodell der privaten Vermietung von Gegenständen ist Ergebnis einer Cross-Industry-Innovation und hat ihren Ursprung in der Vermietung von Wohnungen bzw. Zimmern, wie es beispielsweise mit Airbnb möglich ist.