Die Redewendung „über seinen Schatten springen“ bedeutet, dass eine Person Grenzen, Hürden und Vorstellungen überwindet, um ein Ziel zu erreichen. Sie beschreitet somit einen Weg, den sie ansonsten nicht einschlagen würde. In der Regel ist mit dem Spruch keine Kraftanstrengung gemeint, sondern eine moralische oder zwischenmenschliche Barriere, welche als Hindernis betrachtet wird.
Was bedeutet „über seinen Schatten springen“? Bedeutung, Definition, Erklärung
Wenn einer Person geraten wird, über ihren Schatten zu springen, ist oft damit gemeint, dass sie einen Schritt auf jemand anderen zugehen soll, um einen Konflikt zu lösen. Man könnte ihr also auch etwas sagen, wie „sei nicht so nachtragend“ oder „hänge nicht so an der Vergangenheit“. In gewisser Weise kann man den Spruch auch mit „die bittere Pille schlucken“ assoziieren. Die Bedeutung davon ist, dass sich eine Person bewusst ist, dass eine Handlung oder eine Erfahrung nicht positiv sein wird. Allerdings wird sie in den Dienst von etwas Größerem gestellt, für das es sich lohnt, diesen Schritt zu gehen.
Die Redewendung ist als Aufmunterung zu verstehen. Sie soll eine andere Person dazu ermutigen, eine vergleichsweise kleine Handlung auszuführen, um damit einer größeren Sache zu dienen. Sie wird Menschen ausgesprochen, die die Situation durchblicken und zugleich ein Verständnis von dem Zwiespalt haben, in dem der Protagonist steckt. Über seinen Schatten zu springen, kann aber auch bedeuten, sich einfach auf etwas Neues einzulassen. So können Ängste überwunden werden. Deswegen wird er heute auch vermehrt im Zusammenhang mit der Selbstoptimierung der eigenen Persönlichkeit verwendet.
Wer zum ersten Mal hört, dass jemand anderes über seinen Schatten springen soll, könnte ein falsches Verständnis von der Bedeutung haben. Denn in der Realität ist es natürlich nicht möglich, den eigenen Schatten zu verlassen oder ihn zu überwinden. In der metaphorischen Bedeutung ist damit jedoch eine lös- und machbare Aufgabe gemeint.
Woher kommt „über seinen Schatten springen“? Herkunft der Redewendung
Der Schatten eines Objekts oder einer Person ist etwas nicht physisches. Man kann ihn nur sehen, aber nicht anfassen. Er ist zugleich unmittelbar mit seinem Ursprung verbunden. Er kann nicht von ihm gelöst werden, egal wie die jeweilige Lichtquelle auf das Objekt trifft. Die Position bestimmt zwar die Ausgestaltung des Schattens – ist er lang oder eher kurz – doch sie kann nie verhindern, dass er sich bildet.
Dass sich eine Person unabhängig von ihrem Schatten bewegt, ist somit nicht möglich. Der Lucky Luke, der laut Erzählung schneller schießt als sein Schatten, existiert nur in der Fiktion. Der Schatten ist stets nur das Abbild.
Abgesehen von der offensichtlichen Bedeutung, wird der Begriff Schatten in vielen Kulturen als das Spiegelbild der Seele betrachtet. Es gilt als das zweite Ich des Menschen, ein Doppelgänger oder Ebenbild, das „Reich der Schatten“ angesiedelt wird. Dieses befindet sich in einem wie auch immer gearteten Jenseits. In der mythologischen Vorstellung wird der Schatten stets eng mit der Dunkelheit, der Nacht und dem Tod assoziiert.
Eine eindeutige Zuordnung, in welchem Kontext oder aus welcher Zeit das Sprichwort „über seinen Schatten springen“ stammt, existiert nicht. Es ist deswegen davon auszugehen, dass sich der Spruch schlicht aus der Beobachtung entwickelt hat.