Was bedeutet „Wunderwuzzi“? Bedeutung, Definition, Erklärung

Was bedeutet Wunderwuzzi, Bedeutung, Definition, Erklärung


„Wunderwuzzi“ ist der österreichische Begriff für das, was die Deutschen einen „Tausendsassa“ nennen. Der entsprechende Ausdruck im Schweizerdeutsch lautet „Sibesiech“.

Der Begriff des Wunderwuzzi tauchte im Oktober 2021 in den deutschsprachigen Medien im Zusammenhang mit den Affären um den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (*1986) auf. Dieser gilt als echter Wunderwuzzi, der plötzlich strauchelte.

Wunderwuzzi, Tausendsassa, Sibesiech: Bedeutung, Definition, Erklärung

Ganz allgemein werden mit diesen Begriffen Persönlichkeiten mit vielseitigen Begabungen und entsprechend vielfältigen Aktivitäten gekennzeichnet. Die Konnotation (gefühlte Bewertung) schwankt dabei zwischen großer Bewunderung und dem leichten, auch leicht spöttischen Zweifel, wie so etwas möglich sein kann. Darin schwingt mit, dass die betreffende Person möglicherweise an der einen oder anderen Stelle ihre Begabung selbst etwas überzeichnet. Eng verwandt mit dem Tausendsassa oder Wunderwuzzi ist der Hansdampf in allen Gassen, den man auch eher neugierig beobachtet. Echte Bewunderung sieht anders aus.

Interessant ist die Herleitung des deutschen Wortes „Tausendsassa“ vom Zuruf „tausend sa sa“, das sich vermutlich im 18. Jahrhundert vom Hetzruf für Hunde „sa sa!“ ableitete. Für den österreichischen „Wuzzi“ hingegen vermutet der Autor Kurt Bracharz eine Herleitung vom jüdischen Rabbi, den es auch als Wunderrabbi gibt. Eine andere Erklärung wäre die Herleitung vom umgangssprachlichen Herumwuseln, was wiederum dem Hansdampf in allen Gassen ähneln würde. Abgesehen von der Ethymologie setzen Deutsche, Österreicher und Schweizer im 21. Jahrhundert den Wunderwuzzi, Tausendsassa und Sibesiech praktisch gleich: Er hat diverse Talente, man zollt ihm liebevolle Bewunderung (wenngleich wohl weniger Respekt), solange alles gut geht. Wenn er scheitert, wird er zum spöttisch betrachteten Hansdampf in allen Gassen.

Wunderwuzzi Sebastian Kurz

Im Jahr 2017 hatte der damals 31-jährige ÖVP-Politiker Sebastian Kurz den Vorsitz seiner Partei übernommen, sie anschließend mit deutlichem Plus gegenüber der letzten Wahl zum Wahlsieg geführt und das Kanzleramt errungen.

2019 wurden wegen der Affären um koalierende FPÖ-Politiker Neuwahlen fällig, bei denen Kurz mit der ÖVP wiederum siegte und nochmals prozentual deutlich zulegte. Er war schon vor 2017 Außenminister gewesen und hatte die ÖVP modernisiert, ihr ein neues Corporate Design verpasst (unter anderem türkise statt schwarze Erkennungsfarbe) und nicht zuletzt vollkommen auf sich zugeschnitten. Gleichzeitig rückte er sie politisch eher nach rechts.

Seine Koalition ab 2017 mit der FPÖ war in etwa dasselbe, als wenn in Deutschland die Union mit der AfD koalieren würde. Nichtsdestotrotz erregte der jugendliche, äußerst charismatische Kurz viel Bewunderung. Er konnte junge und jüngste Wähler*innen gewinnen, was allein schon seinem eigenen Lebensalter geschuldet ist. Hinzu kommt, dass ein so junger Staatsführer ein Ausnahmetalent sein muss – ein echter Wunderwuzzi eben. Diesen Spitznamen erhielt er in Österreich schon ab 2017. In Deutschland bewunderten ihn junge CDUler und die gesamte CSU, immerhin grenzt Bayern an Österreich. Größtes Lob kam von der per se verdächtigen BILD-Zeitung, während der eher linke Satiriker Jan Böhmermann spätetestens ab dem Frühjahr 2021 die Verstrickungen von Sebastian Kurz scharf anprangerte: Dieser habe zuerst das Parlament, dann die Wirtschaft, dann die Medien und zuletzt die Justiz übernommen. Genauso gingen Diktatoren vor, so Böhmermann.

Seine solide recherchierten Beobachtungen bestätigten sich im Oktober 2021: Die österreichische Staatsanwaltschaft untersuchte Büros der ÖVP und sogar das Kanzleramt in Wien wegen des gegen Sebastian Kurz erhärteten Verdachts der Bestechung und Veruntreuung von Staatsgeldern.

Kurz soll über Vertraute in den Jahren 2016 und 2017 wohlwollende Berichte in der österreichischen Presse gekauft haben, wofür die betreffenden Medien Anzeigenaufträge für über eine Million Euro bekamen, die aus Steuermitteln stammten. Geschönte Umfragen gehörten ebenfalls zum Repertoire dieser nicht nur halbseidenen, sondern in der Tat illegalen Promotionaktion. Es ist nicht der einzige Fauxpas von Kurz: Man ermittelt gegen ihn auch wegen einer möglichen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss. In diesem Paradefall hat sich der Wunderwuzzi als das entpuppt, wofür ihn Spötter von jeher halten: als aufschneiderischer Hansdampf in allen Gassen, dem schlimmstenfalls jedes Mittel recht ist, um sein Image als Wunderknabe zu unterfüttern.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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