Negative Gedanken bremsen uns aus. Das ist an sich schon prekär genug, doch ihre Folgen reichen noch weiter: Sie können die physische Gesundheit beeinträchtigen. Die Lebensfreude leidet ohnehin darunter. Um sie zu überwinden, ist es wichtig, den Wirkmechanismus von negativen Schlussfolgerungen, die als besonders bedenklich gelten, zu ergründen. Wer ihn verstanden hat, kann gegen die emotional geprägten negativen Gedanken eine kognitive Strategie entwickeln.
Was sind negative Gedanken? Erklärung, Bedeutung, Definition
Diese Gedanken entstehen mit apodiktischer Wucht in unserem Kopf und setzen sich dort als scheinbare Erkenntnis fest:
- „Ich schaffe diese Aufgabe nicht.“
- „Ich werde nicht geliebt.“
- „Meine Leistung wird ungenügend gewürdigt.“
- „Die Situation wird immer schlimmer.“
- „Der 1. FC steigt in dieser Saison unweigerlich ab.“
- „Das Wetter bessert sich nie wieder.“
Wie wir sehen, müssen sich negative Gedanken durchaus nicht nur auf uns selbst beziehen. Ein Beispiel für globale Gedanken dieser Natur ist die Haltung zu Naturkatastrophen wie der Coronapandemie: Es gibt viele Menschen, die fest daran glauben, dass diese irgendwann Geschichte ist oder wir uns zumindest halbwegs verträglich damit arrangieren. Es gibt aber auch Menschen, die allen Ernstes der tiefsten Überzeugung sind, dass diese Katastrophe in ihrem Leben nicht mehr endet.
Wichtig ist an diesen negativen Gedanken, dass sie mit einem kognitiven Konstrukt untersetzt sind. Sie entstehen zwar aus Gefühlen wie Angst, Enttäuschung, Trauer oder Wut, doch die Personen, die so denken, wissen diese Gedanken sehr rational (kognitiv) zu begründen. Manchmal konstruieren sie ein komplexes Gedankengebäude um den negativen Kerngedanken. Dies gehört zu einer eigenen Kultur des Zweckpessimismus, der darauf hinausläuft, dass es ja dann am Ende nicht mehr schlimmer (am besten nur noch besser) werden kann.
Es gibt übrigens auch das Gegenteil, nämlich die stark positiv gefärbten, beschönigenden (euphemistischen) Gedanken. Beides ist nachgewiesenermaßen falsch. (Siehe: toxische Positivität) Die Welt ist niemals ganz schlecht oder ganz gut, sondern besteht aus lauter Grautönen. Die Entwicklung ist immer offen. Das Prekäre an negativen Gedanken ebenso wie am Euphemismus ist der apodiktische Duktus: So und nicht anders ist es! Das kann ich auch erklären und begründen! Die rationale Begründung ist die eigentliche Gefahr bei negativen Gedanken, doch sie bietet auch den Schlüssel zu ihrer Überwindung. Was sich nämlich rational mit scheinbar logischen Argumenten begründen lässt, lässt sich ebenso logisch widerlegen, wie schon die antiken Philosophen wussten.
Zwei wesentliche Gefahren durch negative Gedanken
Negative Gedanken erzeugen zwei wesentliche Gefahren:
- #1: Durch die innerste Überzeugung, alles sei schlecht und nicht zu bessern, sabotieren wir unsere Entschlusskraft. Wir wollen nichts mehr ändern. Es ist ja ohnehin verloren.
- #2: Negative Gedanken entspringen einer depressiven Grundstimmung, mithin einer psychischen Störung, die sich zu einer ernsthaften Depression auswachsen kann. Dies ist für die psychische und physische Gesundheit sehr gefährlich.
Für allem die Verknüpfung von #1 und #2 ist gefährlich. Wenn eine depressive Person der innersten Überzeugung ist, dass alles schlecht und auch nie wieder zu ändern ist, bleibt als Ausweg eigentlich nur der Suizid. Der etwas schwächere Ausweg ist die Flucht in eine Sucht. Daher sollten wir negative Gedanken ernsthaft analysieren, ihre Substanz ermitteln und dann Gegenstrategien entwerfen. In diesem Kontext ist jedoch zwingend noch ein weiterer Aspekt zu betrachten:
Negative versus kritische Gedanken: Unterschied
Negative Gedanken sind an sich nicht immer falsch. Dafür fallen uns zahllose Beispiele ein, nehmen wir nur eines: Ich habe einen Kredit für das Eigenheim aufgenommen, der in der Erwartung berechnet wurde, dass mein Einkommen in den nächsten 20 Jahren stabil bleibt. Nun ist das Unternehmen, in welchem ich als Spezialist beschäftigt war, in den Konkurs geschlittert.
Als Spezialist finde nicht so schnell einen adäquaten Job, nicht am Ort (in welchem mein Eigenheim steht), nicht in dieser Branche, weil mein Unternehmen höchst spezialisiert war, nicht ohne langwierige Umschulung. Ich kann den Kredit nicht tilgen, habe aber zu wenig Eigenkapital in die Finanzierung gesteckt und bekomme daher das Haus auch nicht zu einem Preis verkauft, der wenigstens den Restkredit + Vorfälligkeitsentschädigung abdeckt. Hierfür sehe ich momentan wirklich keinen Ausweg. – Sind das unbegründete, depressive negative Gedanken? Oh nein: Es ist die Wahrheit. Die Fakten stimmen.
Die betreffende Person betrachtet ihre Situation angemessen kritisch. Der Ansatzpunkt ist der letzte Satz: „Hierfür sehe ich momentan wirklich keinen Ausweg.“ Niemand von uns beneidet diese Person, doch möglicherweise gibt es doch einen Ausweg, der nur momentan nicht zu erkennen ist. Wenn diese Person ihre berechtigt kritische Würdigung der eigenen Situation in die Suche nach einer Lösung umwandelt, bleibt es bei der kritischen, aber nicht depressiv-negativen Betrachtung.
Der Ausweg ist wahrscheinlich, dass der Spezialist einen niedriger dotierten Job mit geringerer Spezialisierung annimmt, für den seine Ausbildung genügt, und die Bank um eine Streckung des Darlehens bittet. Das ist unangenehm, aber besser als die private Insolvenz. Sollte sich aber der letzte Satz ohne das Wörtchen momentan festsetzen, wird aus der kritischen Betrachtung ein negativer Gedanke, den der Mensch vielleicht nie wieder abschütteln kann.
Er meldet sich arbeitslos, gibt das Haus mit Verlust auf, sitzt auf einem Berg von Restschulden, geht schließlich in die private Insolvenz und legt sich eine Sucht zu. In diesem Moment verlässt ihn seine Frau. Irgendwann fängt er sich wieder, erzählt aber noch in 30 Jahren, dass er ja mal Spezialist, Eigenheimbesitzer und glücklich verheiratet war, ihm dann jedoch das Schicksal einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.
Das ist der Unterschied zwischen destruktiven negativen und berechtigt kritischen Gedanken. Erstere führen in die Depression und den Absturz, Letztere zu einer neuen Lösung. Wenn sich nämlich unser Eigenheimbesitzer fängt, arbeitet er zunächst im niedriger dotierten Job, behält das Haus, die Familie, das Umfeld und die Reputation, geht nach kurzer Zeit eine Umschulung auf der Abendschule an und findet einige Jahre später wieder einen besser bezahlten Job, sodass er die Kreditlaufzeit wieder kürzen kann. Der vermeintliche Schicksalsschlag hat ihn damit stärker gemacht: Künftige Ereignisse dieser Art betrachtet er sehr viel gelassener, weil er weiß, dass es immer einen Weg gibt.
Gibt es wirklich immer einen Weg?
Nein. Wer unheilbar krank ist, findet eine Lösung der beschriebenen Art nicht mehr. Es fehlt ihr/ihm einfach die Zeit dafür (meistens auch die physische Konstitution). Allerdings gibt Personen, die sogar mit dem sicheren Tod vor Augen keine starken negativen Gedanken hegen, sondern in ihrer verbleibenden Zeit konstruktiv daran arbeiten, den letzten Weg in Würde, geordneten Verhältnissen und mit ihrer Umwelt versöhnt zu gehen. Dieser Ausnahmefall soll darauf verweisen, dass Krankheit und sicherer Tod die einzigen Szenarien sind, bei denen es wirklich keine Lösung mehr gibt.
Wege zur Überwindung negativer Gedanken
Die Erläuterungen und Beispiele sollten aufgezeigt haben, dass negative Gedanken ein rationales Konstrukt sind – deswegen sprechen wir ja von „Gedanken“. Es gibt auch rein negative Stimmungen, schon das Wetter kann uns allen die Laune verderben. Wir sprechen hier aber ausdrücklich von rational-kognitiv unterfütterten Denkmustern, die es also ebenso rational-kognitiv zu durchbrechen gilt. Dies ist aber nicht der einzige Weg. Nur am Rande erwähnt soll werden, dass sich negative Gedanken, die ja einer depressiven Grundstimmung entspringen, auch wie eine Depression mit physischen und emotionalen Methoden bekämpfen lassen. Diese Methoden sind:
- ausreichend Licht (Spaziergang genau um die Mittagsstunde)
- vernünftige körperliche Lebensgewohnheiten (Ernährung, Schlaf, Bewegung)
- Vermeiden unnötiger Konflikte
- Arbeitsreduzierung zwecks Stressreduktion
- nötigenfalls Kontaktreduzierung zwecks Stressreduktion
- Befreien von Süchten
Schauen wir uns nun aber einige rational-kognitive Strategien gegen negative Gedanken an.
Negative Glaubenssätze erkennen und überwinden
Negative Gedanken basieren auf Glaubenssätzen, die tief in uns eingepflanzt wurden. Es kann sich um pauschale oder auf uns selbst bezogene Glaubenssätze handeln. Ein pauschaler Glaubenssatz wäre, dass der Staat uns alle bevormundet.
In einer Krise, in welcher der Staat sich nun notgedrungen mit einigen unangenehmen Verordnungen durchsetzen (und Freiheiten einschränken) muss, führt dieser Glaubenssatz zum Abdriften in fragwürdige Protestmilieus. Nirgendwo sind negative Gedanken so weit verbreitet wie dort. Man darf jedoch diesen Glaubenssatz hinterfragen und kann ihn auch widerlegen.
Das ist recht einfach: Wir alle wählen unsere Volksvertreter und können sie auch abwählen. Dass sie sich vor ihrer Wahl scheinheilig als Wolf im Schafspelz gegeben haben, um uns dann – einmal an der Macht – übel zu unterdrücken, erscheint unwahrscheinlich (selbst wenn nicht jedes Wahlversprechen gehalten wird). Hinterfragen wir also selbstkritisch so einen negativen Glaubenssatz.
Ein auf uns selbst bezogener negativer Glaubenssatz lautet, dass wir nichts können & wert sind. Dies kommt fast immer aus der Kindheit, lässt sich aber durch Leistung überwinden und wurde durch die Menschen, die momentan so denken, in der Regel auch schon durch Lebensleistung überwunden. Auch diesen Glaubenssatz dürfen wir daher ad acta legen.
Nüchterne Bestandsaufnahme
Negative Gedanken können in einer schwierigen Situation entstehen. Wer wollte unserem Spezialisten mit Eigenheim, aber insolventem Arbeitgeber seine negativen Gedanken verübeln? Doch die nüchterne Bestandsaufnahme zeigt die tatsächliche Situation und auch Auswege auf.
Auf positive Erfahrungen besinnen
Jeder Mensch hat positive Erfahrungen und selbst Dinge erreicht, die er sich vorgenommen hat. Es hilft, sich darauf zu besinnen. Damit wird der negative Gedanke „ich schaffe das sowieso nicht“ überwunden. Dieser war sicher früher auch schon einmal da, doch dann wurde die Aufgabe doch geschafft. Diese Strategie ist sehr wirksam gegen negative Gedanken.