Amtsdeutsch / Beamtendeutsch: Wörterbuch, Bedeutung, Erklärung

Amtsdeutsch, Beamtendeutsch, Wörterbuch, Bedeutung, Erklärung


Welches Ziel hat eigentlich Behördendeutsch, Amtsdeutsch oder Beamtendeutsch? Diese Ausdrücke sollen (im Idealfall) höchste Rechtssicherheit schaffen. Ob das immer gelingt, muss wohl jeder selbst entscheiden. In diesem kleinen Wörterbuch haben wir viele spannende (und aberwitzig absurde) Begriffe zusammengetragen. Viel Spaß!

Amtsdeutsch / Beamtendeutsch / Behördendeutsch: Wörterbuch A-H, Bedeutung, Erklärung

  • Abgängigkeitsanzeige = Vermisstenanzeige
  • Abstandseinhaltungserfassungsvorrichtung = Querstreifen auf der Autobahn
  • Anleiterbarkeit = Wenn an einem Fenster, eine Leiter angestellt werden kann
  • Bagatellgastronomie = Wenn in einem Dienstleistungs- oder Verkaufsgeschäft dem Kunden ein Kaffee angeboten wird
  • Baumentnahme = Fällen eines Baumes
  • Bedarfsgesteuerte Fußgängerfurt = Fußgängerüberweg mit Ampel, die auf Knopfdruck reagiert
  • Beelterung = Vermittlung einer Pflegefamilie (In der Psychologie / Psychotherapie: Wenn jemand sich elterlich gegenüber einem Kind oder Jugendlichen verhält.)
  • Beförderungsfall = Fahrgast in einem ÖPNV-Verkehrsmittel
  • Bestalltung = Einsetzung in ein Amt / Einsetzung eines Vormundes
  • Betriebsmittelaufnahme = Tanken
  • Deichselgeführtes Flurförderzeug = Hubwagen
  • Dienstaufwandsentschädigung = Gedacht für Ausgaben, die nur anfallen, wenn man ein Amt oder eine Position ausübt
  • Ehelichkeitsanfechtungsklage = Anfechtung der Vaterschaft
  • Einachsiger Dreiseitenkipper = Schubkarre
  • Einfriedung = Abgrenzung eines Grundstücks durch einen Zaun oder eine Mauer
  • Erwerbsobliegenheit = jemand muss alle Chancen auf Arbeit wahrnehmen
  • Fahrtrichtungsanzeiger = Blinker
  • Fliegende Bauten = Karussel, Fahrgeschäfte, Riesenrad, Zelte, Tribünen (Praktisch alles, was abgebaut werden kann.)
  • Formgebrechen = ein Antrag wurde falsch ausgefüllt
  • Gehwegnase = dient als Verengung der Straße damit Fußgänger mehr Platz beim Überqueren haben
  • Gelegenheitsverkehr = Taxi, Mietwagen
  • Grundstücksentwässerungsanlage = Regenrinne
  • Grüngutsammelplatz = Komposthaufen der Stadt, Gemeinde oder des Landkreises
  • Herkunftseltern = leibliche Eltern
  • Herkunftsmutter = leibliche Mutter
  • Herkunftsvater = leiblicher Vater
  • Hundekotliegenlasser*in = Person, die den Kot ihres Hundes nicht einsammelt

Amtsdeutsch / Beamtendeutsch / Behördendeutsch: Wörterbuch K-Z

  • Knödellinie = dient dazu, die unterschiedliche Nutzung in Bebauungsplänen zeichnerisch abzugrenzen
  • Konisch geformter Schüttgutbehälter mit Zentralauslauf = Trichter
  • lebende Einfriedung = eine Hecke
  • Lebensberechtigungsbescheinigung = Stammbuch, Personalausweis
  • Lautraum = Diskothek / Club
  • Lichtsignalanlage = Ampel
  • Luftverlastung = per Flugzeug oder Hubschrauber Güter transportieren
  • Mehrstück = Kopie
  • mobile ethnische Minderheiten = Bezeichnung für Sinti und Roma
  • Namenseinheit = Wenn mehrere Personen den gleichen Nachnamen haben
  • nicht lebende Einfriedung = Zaun
  • Oberflächenwasser = hierzu zählen: Flüsse, Seen, Pfützen und Regen
  • Parteienverkehr = Öffnungszeiten einer Behörde oder eines Amtes
  • Personenkreis = Gruppe von Menschen
  • Personenvereinzelungsanlage = Drehkreuz / Drehtür
  • Postwertzeichen = Briefmarke
  • Querungsanlage = Straßenübergang
  • raumübergreifendes Großgrün = Ein Baum bis drei Bäume
  • Sanitärhieb = bezeichnet das Fällen eines toten Baumes
  • Spontanvegetation = Unkraut
  • Überlaufparkplatz = Ausweichparkplatz, wenn übliche Parkplätze voll sind
  • Unterwegsabfälle = Dinge, die man in einen öffentlichten Mülleimer wirft
  • Verkehrsbegleitgrün = bepflanzter Straßenrand
  • Versagung = Weigerung einer Behörde einem Antrag zuzustimmen
  • Verselbstständigkeitsanalyse = Ein Amt prüft, ob ein Mensch mit Behinderung Hilfe benötigt
  • Wolfsentnahme = Erschießen eines Wolfes
  • Zeitinsel = besondere Haltestelle des ÖPNV

Was macht Amtsdeutsch/Beamtendeutsch aus? Erklärung

Unter Amtsdeutsch (auch Verwaltungssprache oder Papierdeutsch) versteht man eine bürokratische Ausdrucksweise, die Sachverhalte zwar möglichst präzise und rechtssicher beschreiben möchte, aber für viele Menschen unverständlich klingt. Amtssprache wirkt auf den ersten Blick wie eine Fachsprache, ist es aber nicht.

Amtsdeutsch wird hauptsächlich von Verwaltungen, Behörden und Juristen genutzt. Auch in großen Unternehmen hat sich Beamtendeutsch ausgebreitet; Nutzern von Amtsdeutsch wird vorgeworfen, durch die umständliche Sprechsprache Sachverhalte zu verschleiern, statt sie zu präzisieren. Manchmal ist es auch simples menschliches Verlangen, das hinter der komplizierten Sprache steckt: Der Anwender möchte Eindruck machen.

Die Merkmale von Amtsdeutsch

Amtsdeutsch unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der Alltagssprache. Amtsdeutsch benutzt vorzugsweise Substantive und verfremdet Wörter, sodass sie kaum wiederzuerkennen sind. Gibt es kein geeignetes Substantiv, werden Adjektive und Verben substantiviert. (Beispiel: Durchführung statt durchführen, Aufhebung statt aufheben).

Passive Formulierungen sind im Beamtendeutsch gang und gäbe. So können die Leser und Leserinnen die handelnde Person kaum noch erkennen. Gerne nutzt die Amtssprache lange, zusammengesetzte Substantive, beispielsweise Veranstaltungsinformationsdienst oder Bundesausbildungsförderungsgesetz. Viele dieser „Wortungetüme“ wirken absurd. Auch die Grammatik im Amtsdeutsch ist kompliziert, denn es nutzt vorzugsweise Schachtelsätze mit vielen Kommata, Konjunktiven und Nebensätzen.

Kritik am Beamtendeutsch

Die Amtssprache wird von Behörden benutzt, weil die umständliche Ausdrucksweise für gerechter gehalten wird. Tatsächlich verschleiert sie häufig die Wirklichkeit, indem sie alltägliche Begriffe so verfremdet, dass Bürgerinnen und Bürger sie nicht mehr verstehen. Oft ist die Ansprache von inhaltlichen Mängeln gekennzeichnet. Es werden falsche Internetadressen oder Gesetze, die längst außer Kraft sind, aufgeführt.

Die Vermutung liegt nahe, dass es im Interesse von Behörden ist, Nachfragen und Widersprüche schon im Vorfeld abzuwehren. Die umständliche Ausdrucksweise ist quasi ihr Schutzschild. Die Behördensprache soll Eindruck machen, schüchtert oft sogar ein. Das hat zur Folge, dass viele Empfänger und Empfängerinnen eines Ablehnungsbescheides gar nicht erst Widerspruch einlegen.

Verunglückter Sprachstil – „Da wiehert der Amtsschimmel“

Der Ausdruck „da wiehert der Amtsschimmel“ ist eine Umschreibung dafür, dass die umständliche Ausdrucksweise immer wieder Stilblüten hervorbringt. Diese Formulierungen klingen durch falsche Verknüpfungen von Satzteilen oder Wörtern doppeldeutig und ungewollt komisch. Beispiel: „Wer Probleme mit den Augen hat, geht zum Optimisten“. Gemeint ist natürlich der Optiker. Belustigend ist auch der Eintrag „Zeugen liegen bei“ in einem Polizeibericht. Natürlich können nur die Aussagen der Zeugen als Anhang hinzugefügt werden, nicht die Personen selbst.

Der Unterschied zwischen Amtssprache und Fachsprache

In der Medizin, im Marketing, in der Elektrotechnik oder im Maschinenbau haben sich individuelle Sprachen entwickelt, die Fachbegriffe verwenden. Diese Begriffe sind nur im jeweiligen Fachbereich üblich und werden auch nur hier verstanden. Laien können selten etwas damit anfangen. Die Fachsprache ermöglicht eine effiziente Kommunikation unter Fachkräften, wird also von einem bestimmten Personenkreis intern angewendet. Dagegen dient die Verwaltungssprache der Kommunikation mit den Bürgern. Allerdings erschwert sie auch die Kommunikation mit ihnen. Verwaltungen haben die Aufgabe, durch Erlaubnis oder Verbot bestimmter Handlungen das geltende Recht umzusetzen. Für die Behörden ist Amtssprache also ein Handlungsinstrument, durch das sie Informationen und Regelungen mitteilen. Ein rechtsgültiger Bescheid muss immer eine Begründung enthalten. Der Begründungsteil ist mit Fachbegriffen überfrachtet, weil rechtssichere Sätze formuliert werden müssen. Amtliche Mitteilungen dürfen keinen Raum zur Interpretation zulassen, daher sind die Formulierungen darin oft unverständlich. Zwar besteht ein Transparenzgebot für das Formulieren von Bescheiden, es wird aber oft ignoriert.

Es ist keineswegs notwendig, Behördenbriefe so umständlich zu formulieren, wie es in Deutschland üblich ist. Amtliche Texte sollen informieren, erfüllen diese Funktion häufig jedoch nicht. Werfen amtliche Mitteilungen Fragen auf, haben sie ihren Zweck verfehlt. Auf viele Füllwörter, Passivformulierungen, Nominalisierungen, Nebensätze und Abkürzungen könnte verzichtet werden – der Informationsauftrag bliebe trotzdem erhalten. Unter Bürgerinnen und Bürgern würden Behördenbriefe damit viel mehr Akzeptanz finden.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

Hallo, ich bin Autor und Macher von BedeutungOnline. Bei BedeutungOnline dreht sich alles um Worte und Sprache. Denn wie wir sprechen und worüber wir sprechen, formt wie wir die Welt sehen und was uns wichtig ist. Das darzustellen, begeistert mich und deswegen schreibe ich für dich Beiträge über ausgewählte Worte, die in der deutschen Sprache gesprochen werden. Seit 2004 arbeite ich als Journalist. Ich habe Psychologie und Philosophie mit Schwerpunkt Sprache und Bedeutung studiert. Ich arbeite fast täglich an BedeutungOnline und erstelle laufend für dich neue Beiträge. Mehr über BedeutungOnline.de und mich erfährst du hier.

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