Was ist Masking? Erklärung, Bedeutung, Definition, Psychologie

Was ist Masking, Erklärung, Bedeutung, Definition, Psychologie


Der Begriff Masking, auf Deutsch auch als „maskieren“ bekannt, wird verwendet, um das bewusste oder unbewusste Unterdrücken oder Verändern von Verhaltensweisen von Menschen mit Autismus, ADHS oder anderen Neurodivergenzen zu beschreiben. Das Ziel ist, durch das Unterdrücken oder Verändern der Verhaltensweisen neurotypisch zu wirken und eher in der Gesellschaft akzeptiert zu werden.

Warum maskieren neurodivergente Menschen? Erklärung, Bedeutung, Definition, Psychologie

Viele Menschen mit Neurodivergenzen haben besondere Verhaltensweisen, die zum Teil gesellschaftlich nicht anerkannt sind. Diese sind überwiegend ein Resultat aus dem anders funktionierenden Gehirn. Oft fällt es neurodivergenten Menschen zum Beispiel schwer, soziale Situationen und Hinweise korrekt zu deuten und zu verstehen. Dies kann dazu führen, dass sie sich nicht wie erwartet verhalten und zum Beispiel als unhöflich, emotionslos, kühl oder überheblich wahrgenommen werden. Auch ein übermäßiges Teilen von Informationen, die neurotypische Menschen als zu persönlich empfinden, kann typisch für Menschen mit Neurodivergenzen sein. Oft werden sie auch als zu laut, zu leise, zu frech, zu ruhig oder anderweitig als zu viel oder zu wenig beschrieben. Des weiteren fällt es vielen Menschen mit Neurodivergenz schwer, Blickkontakt zu halten.

Eine weitere Verhaltensweise von vielen neurodivergenten Menschen ist das sogenannte Stimming. Zu Stimming zählen alle Aktionen, die der Selbststimulation zu Regulation dienen. Viele Menschen mit Neurodivergenzen haben Schwierigkeiten, Reize zu filtern. Das bedeutet, dass das Gehirn nicht automatisch und unbewusst entscheiden kann, welche Reize relevant sind und wahrgenommen werden müssen und welche nicht. Dadurch prasselt eine ungefilterte Flut an Reisen (also Licht, Geräusche, sensorische Informationen wie Kleidung, Wind, und Gerüche) auf das neurodivergente Gehirn ein. Dies kann extrem anstrengend und überwältigend sein. Um diese Überwältigung auszuhalten, kann Stimming hilfreich sein. Durch meist wiederholende Bewegungen, Vokalisierungen oder Berührungen wird der Fokus auf einen einzelnen Reiz gelenkt, was bei der Regulation hilft. Der bekannteste Stim ist wohl das autistische Klischee des hin und her Schaukelns. Doch auch das Wippen mit dem Bein, das Klickern mit einem Kugelschreiber oder das Herumkauen auf der Unterlippe können zu Stimming gehören.

All diese Verhaltensweisen können soziale Interaktion und das Schließen von Freundschaften erschweren. Um eher Anschluss zu finden, maskieren viele neurodivergente Menschen diese Verhaltensweisen und kopieren das Benehmen von neurotypischen Menschen. Sie hoffen, dadurch eher akzeptiert zu werden und einfacher Zugang zu anderen Menschen zu finden. So zwingen sich neurodivergente Menschen zum Beispiel, Blickkontakt zu halten, obwohl es ihnen sehr unangenehm ist, oder unterdrücken Stimming, um ihr Umfeld nicht zu stören.

Gibt es ein Problem mit Masking?

Masking ist für neurodivergente Menschen extrem anstrengend. Da sie sich konstant darauf konzentrieren müssen, wie sie sich verhalten, wie sie sprechen, was sie sagen, wo sie hinschauen, wie sich der Körper bewegt, wie laut oder leise sie sprechen und wie lange sie sprechen, fällt es schwer, sich gleichzeitig auch noch auf den Inhalt dessen, was das Gegenüber sagt, zu konzentrieren. Auf Dauer kann Masking zu starkem Stress bis zu Burnout, psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Anxiety, Identitätsverlust und sogar Suizidalität führen.

Der Grund dafür liegt darin, dass Masking nicht nur psychisch extrem anstrengend ist, sondern man auch konstant die Botschaft an sich selbst sendet, dass man nicht richtig ist, wenn man sich nicht verstellt. Dies ist extrem schädlich für das eigene Selbstwertgefühl.

Was bedeutet neurodivergent und neurotypisch?

Als neurodivergent bezeichnet man Menschen, deren Gehirn irgendwie anders funktioniert als das der meisten Menschen. Zu den bekanntesten Neurodivergenzen gehören Autismus, ADHS, Legasthenie, Dyskalkulie und Tourette’s. Aber auch eine Hochbegabung oder eine Synästhesie kann zu den Neurodivergenzen gezählt werden. Menschen, die keine Neurodivergenzen haben, bezeichnet man als neurotypisch.

Was kann man tun, damit neurodivergente Menschen nicht maskieren müssen?

Um neurodivergenten Menschen die Last des ständigen Maskierens abzunehmen, gilt es vor allem, ein Bewusstsein für Neurodivergenz und neurodivergente Verhaltensweisen in der Gesellschaft zu schaffen. Nur so kann eine Akzeptanz entstehen. Denn wenn alle Menschen sich darüber im Klaren sind, dass Verhaltensweisen, die vielleicht unhöflich oder kalt wirken, womöglich gar nicht so gemeint sind und der unmaskierte Ausdruck einer neurodivergenten Persönlichkeit sind, ist es viel leichter, diese Verhaltensweisen hinzunehmen. Das Bewusstsein über Neurodivergenz und die damit verbundenen Verhaltensweisen ist der wichtigste Schritt, neurodivergenten Menschen das Leben zu erleichtern. So wie an vielen Orten die Bedürfnisse von Menschen mit körperlichen Behinderungen mitgedacht werde und behindertenfreundliche Lösungen in den Alltag implementiert werden, so müssen auch die Bedürfnisse neurodivergenter Menschen mitgedacht werden. Denn nur weil Neurodivergenzen meist unsichtbar sind, bedeutet es nicht, dass sie weniger real sind als körperliche Unterschiede.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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