Was ist inklusives Gaming bzw. Gaming Inklusion? Bedeutung, Definition, Erklärung

Was ist inklusives Gaming bzw. Gaming Inklusion, Bedeutung, Definition, Erklärung


Inklusives Gaming ist die Einrichtung von Online-Games für körperlich beeinträchtigte Menschen. Diese können die normalen Funktionen nicht in vollem Umfang nutzen. Daher werden Videospiele zunehmend auch inklusiv gestaltet.

Beispiele für inklusives Gaming

In Tomb Raider beispielsweise, einem Action-Adventure, müssen die Spieler im Normalfall teilweise drei verschiedene Knöpfe ihrem Controller drücken, um die die Kamera auszurichten, zu zielen und zu schießen. Für Personen mit dem körperlichen Handicap der spinalen Muskelatrophie ist das unmöglich. Auch wer nur eine Hand hat bzw. nur mit einer richtig hantieren kann, stößt bei solchen Funktionen an körperliche Grenzen. In Deutschland sind davon rund 7,6 Millionen Gamer*innen betroffen, das sind nach einer YouGov-Umfrage 21 % aller Spieler. Auch Gehörlosigkeit oder Blindheit sind beim Gaming schwere bis teilweise unüberwindbare Barrieren. Das Problem sind die Controller.

Noch in den 1980er- bis 1990er-Jahren wurden sehr viele Games am PC gespielt, an dem sich die Betroffenen dann eigene Funktionen bastelten. Mit den moderneren Konsolen hingegen funktionierte das nicht mehr. Als die Industrie das Problem erkannte, reagierte sie darauf mit Features, die beeinträchtigten Personen entgegenkamen. So ist teilweise schon das Spielen mit einer Mundsteuerung möglich. Solche Fortschritte gibt es etwa seit 2016. Eine Analyse von 50 stark nachgefragten Videospielen belegte im Jahr 2020, dass die Titel inzwischen grundlegende Funktionen anbieten, um sie barrierefrei spielen zu können. Unter anderem lassen sich Untertitel einstellen, mit denen die Barriere für gehörlose Menschen aufgehoben wird.

Spieler*innen mit eingeschränkter Sehkraft können den Kontrast und die Helligkeit sehr stark anpassen. Außerdem können sie sich das Menü vorlesen und das Bild vergrößern lassen. Tasten werden neu belegt, um die Steuerung auch dann zu ermöglichen, wenn nicht alle Finger zur Verfügung stehen. Damit lässt sich dann auch das oben genannte Tomb Raider spielen. Die Funktion heißt Button Remapping, sie ersetzt Schultertasten des Gamepads. Microsoft bietet inzwischen einen Xbox Adaptive Controller offiziell für das inklusive Gaming an. Er ist eine zentrale Schnittstelle für den Anschluss externer Tasten oder spezieller Geräte wie des Quadsticks, der die Mundsteuerung ermöglicht.

Inklusives Gaming: Kosten

Die Erweiterungen für das inklusive Gaming sind leider teuer. Ein Quadstick kostet fast 470 Euro. Zwar ist die Basisstation Xbox Adaptive Controller vergleichsweise günstig, doch einzelne Taster sind nicht unter 50 Euro zu haben, von denen manche der gehandicapten Gamer*innen drei bis vier benötigen. Mit Erweiterungen kostet die Controller-Alternative schnell um 300 Euro. Informationen zu solchen Kosten bietengemeinnützige Plattformen wie Can I Play That oder Ablegamers. Die Betreiber untersuchen Spiele auf Barrierefreiheit. Viele Entwickler posten außerdem inzwischen schon vor dem Erscheinungstag, ob und wie sehr ein künftiges Spiel barrierefrei sein wird. Das vermeidet Enttäuschungen.

Vorschläge der Entwickler zur Gaming Inklusion

Die Entwicklerszene macht sich eigene Gedanken, wie sie den Menschen mit Handicap helfen kann. Accessibility-Experten sind inzwischen der Auffassung, dass die Barrierefreiheit schon von vornherein im Spieldesign zu berücksichtigen sei. So stellen die Quick-Time-Events in normalen Games für beeinträchtigte Spieler*innen ein oft unlösbares Problem dar. Es ist dabei innerhalb von wenigen Sekunden entweder eine bestimmte Taste zu drücken oder auf diese schnell zu hämmern. In Spider-Man: Miles Morales wurde daher eine Funktion integriert, die wahlweise die Neubelegung von Tasten oder die Eliminierung solcher Szenen ermöglicht.

Bei Metro Exodus reichten die Entwickler ein Update nach, das den Tinnitus-Sound nach Explosionen ausschaltet. Solche Verbesserungen kommen zustande, weil sich die Entwickler zunehmend mit der beeinträchtigten Kundschaft zusammensetzen und sich von dieser beraten lassen. Ein Vorreiter ist hierfür das US-Studio Naughty Dog. Sein 2019 veröffentlichtes Game The Last of Us Two stellte mit über 60 Einstellungsmöglichkeiten bei der Barrierefreiheit einen neuen Rekord auf.

Sogar blinde Menschen können das Spiel von Anfang bis Ende mit Audioanweisungen durchspielen. Lediglich Kletterpassagen wurden extrahiert. Die Entwickler hatten sich zuvor mit solchen Spielern ausgetauscht. Das Studio durfte sich anschließend über eine sehr positive Berichterstattung, aber auch über höhere Verkaufszahlen freuen. Der hohe Anteil an gehandicapten Gamer*innen, der ihren Anteil an der Gesamtbevölkerung deutlich übersteigt, ergibt sich aus ihrem Freizeitverhalten: Wer körperlich eingeschränkt ist, hält sich naturgemäß länger daheim auf und benötigt solche Aktivitäten. Es wäre also wirtschaftlich kaum vertretbar, die relativ große Zielgruppe zu vernachlässigen.

Die Planung von Barrierefreiheit

Deutsche Entwickler verweisen darauf, dass inklusive Games gut geplant werden müssen. Das bedeutet: Schon bei der Konzeption für ein neues Spiel müssen die Entwickler daran denken, welche Features für eine barrierefreie Version erforderlich sein könnten. Inzwischen gibt es für die Entwicklerszene schon Anleitungen im Netz. Diese zeigen beispielsweise, wie sich ein Modus für Farbenblindheit integrieren lässt. Einige der barrierefreien Funktionen lassen sich leichter, andere nur mühselig einbauen. So sind die vermeintlich simplen Untertitel für die Entwickler durchaus problematisch. Sie verbrauchen erstaunlich viel Arbeitsspeicher.

Die Szene geht mit Stand 2021 davon aus, dass die barrierefreien Features sehr stark zunehmen werden. Das liegt zweifellos am wirtschaftlichen Potenzial, das sich dadurch für die Studios erschließt. Hinzu kommen jüngere technische Entwicklungen und nicht zuletzt die Lernkurve der Programmierer. Es gibt auch gemeinnützige Projekte wie die Kölner Initiative „Gaming ohne Grenzen“, die sich mit der Thematik befassen. Ein medienpädagogisches Team testet gemeinsam gehandicapten Jugendlichen verschiedene Konsolen, Games und assistive Technologien. Die Ergebnisse stellt die Projektgruppe auf www.gaming-ohne-grenzen.de dar.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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