Was ist eine schüchterne Blase? (Fachbegriff: Paruresis)


Als „schüchterne Blase“ wird eine soziale Phobie bezeichnet, die sich durch eine Blasenentleerungsstörung in öffentlichen Räumen kennzeichnet.

Der Fachbegriff für „schüchterne Blase“ ist: Paruresis. „Paruresis“ setzt sich aus den griechischen Worten „par“ für gestört und „uresis“ für urinieren zusammen.

Die Paruresis ist nach der ICD-10 wie folgt klassifiziert: F40.2 Spezifische (isolierte) Phobien

Laut Kölner Psychotherapeut Philipp Hammelstein sollen 30 Prozent der Männer von einer schüchternen Blase ab und zu betroffen sein. 2,8 Prozent der Männer sollen laut dem Psychotherapeuten deutlich darunter leiden.

Trotz der Verbreitung der schüchternen Blase ist der Begriff „Paruresis“ nur den wenigsten bekannt.

Anzeichen einer schüchternen Blase

Unter einer schüchternen Blase leiden Männer und Frauen – mehrheitlich aber Männern. Personen, die unter Paruresis leiden, empfinden es als unangenehm bis unmöglich öffentlich zu urinieren. Sie können nicht in Gesellschaft anderer Wasserlassen und fühlen sich blockiert. Diese Blockierung tritt auf, wenn sie das Gefühl haben, von anderen beobachtet, gesehen, bewertet oder gestört zu werden. Dabei möchten Sie eine Bewertung der Länge des Toilettenganges, ihrer Geschwindigkeit, ihres Geschickes, der Geräusche oder der Gerüche ihres Toilettenganges vermeiden.

Die schüchterne Blase (Paruresis) ist eine Angststörung, bei der wie in bedrohlichen Situationen eine Kampf-Flucht-Reaktion (Fight or Flight) ausgelöst wird.

Grade der schüchternen Blase

Eine schüchterne Blase hat unterschiedliche Grade:

Leichter Fall: Das Wasserlassen dauert etwas länger

Schwerer Fall: Selbst bei großem Harndrang ist das Entleeren der Blase unmöglich.

Bei einigen Fällen ist der Toilettengang nur in den eigenen vier Wänden möglich.

Biologische / physikalische Ursache

Bei der schüchternen Blase kontrahieren die Ringmuskeln (Sphinkter) und sie bleiben angespannt. Dadurch verschließen sie die Harnröhre, was den Harnfluss unmöglich macht.

Psychologische Ursachen

Die Ursachen für eine schüchterne Blase liegen meist in der Pubertät. Hier gab es Schlüsselereignisse und schlechte Erlebnisse auf der Toilette, die mit Angst und Scham verbunden wurden. Dies kann z.B. sein, wenn jemand beim Toilettengang bedroht oder ausgelacht wurde.

Der Betroffene der Paruresis entwickelt eine gefühlte Gewissheit, dass ihn andere auf der Toilette hören, beobachten und bewerten. Daran richtet er sein Verhalten aus.

Bei Männern ist zu dem zu beobachten, dass ihre Männlichkeit auch an der Fähigkeit, an einem Pissoir – neben anderen Männern – zu urinieren, festgemacht wird. Fehlt ihnen diese Fähigkeit oder fällt es ihnen schwer, so fühlen sie sich schwach und nicht männlich.

Folgen

Betroffene, die unter einer schüchternen Blase leiden, neigen zu Vermeidungshandlungen. Das heißt, sie meiden Orte, an denen sich viele Menschen gleichzeitig aufhalten, wie Stadien, Konzerte, Theater, Kinos, Restaurants, usw. Außerdem kann die schüchterne Blase zu Selbstzweifel und Depressionen führen.

Betroffene sind sich ihrer schüchternen Blase bewusst. Dies führt zu psychischem Druck, der sich unter anderem durch Grübeln und Überdenken äußert, was den Toilettengang oder das Urinieren noch schwerer macht.

Behandlung und Hilfen

Bevor eine Therapie oder Übungen begonnen werden, sollte ein Urologe körperliche Gründe ausschließen. Dabei untersucht dieser den Betroffenen auf Harnwegserkrankungen und der Zustand der Prostata.

Betroffenen helfen Entspannungsübungen wie autogenes Training oder Tiefenentspannung. Ziel ist es, dass sie die Kontrolle über ihre Blase und Blasenmuskeln zurückgewinnen.

Außerdem gehen Betroffene teils mit Pee-Buddys (Pinkel-Kumpel) auf eine öffentliche Toilette und üben hier, dass Wasserlassen in Anwesenheit von anderen.

Geschichte

1954 wurde der Begriff „Paruresis“ von G. W. Williams und E. T. Degenhardt geprägt.

Außerdem ist die schüchterne Blase auch unter folgenden Begriffen bekannt:

  • Syndrom der schüchternen Blase
  • Shy Bladder Syndrome

Sonstiges

Fällt jemanden, der Stuhlgang auf einer öffentlichen Toilette schwer, so wird dies „Parcopresis“ genannt.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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