Was ist eine „gefühlige … Hafermilchgesellschaft“ und „Agavendicksafttruppe“? Bedeutung, Definition, Erklärung

Was ist eine gefühlige Hafermilchgesellschaft, Agavendicksafttruppe, Bedeutung, Definition, Erklärung


Im August 2023 ging ein Gespräch zwischen Markus Lanz und Richard-David Precht viral, welches diese im März diesen Jahres auf einer Bühne des Events „Zukunft Handwerk“ in München geführt hatten.

Von: „gefühlige … Hafermilchgesellschaft“ und „Agavendicksafttruppe“

Markus Lanz sprach darüber, dass wir „so eine gefühlige Gesellschaft geworden sind. Eine Hafermilchgesellschaft. Eine Guavendicksafttruppe, die die ganze Zeit auf der Suche nach der idealen Work-Life-Balance ist.“

Richard-David Precht ergänzte, dass in der Generation seiner Eltern und erst recht in der Generation seiner Großeltern sich 90 Prozent der Menschen, wenn sie gearbeitet haben, sich die Sinnfrage nicht gestellt haben.

Precht führte aus, dass es jetzt (2023) so aussehe, dass alle jungen Menschen in das Leben gehen und dabei die Vorstellung haben, dass das Leben ein Wunschkonzert sei. Er schlussfolgerte, dass diese Menschen beim ersten leisen Gegenwind sofort aufgeben.

Erstmal: Markus Lanz meint vermutlich Agavendicksafttruppe.

Zum zweiten: Ein Philosoph der kritisiert, dass Menschen nach dem Sinn des Lebens fragen und dass Menschen ihre Lebensumstände in Frage stellen, ist eine Frechheit und jede Empörung wert!

Aber, was ist mit Hafermilchgesellschaft gemeint?

Was ist eine Hafermilchgesellschaft? Erklärung

Hafermilch ist ein Produkt, dass ohne tierische Eiweiße und ohne Tierleid hergestellt wurde. Hafermilch ist ein Ersatz für Milch. Wer also nicht möchte, dass Kühe für den eigenen Kaffeegenuss gemolken werden (und Teil des Industrie sind), der verzichtet auf Milch und ersetzt diese mit Hafermilch. (Das Hafermilch trotzdem ein Industrieprodukt ist und man weiter das Imperativ des Kapitalismus („Konsumiere!“) bedient, ist eine andere Geschichte.)

Der Ausdruck „Hafermilchgesellschaft“ steht für Nachhaltigkeit, Gleichheit und Veganismus. Er steht dafür, dass Tiere nicht mehr für den eigenen Konsum benötigt werden. In einer „Hafermilchgesellschaft“ nimmt man Rücksicht auf die Umwelt und auf Tiere. Es geht um Nachhaltigkeit und auch soziale Gerechtigkeit. Hafermilch ist ein Produkt, dass moralisch aufgeladen ist. Wer Hafermilch kauft, tut etwas gutes.

Was ist Agavendicksaft? Agavendicksaft ist ein Süßungsmittel, dass als Zuckerersatz verwendet wird. Wer auf Industriezucker oder reinen Zucker verzichten möchte, kann zu Agavendicksaft greifen.

Lanz und Precht: Die gefühlige Hafermilchgesellschaft

Was wollen Lanz und Precht nun im Kern sagen? Sie kritisieren, dass Befindlichkeiten, Moral und eigene Wünsche Entscheidungen beeinflussen. Im Kern aber kritisieren sie, dass die Wertevorstellungen sich geändert haben und damit sagen sie eigentlich nur „früher war alles besser“. Anstatt nur für das Geld zu arbeiten, wollen junge Menschen auf einmal auch Sinn in ihrer Arbeit sehen und finden.

Sie kritisieren also, dass junge Menschen hinterfragen, in Frage stellen und ablehnen, was sie als falsch erachten. Sie kritisieren, dass Menschen sich nicht unterordnen und ausbeuten lassen wollen. Sie kritisieren, dass Menschen nicht Teil der Maschinerie und des Systems werden wollen. Sie kritisieren, dass Menschen Forderungen stellen, anstatt den Mund zu halten. Sie kritisieren, dass Menschen Dinge und Sachverhalte nicht mehr ungefragt hinnehmen. (Richtige: alte weiße Männer)

Aber, was könnte hinter ihren Aussagen stecken? Zum einen könnten sie Opfer ihres Publikums geworden sein. Beide erhielten Applaus für ihre Ausagen. Vielleicht haben sie daher diese Sätze gesagt, weil sie dachten, dass diese gut beim Publikum ankommen. Andererseits könnte hinter den Sätzen auch Ärger darüber stecken, dass aktuelle und künftige junge Generationen es leichter haben. Sie könnten kritisieren, dass sie (und Menschen ihrer Generation) leisten „mussten“, während so manche harte Arbeit den Millenials und der Gen Z erspart blieb (und bleibt).

Absurd wird es natürlich, wenn man sich anschaut wer hier spricht. Ein Moderator und ein Philosoph reden über Work-Life-Balance und die Sinnfrage. Precht und Lanz können vermutlich am wenigsten über harte körperliche Arbeit sagen.

Konkrete Kritik

Dass Precht und Lanz glauben, dass eine Generation so verallgemeinert dargestellt und reduziert werden kann, ist absurd. Vielmehr verbreiten sie hier Klischees und Stereotype.

Lanz vereinfacht soziale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklungen und Zusammenhänge mit Begriffen wie „Hafermilchgesellschaft“ und „Guavendicksafttruppe“.

Menschen haben schon immer den Sinn in ihrer Arbeit gesucht. Früher hieß es halt: Leiste was, dann haste was. Das stimmte auch. Wer hart arbeitete, verdiente gutes Geld und konnte sich etwas kaufen. Aber mittlerweile gibt es Berufe und Jobs, deren Gehalt gerade so reicht, um über die Runden zukommen. Sich ein Haus zu leisten, wird auch immer schwieriger, da teuer.

Es ist eine starke Verallgemeinerung, dass junge Menschen glauben, dass das Leben ein Wunschkonzert sei und sie bei Schwierigkeiten schnell aufgeben. Natürlich gibt es Menschen, die z.B. eine Ausbildung oder ein Studium abbrechen, aber dies passiert meist nicht, weil es „leisen Gegenwind“ gab.

Die Aussagen von Lanz und Precht vermitteln den Eindruck, dass die gesellschaftliche Veränderungen zum Negativen waren.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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