Was ist ein Egotrip? Bedeutung, Psychologie, Erklärung


Der „Egotrip“ ist eine Erscheinung der Neuzeit. Er bezeichnet den als nicht besonders sympathisch oder sozial empfundenen Alleingang eines Menschen. Ausgelöst wird dieses Verhalten durch verschiedene Faktoren der persönlichen Prägung und Lebensgestaltung. In diesem Beitrag erfährst du die Psychologie hinter dem Egotrip, was er ist und warum er passiert.

Die Psychologie hinter dem Egotrip

Was ist das Ego überhaupt?

Das Wort Ego hat heute eine ganz andere Bedeutung als noch vor einhundert Jahren. Der Begriff „Ego“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet zunächst nur „Ich“.

Sigmund Freud brachte das Ego im psychologischen Kontext auf den Tisch und formulierte vor 1923 sein „Strukturmodell der Psyche“.

Darin unterteilte er die Persönlichkeit des Menschen in drei Anteile. Das „niedere Ich“ bzw. das unpersönliche „Es“, das „alltägliche Ich“ und das „über Ich“.

Bei jedem Menschen können alle drei Anteile unterschiedlich stark geprägt sein. Während manche Menschen in einer hohen moralischen Geistigkeit leben (über Ich), sind andere durch zumeist unbewusste niedere Triebkräfte bestimmt (niederes Ich bzw. Es). Letztere seien geprägt durch unsoziales bis aggressives oder zerstörerisches Verhalten.

Das Optimum für einen körperlich und geistig gesunden Menschen läge nach Freund im harmonischen Zusammenspiel aller drei Komponenten. Niederes, mittleres und höheres Ich gehören zusammen. Wird ein Teil überbetont oder unterdrückt, kommt es zu Problemen im Ausdruck und der Selbstwahrnehmung eines Menschen.

Der moderne Begriff des Ego

Im Laufe der Nachkriegszeit und mit dem Aufkommen der Konsumgesellschaft entwickelte sich zunehmend negativ geprägter Begriff des Ego. Als Egoisten gelten Menschen, die wenig Rücksicht auf andere nehmen und skrupellos vorgehen.

Der Egozentriker wird allgemein etwas milder wahrgenommen. Egozentrik bedeutet, dass sich jemand ins Zentrum des eigenen Seins stellt. Im täglichen Sprachgebrauch werden Menschen als egozentrisch bezeichnet, die etwas skurril sind und eine sehr eigene Art des persönlichen Ausdruckes entwickelt haben.

Dazu zählen viele Künstler oder sehr auffällig agierende Persönlichkeiten des öffentlichen Interesses. In der Regel ist dieser Typus Mensch nicht darauf aus, andere materiell zu beschädigen oder aktiv zu verletzen. Egozentriker provozieren gerne und können aus schockierten Reaktionen von Mitmenschen einen Lustgewinn ziehen.

Die scheinbare Selbstverliebtheit ist dem Egoisten wie dem Egozentriker eigen. Bei besonders aggressiv auftretenden Personen basiert diese aber kaum auf einem gesundem Selbstwert, sondern wird als Attribut der Selbstdarstellung zur Schau getragen.

Als die Steigerung des Egoismus wird der Narzissmus angesehen. Betroffene dieser Persönlichkeitsstörung fallen durch ein stark verändertes Selbstbild auf. Sie treten aggressiver und perfider auf als Egoisten. Das Mitgefühl für andere können sie völlig ausschalten.

Selbstliebe dagegen ist ein Begriff der im 21. Jahrhundert hauptsächlich durch die esoterisch, spirituelle Bewegung geprägt wurde. Dabei geht es in Anlehnung an östliche Weisheitslehren darum die Dominanz des „niederen Egos“ im Sinne einer höheren geistigen Entwicklung aufzulösen.

Das gesunde Ego

Ein Mensch ohne eine gesunde Selbstwahrnehmung leidet ebenso wie ein gnadenlos überzeichneter Egoist. Menschen ohne Profil, Willen oder Durchsetzungsstärke werden in unserer Gesellschaft schnell zu Opfern der Egoisten. Vom gesunden Ego und Ich-Bewusstsein spricht man, wenn ein Mensch sich selbst wahrnehmen kann, eigene Wünsche hat und Lebensziele verfolgt, von denen er sich Freude und Heilsein verspricht.

Das krankhafte Ego

Freud ging davon aus, dass sich ein negatives Ego durch Mangelzustände in der frühen Kindheit entwickelt. Ein Kind, das nicht genug Aufmerksamkeit durch die Eltern bekommt oder materielle Not erfährt, bildet automatisch eine Ego-Struktur aus, die auf Kampf und Konkurrenzdenken basiert.

Der Egotrip hat viele Gesichter

Der Duden definiert den Egotrip zunächst sehr neutral als

„Lebenshaltung, bei der jemand ganz auf sich selbst bezogen ist.“

„Auf dem Egotrip sein“, bedeutet, „sich egozentrisch verhalten, seine Egozentrik ausleben.“

Interessanterweise definiert der Duden hier nicht den Egoisten als Ausführenden, sondern den Egozentriker.

Im allgemeinen Sprachgebrauch haftet dem Egotrip etwas deutlich Negatives an. Menschen begegnen dem Egotrip eines anderen meist durch eine deutlich verurteilende, abwertende oder neidische Haltung.

Daneben existiert eine scherzhafte Verwendung des Begriffs unter Freunden und guten Bekannten.

Wie die Qualität eines Egotrips empfunden wird, liegt tatsächlich im Auge des Betrachters. Menschliches Miteinander lässt Raum für Missverständnisse und Fehlinterpretationen. Ein von Mitmenschen als egoistisch empfundener Mensch kann:

  • tatsächlich absichtlich bösartig abwertend und schädigend für andere sein
  • Probleme mit dem authentischen Selbstausdruck haben und eine vermeintlich starke Ego-Persönlichkeit zur Schau tragen
  • einfach nur sehr selbstbezogen bis in sich gekehrt sein
  • sich aus einer Opferhaltung befreien wollen
  • nach einer Krise das eigene Selbst entwickeln wollen

Wodurch zeichnet sich ein Egotrip aus?

Lässt man die scherzhafte Verwendung des Begriffes beiseite, zeichnen sich Egoismus und der Egotrip durch unsoziales Verhalten und emotionale Verhärtung aus.

Die Art und Weise wie ein Mensch auf dem Egotrip die eigenen Interessen durchsetzt, verstößt gegen geltende moralische Wertvorstellungen und Sittengebräuche. Dennoch sind auch hier die Grenzen fließend. In der Gesellschaft gibt es eine deutliche Tendenz hin zu sozialer Verrohung und der Überstilisierung von Egoismus und rücksichtslosen Verhaltensweisen. Egoismus und wüstes Verhalten werden als „cool“ empfunden und in den Egoisten die stärkeren und erfolgreicheren Teilnehmer unserer Gesellschaft gesehen.

Welch unterschiedliche Sichtweisen rund um einen Egotrip existieren können, zeigt dieses Beispiel.

Ein Banker, der auf besonders harte und rücksichtslose Weise die finanziellen Interessen seines Bankhauses durchzieht, wird im Berufsleben kaum als „auf dem Egotrip“ wahrgenommen werden. Es sei denn, er verhält sich abwertend und diskriminierend gegenüber seinen Kollegen.

Auch dem Bankhaus wird wohl niemand in der heutigen Zeit und Wirtschaftslage einen „Egotrip“ unterstellen wollen.

Im Privatleben des Bankers dagegen kommen die fragwürdige Karriere und persönliche Entwicklung des Mannes nicht gut an.

Durch seine beruflichen Erfolge und die Einflüsse seines Metiers tritt er plötzlich ganz anders auf. Er trifft neue Leute und wendet sich von alten Bekannten, die seine Veränderung als „Egotrip“ kritisieren, ab.

Die Frau des Bankers wartet abends immer öfter und länger vergeblich auf ihn. Die Kinder sehen ihren Vater kaum noch und er rechtfertigt dies mit dem gestiegenen Einkommen und dem Luxus, den sich die Familie dafür leisten könne.

Wenn die ratlose Ehefrau sich mit ihren Sorgen an die beste Freundin wendet, könnte diese sagen, „Ich glaube, dein Mann befindet sich gerade auf einem gnadenlosen Egotrip.“

Würde man den Banker befragen, würde dieser seine berufliche Karriere und persönliche Veränderung sehr wahrscheinlich als „Selbstverwirklichung“ bezeichnen.

Der Unterschied zwischen Egotrip und Selbstverwirklichung

Auch wenn beides zunächst gleich erscheinen oder missverständlich wahrgenommen werden kann, gibt es einige bezeichnende Unterschiede.

Wer sich selbst verwirklichen möchte oder das niedere Ego im Sinne höherer Ideale transformieren möchte, verfolgt andere Werte und geht anders mit Emotionen um.

Der Egoist auf dem Egotrip kann an diesen Werten erkannt werden:

  • durch rücksichtsloses und abwertendes Verhalten Mitmenschen gegenüber
  • dem Überschreiten moralischer Grenzen zum eigenen materiellen Vorteil
  • hat eine sehr niedrige Toleranzschwelle für Kritik
  • Ablehnung von Konsens, Kompromiss und klärender Kommunikation
  • Begegnet Konflikten mit emotioneller Abwehr

Menschen, die sich selbst verwirklichen wollen, ohne egoistisch im negativen Sinne zu sein, erkennt man daran:

  • sie sind zu Konsens und Kompromissen bereit
  • sie lassen Gefühle zu und zeigen authentische Emotionen
  • sie hören sich Kritik an und denken darüber nach
  • der betreffende Mensch geht behutsam und mitfühlend mit anderen um
  • Konflikte werden geklärt statt übergangen
  • materielle Bedürfnisse zum Nachteil anderer stehen nicht im Vordergrund

Wieso heißt es „Egotrip“ und nicht „Egoreise“ oder „Egotour“?

Ein Egotrip kann wie ein rauschartiges Geschehen wirken. Daher hat sich im Sprachgebrauch „Egotrip“ eingebürgert.

In diesem Zusammenhang hat das Wort „Trip“ seinen Ursprung in der Welt der bewusstseinsverändernden Drogen. Früher bezeichnete man mit LSD getränkte Karton-Plättchen als „Trip“. Der Mensch im Rauschzustand war „auf dem Trip“.

Ganz ähnlich wie bei einem Drogenrausch kann ein Egotrip die Wahrnehmung und Verhaltensweisen eines Menschen stark verändert. Ein weiterer interessanter Zusammenhang ist das Verfolgen von Trugbildern. Egoisten rennen nur allzu gerne Scheinbildern und falschen Zielen hinter. Diese werden im übertragenen Sinne mit den Halluzinationen und stark verfälschten Emotionen eines „LSD-Trips“ gleichgesetzt.

Was treibt den Egotrip einen Menschen an?

Der erste Antrieb ist beim Egotrip sowie der Selbstverwirklichung derselbe: Unzufriedenheit. Durch die Art, wie der Mensch versucht, diesem Zustand des Mangels und Unglücks zu begegnen, trennen sich die Wege.

Egoisten peilen Ziele wie enormen materiellen Zugewinn, gutes Ansehen und Macht an. Im schlimmsten Fall ziehen Egoisten sogar Freude aus dem Umstand, andere zu schädigen und zu demütigen. Der Egoist wird dadurch aber nur kurzzeitige Befriedigung finden und seinen „Trip“ sehr bald fortsetzen müssen.

Angst spielt eine sehr große Rolle. Auch wenn Menschen auf dem Egotrip oft als besonders stark wahrgenommen werden, ist dies in der Regel ein Trugbild. Im negativen Sinne kapseln sich Egozentriker durch die Eigenartigkeit von anderen ab. Dahinter können sich versteckte soziale Ängste befinden.

Wer mitten in einer egozentrierten Gesellschaft lebt, muss unter Umständen selbst zum Egoisten werden, auch wenn diese Verhaltensweisen eigentlich nicht zur eigenen Persönlichkeit zählen. Ein Mensch, dem dies innerlich zuwider ist, wird bestrebt sein, einen Ausweg aus der Situation zu finden und den „Egotrip“ dann bald auch wieder sein lassen.

Autor: Pierre von BedeutungOnline

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